Was bedeutet Gleichstellung der Geschlechter?

Laut UN Women bezieht sich die Gleichstellung der Geschlechter auf „die gleichen Rechte, Pflichten und Chancen von Frauen und Männern sowie Mädchen und Jungen“ und, wie die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) weiter erläutert, „in allen Lebensbereichen“, darunter am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gemeinschaft. Weitere Informationen zu anderen Aspekten der Gleichstellung sind in dem Kernthema Nichtdiskriminierung zu finden.

Kein Land der Welt hat bisher die Gleichstellung der Geschlechter erreicht. Es ist zwar erfreulich, dass es in allen Sektoren und Wirtschaftszweigen eine Vielzahl von Bemühungen zur Gleichstellung der Geschlechter gibt, aber insgesamt sind die Fortschritte alarmierend langsam. Laut dem Global Gender Gap Report 2023 des Weltwirtschaftsforums wird es noch mehr als 169 Jahre dauern, bis die Gleichstellung von Frauen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit und Beteiligung erreicht ist. Dies bedeutet, dass die sogenannte Gender Gap erst in mehr als fünf Generationen geschlossen wird.

Durch die anhaltenden Folgen der COVID-19-Pandemie hat sich die Zeit, die notwendig ist, um die wirtschaftliche Kluft zwischen den Geschlechtern zu schließen, um eine Generation verlängert. Die Pandemie hat die Fortschritte hinsichtlich der gleichberechtigten Beteiligung der Geschlechter am Arbeitsmarkt zunichte gemacht, was erhebliche Auswirkungen auf den Zugang von Frauen zu wirtschaftlichen und anderen Möglichkeiten hat. Darüber hinaus stellte das Weltwirtschaftsforum 2022 fest, dass die prognostizierte Lebenshaltungskostenkrise Frauen wahrscheinlich stärker treffen wird als Männer, da Frauen weiterhin weniger verdienen und weniger Vermögen anhäufen. In 2023 bestätigte das Weltwirtschaftsforum, dass die Erholung von der COVID-19-Pandemie und den darauf folgenden globalen Krisen die Ausweitung der wirtschaftlichen Teilhabe von Frauen verlangsamt.

Die Stärkung der Rolle von Frauen und Mädchen trägt zur Steigerung des Wirtschaftswachstums, zur Förderung der sozialen Entwicklung und zum Aufbau von stabileren und gerechteren Gesellschaften bei. Die Stärkung der wirtschaftlichen Stellung und Teilhabe von Frauen ist ausschlaggebend für die Gesundheit und die soziale Entwicklung von Familien, Gemeinschaften und Ländern. Darüber hinaus wird in den Sustainable Development Goals (dt.: Ziele für nachhaltige EntwicklungSDGs) die Stärkung der Rolle der Frau als wichtiges Entwicklungsziel hervorgehoben und die Bedeutung der Gleichstellung der Geschlechter für die Bewältigung zahlreicher globaler Herausforderungen betont.

Women’s Empowerment Principles

Die Women‘s Empowerment Principles (dt.: Grundsätze zur Stärkung der Frauen in Unternehmen – WEPs) sind eine gemeinsame, 2010 ins Leben gerufene Initiative von UN Women und dem UN Global Compact. Sie umfassen Unternehmensgrundsätze zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Stärkung der Frauen am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gemeinschaft. Die Grundsätze zeigen eine Reihe von Maßnahmen auf, die Unternehmen ergreifen können, damit Frauen am Arbeitsplatz, in Wertschöpfungsketten sowie in den Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, respektiert und unterstützt werden.

Mehr als 6.000 CEOs haben das Statement of Support der Women’s Empowerment Principles (WEPs) unterzeichnet, und die Zahl wächst weiter. Unternehmen können sich dem WEPs-Netzwerk anschließen, indem sie das Statement of Support (in mehreren Sprachen verfügbar) herunterladen, dieses vom CEO des Unternehmens unterschreiben lassen und dem Online-Antragsformular beifügen.

Die WEPs umfassen:

  • Grundsatz 1: Etablierung einer gleichstellungsfreundlichen Führungskultur
  • Grundsatz 2: Gerechte Behandlung aller Männer und Frauen am Arbeitsplatz – Einhaltung und Förderung der Menschenrechte und des Prinzips der Nichtdiskriminierung.
  • Grundsatz 3: Gewährleistung von Gesundheit, Sicherheit und Wohlergehens aller Beschäftigten.
  • Grundsatz 4: Förderung der Bildung, der Ausbildung und der beruflichen Entwicklung von Frauen.
  • Grundsatz 5: Förderung des Unternehmertums von Frauen und Stärkung ihrer Rolle im Kontext von Beschaffungs- und Marketingaktivitäten.
  • Grundsatz 6: Förderung der Gleichstellung durch gemeinschaftliche Initiativen und das Eintreten für die Stärkung von Frauen.
  • Grundsatz 7: Messung und Veröffentlichung der Fortschritte zur Gleichstellung der Geschlechter.

Was ist die Herausforderung?

Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sicherzustellen, dass geschlechtsspezifische Diskriminierung in ihren eigenen Betrieben, Lieferketten und Gemeinschaften nicht vorkommt, auch wenn diese Art der Diskriminierung in sozialen oder kulturellen Normen und sogar in nationalen Gesetzen verankert sein mag.

Zu den Herausforderungen für Unternehmen im Zusammenhang mit Gleichstellung am Arbeitsplatz gehören:

  • Geschäftstätigkeit in einem Land, in dem Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen müssen, um zu arbeiten oder zu reisen
  • Schwierigkeiten, Frauen für bestimmte Positionen anzuwerben
  • Feindseligkeit männlicher Angestellter gegenüber weiblichen Kolleginnen (einschließlich sexueller Belästigung)

Zu den Herausforderungen für Unternehmen im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt gehören:

  • Identifizierung und proaktive Beauftragung von Unternehmen, die von Frauen geführt werden
  • Gewährleistung, dass die Rechte von Frauen und Mädchen durch Zulieferbetriebe und Geschäftspartner:innen eingehalten werden
  • Hinterfragung – statt Aufrechterhaltung – von Geschlechterstereotypen durch Marketing und Werbung

Zu den Herausforderungen für die Gleichstellung der Geschlechter in der Gemeinschaft gehören:

  • Tätigkeit in und/oder Beschaffung aus Ländern, in denen Unternehmerinnen schlechteren Zugang zu Kapital und Ressourcen haben als männliche Unternehmer
  • Gewährleistung der Wirksamkeit von Investitionen in Gemeinschaftsprogramme für Frauen und Mädchen
  • Tätigkeit in und/oder Beschaffung aus Ländern, in denen häusliche Gewalt weit verbreitet ist

Trends und Statistiken zur Gleichstellung der Geschlechter

Trotz der weltweiten Fortschritte hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter in den letzten Jahrzehnten gibt es noch viele Herausforderungen für die Rechte von Frauen und Mädchen am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gemeinschaft.

Trends bei der Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz:

  • Die Erwerbsquote von Frauen ist im Schnitt niedriger als die von Männern. Nach Angaben der ILO lag die durchschnittliche globale Erwerbsquote von Frauen im Jahr 2022 bei 52,9 % – weit unter der Erwerbsquote von Männern von 80 %.
  • Frauen erhalten oft eine geringere Vergütung für gleiche Arbeit. Nach Schätzungen der ILO werden Frauen weltweit im Durchschnitt nach wie vor rund 20 % schlechter bezahlt als Männer. Dies wird auch vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen bestätigt, das ermittelt hat, dass Frauen für jeden Dollar, den Männer verdienen, nur 77 Cent erhalten. Darüber hinaus zeigt das WEPs Gender Gap Analysis Tool, dass nur 52 % der Unternehmen, die dieses Tool benutzt haben, über eigenständige Richtlinien oder eine Verpflichtung im Rahmen ihrer Unternehmensrichtlinien verfügen, die gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit festschreiben.
  • Frauen werden nach wie vor seltener befördert als Männer. Eine aktuelle Studie von McKinsey zeigt, dass in den teilnehmenden Organisationen auf 100 Männer, die in eine Führungsposition befördert werden, nur 86 Frauen kommen. Dies führt dazu, dass es unter Führungskräften deutlich mehr Männer als Frauen anzutreffen sind, wodurch es automatisch viel weniger Frauen gibt, die auf noch höhere Führungsebenen befördert werden können.
  • Frauen sind auf Vorstandsebene unterrepräsentiert. Laut Deloitte waren 2021 weltweit nur 19,7 % der Aufsichtsratssitze und 5 % der CEO-Positionen mit Frauen besetzt. Das Geschlechterungleichgewicht in Unternehmensvorständen ist sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern zu beobachten.
  • Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist ein anhaltendes Problem, von dem Frauen in allen Berufen und Wirtschaftszweigen auf der ganzen Welt betroffen sind. Schätzungen zufolge haben weltweit bis zu 75 % aller Frauen über 18 Jahren – mindestens zwei Milliarden Frauen – sexuelle Belästigung erfahren.
  • Schwarze Frauen und Frauen nicht-weißer Hautfarbe sind am Arbeitsplatz nach wie vor Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt. Während Frauen generell häufiger als Männer mit Mikroaggressionen konfrontiert sind, die sie beruflich beeinträchtigen – z. B. wenn sie im Gespräch unterbrochen werden oder ihr Urteilsvermögen in Frage gestellt wird – erleben Schwarze Frauen diese Mikroaggressionen noch viel öfter. Dies verdeutlicht die Herausforderungen der intersektionellen Diskriminierung, die vorliegt, wenn eine Person aus zwei oder mehreren Gründen diskriminiert wird, die gleichzeitig und auf untrennbare Weise zusammenwirken, sodass andere, unterschiedliche Diskriminierungsformen entstehen, die sich von der Diskriminierung aufgrund eines einzelnen Grundes unterscheiden.
  • Die COVID-19-Pandemie hat die Belastung der Frauen durch Arbeit im Haushalt oder in der Familie (Care-Arbeit) erhöht, sodass viele Frauen gezwungen waren/sind, ihre bezahlte Arbeitszeit zu reduzieren oder ihre Arbeit ganz aufzugeben. Daten des Target Gender Equality COVID-19 Quiz des UN Global Compact zeigen jedoch, dass 79 % der teilnehmenden Unternehmen ihre Richtlinien und Maßnahmen zur Unterstützung berufstätiger Eltern und Betreuungspersonen überprüft (und gegebenenfalls angepasst) haben. Eine Studie aus 2022 dazu weist allerdings darauf hin, dass Frauen zunehmend von einem Burn-out betroffen sind – und zwar zunehmend mehr als Männer, was auf die Pandemie zurückzuführen ist.

Trends bei der Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt:

  • Leitende Positionen in Tier-1-Zulieferunternehmen sind selten mit Frauen besetzt. In den Lieferketten der Fortune 500-Unternehmen werden nur 5 % der Top-Positionen von Frauen belegt. Selbst in den USA und Westeuropa haben nur 20 % der 60 größten börsennotierten Unternehmen eine Frau als Chief Procurement Officer (CPO).
  • Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Frauen müssen sich oft mit unvorteilhaften Kreditvergabebedingungen auseinandersetzen, um die benötigten Finanzmittel zu erhalten. Es besteht eine Kreditlücke von rund 300 Milliarden US-Dollar bei KMU, die von Frauen geführt werden. Nur 46 Volkswirtschaften weltweit haben festgelegt, dass es beim Zugang zu Krediten und Finanzierungsquellen keine Diskriminierung geben darf. Andernorts werden Frauen oft durch gesetzliche oder kreditrechtliche Anforderungen behindert, die Männer bevorzugen, wie z. B. das Einholen der Zustimmung des Ehepartners, um ein Unternehmen anzumelden, ein Bankkonto zu eröffnen oder Garantien in Form von Urkunden zu erbringen, vor allem dort, wo Frauen in der Regel von Erbschaften ausgeschlossen sind.
  • Von Frauen geführte Unternehmen haben es oft schwer, an Unternehmensaufträge zu gelangen und Risikokapital zu erhalten. Laut UN Women entfallen weniger als 1 % der Zuliefererausgaben von Großunternehmen auf von Frauen geführte Unternehmen. Recherchen aus dem Jahr 2021 zeigen auch, dass die Risikokapitalfinanzierung im Jahr 2020 zwar boomte, aber Unternehmen, die ausschließlich von Frauen gegründet wurden, noch weniger davon profitierten als 2019. In den USA erhielten von Frauen gegründete Unternehmen im Jahr 2020 3,31 Milliarden US-Dollar an Investitionskapital. Das sind 2,2 % des gesamten Investitionskapitals in diesem Jahr, verglichen mit 3,5 Milliarden US-Dollar (2,6 %) im Jahr 2019.
  • 60-90 % der Arbeitsplätze in arbeitsintensiven Branchen sind mit Frauen besetzt und in 2021 wurden 41% der Tätigkeiten in globalen Lieferketten durch Frauen durchgeführt, aber Unternehmen konzentrieren sich bei ihren Beschaffungsstrategien selten auf Frauen. In globalen Wertschöpfungsketten (z. B. in der Bekleidungs- und Frischwarenindustrie) stellen Frauen häufig die Mehrheit der Beschäftigten; Unternehmen, die in diesen Wertschöpfungsketten tätig sind, sind sich jedoch der Probleme, mit denen Frauen konfrontiert sind, oft nicht bewusst und/oder nicht bereit, diese zu lösen.

Trends bei Gleichstellung der Geschlechter in der Gemeinschaft:

  • Durch den begrenzten Zugang zu Bildung und den großen informellen Sektor in zahlreichen Ländern werden viele Frauen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Dazu gehört die Erwerbstätigkeit in Familienbetrieben oder in der informellen Wirtschaft, wo Arbeitsstandards nicht immer eingehalten werden. Fast 15 % der erwerbstätigen Frauen – im Vergleich zu 5,5 % der erwerbstätigen Männer – arbeiten in einem Unternehmen, das einem Verwandten gehört oder von ihm geführt wird. Diese Beschäftigten sind in der Regel schlecht bezahlt (wenn überhaupt) und leben in Armut, haben keinen Arbeitsvertrag und kaum Zugang zu sozialer Absicherung. Statistiken der ILO zeigen, dass in Entwicklungsländern die „zeitweilige Unterbeschäftigung“ bei Frauen bis zu 50 % betragen kann. Dabei arbeiten Frauen unfreiwillig weniger Stunden als Männer.
  • Die Aufgaben im Haushalt, bei der Pflege und bei der Kinderbetreuung sind oft nicht gleichmäßig verteilt. UN Women hat festgestellt, dass Frauen mit größerer Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßig viel Verantwortung für unbezahlte Care-Arbeit tragen. Im Schnitt leisten Frauen 1 bis 3 Stunden mehr Hausarbeit pro Tag als Männer und verbringen 2- bis 10-mal mehr Zeit mit der Betreuung von Kindern, älteren Menschen und kranken Angehörigen. 25 % der Frauen in der EU geben an, dass sie aufgrund der Belastung durch Care-Arbeit nicht in der Lage sind, erwerbstätig zu sein.
  • Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie, insbesondere Lockdowns, führten zu einem Anstieg der Gewalt und des Missbrauchs an Frauen und Kindern. Zugleich waren die Mittel zur Unterstützung von von Gewalt betroffenen Frauen weniger zugänglich. Daten aus dem Target Gender Equality COVID-19 Quiz des UN Global Compact zeigen, dass nur 26 % der befragten Unternehmen Maßnahmen ergriffen haben, um auf den Anstieg an häuslicher Gewalt zu reagieren.

Auswirkungen auf Unternehmen

Unternehmen, die die Stärkung der Rolle der Frau unterstützen, haben mehr Geschäftserfolg. Die Bedeutung von Frauen als Managerinnen, Kundinnen, Unternehmerinnen, Arbeitnehmerinnen und Care-Arbeiterinnen wird von immer mehr führenden Unternehmen erkannt. Sie passen ihre Richtlinien, Programme und Initiativen an, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich Frauen und Mädchen entfalten können.

Der Business Case für die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz:

  • Gesteigerte Produktivität und organisatorische Effektivität: Die Stärkung der Beteiligung von Frauen in der Belegschaft und in Führungspositionen – und die Verhinderung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz – kann Unternehmen eine Reihe an Vorteilen bringen: Besserer Zugang zu Fachkenntnissen, Gewinnung und Bindung von Talenten, gesteigerte Zufriedenheit der beschäftigten und geringere Abwesenheits- und Fluktuationsraten. Dies kann zu Produktivitätssteigerungen, verbesserter Produktionsqualität und -leistung, gesteigerter Innovation und dem Zugang zu neuen Märkten und Kunden führen.
  • Gesteigerte Einnahmen und höhere Profitabilität: Eine Frauenquote von 30 % in den Vorständen von Unternehmen kann die Nettogewinne um sechs Prozentpunkte Recherchen zeigen, dass Unternehmen mit einem hohen Grad an Geschlechterdiversität in ihren Führungsteams eine 25 % höhere Wahrscheinlichkeit haben, überdurchschnittliche Profite zu erzielen im Vergleich zu Unternehmen mit einem niedrigen Grad an Geschlechterdiversität. Laut einer Studie der ILO ist die Wahrscheinlichkeit, dass in Vorstandsetagen mit einem Frauenanteil von 30-39 % bessere Geschäftsergebnisse erzielt werden, um 18,5 % höher. Eine Studie aus 2018 zeigt außerdem, dass von Frauen gegründete Unternehmen doppelt so viel Umsatz erzielen wie von Männern gegründete Unternehmen.
  • Verbesserte unternehmerische Nachhaltigkeit: Neben der Verbesserung der finanziellen Ergebnisse und des Wirtschaftswachstums wirkt sich ein größerer Anteil von Frauen in Führungsposition nachweislich positiv auf die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen aus und führt zu geringeren Treibhausgasemissionen, besseren Beziehungen zu der Belegschaft, höherer Produktivität der Beschäftigten, besserer Teamleistung und Innovation sowie zu weniger Betrug, Insiderhandel und anderen unethischen Praktiken.

Der Business Case für die Gleichstellung der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt:

  • Zugang zu einer größeren Auswahl an hochwertigen Zulieferbetrieben sowie geringere Beschaffungskosten: Untersuchungen haben ergeben, dass Unternehmen mit Programmen zur Förderung der Vielfalt der Zulieferbetriebe 20 % weniger für die Beschaffung ausgeben als ihre Konkurrenz und auch weniger Beschaffungspersonal benötigen. Vielfalt der Zulieferbetriebe kann auch zu einem Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens beitragen, da eine Bindung an immer dieselben Zulieferbetrieb Risiken birgt.
  • Markenreputation und Kundenbindung: Konsument:innen verlangen von Unternehmen zunehmend Informationen über ihr Engagement für Vielfalt, Inklusion und die Gleichstellung der Geschlechter in ihren Lieferketten. Ein gender-orientiertes Beschaffungswesen kann das Ansehen des Unternehmens erhöhen und die Kundenbindung steigern.
  • Verbesserte Vertriebsnetze: Unternehmerinnen haben oft einen besseren Zugang zu Kundinnen oder sind besser in der Lage, die Märkte am unteren Ende der Einkommenspyramide (sog. „Base of the Pyramid“-Märkte) zu erreichen. Eine Kundensegmentierung nach Geschlecht kann es Unternehmen erleichtern, Frauen zu erreichen, selbst wenn die Kaufkraft von Frauen eingeschränkt ist.
  • First-Mover-Vorteil: Regionen oder Sektoren mit den größten geschlechtsspezifischen Unterschieden bieten möglicherweise die größten Chancen, diese zu schließen. Unternehmen, die zu den ersten gehören, die Frauen als Kund:innen anerkennen und in diese investieren, erlangen Vorteile, weil ihre Marke bzw. ihr Unternehmen im Marktsegment für Frauen an Bekanntheit gewinnt, dort einen guten Ruf genießt und weil sie genau wissen, wie sie Frauen am besten erreichen können.

Der Business Case für die Gleichstellung der Geschlechter in der Gemeinschaft:

  • Wirtschaftliches Wachstum: Schätzungen zufolge könnten Investitionen in die Gleichstellung der Geschlechter das globale BIP bis 2025 um 28 Billionen US-Dollar steigern. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Position von Frauen und Mädchen spielen auch bei einer Vielzahl von Entwicklungszielen eine wichtige Rolle, darunter die Förderung von Wirtschaftswachstum und Produktivität, die Verbesserung von Gesundheit und Bildung, die Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen und die Gewährleistung friedlicherer und integrativerer Gemeinschaften.
  • Starkes Investitionsklima: Durch Investitionen in Frauen als Arbeitnehmerinnen, Unternehmerinnen und Kundinnen unterstützen Unternehmen die Entwicklung eines starken Investitionsklimas auf nationaler und/oder sektoraler Ebene.
  • Verbesserte soziale Auswirkungen von Investitionen und gesellschaftliche Akzeptanz: Die Einbeziehung von Frauen als Geschäftspartnerinnen und Kundinnen kann für Unternehmen von Vorteil sein. Dadurch können die sozialen Auswirkungen ihrer Investitionen verbessert und die Beziehungen zu den lokalen Gemeinschaften gestärkt werden (insbesondere für Unternehmen in der Infrastruktur- oder Rohstoffindustrie, die große Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben).

Andererseits drohen Unternehmen aufgrund von diskriminierenden Praktiken gegenüber Frauen – oder aufgrund von Vorwürfen der geschlechtsspezifischen Diskriminierung – in ihren Betrieben und Lieferketten folgende Risiken:

  • Rechtliches Risiko: Gegen das Unternehmen können rechtliche Schritte eingeleitet werden, bis hin zu Strafanzeigen, die Haftstrafen zur Folge haben könnten, z. B. in Fällen von sexuellen Übergriffen oder Belästigung am Arbeitsplatz. Die #MeToo-Bewegung hat weltweit zu einer Verschärfung der Gesetze gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz geführt. In vielen Ländern hat dies strengere Compliance-Anforderungen oder höhere Strafen für Unternehmen, die keine Abhilfe- und Präventionsmaßnahmen zur Beseitigung sexueller Belästigung ergreifen, zur Folge gehabt.
  • Operationelles Risiko: Unternehmen, die in geschlechtsspezifische Diskriminierungsvorfälle verwickelt waren oder damit in Verbindung gebracht wurden, haben Proteste der Belegschaft und Arbeitsniederlegungen erfahren. Wenn Unternehmen diskriminierende Praktiken anwenden, kann sich dies negativ auf die Personalfluktuation und die Produktivität des Unternehmens auswirken. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kann auch zu geringerer Rentabilität und höheren Arbeitskosten führen. Außerdem kann geschlechtsspezifische Diskriminierung negative Auswirkungen auf die Talentbindungsstrategien eines Unternehmens haben.
  • Reputations- und Markenrisiko: Kampagnen von Konsument:innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Beschäftigten und anderen Stakeholdern, die geschlechtsspezifische Diskriminierung anprangern, können zu einer schlechten Reputation beitragen. Der Ruf eines diskriminierenden Arbeitsplatzes kann dazu führen, dass Beschäftigte das Unternehmen verlassen und Arbeitssuchende sich dort nicht für offene Stellen bewerben, was eine weniger vielfältige und qualifizierte Belegschaft zur Folge hat. Recherchen haben ergeben, dass eine einzige Klage wegen sexueller Belästigung ausreichen kann, um die öffentliche Wahrnehmung eines Unternehmens drastisch zu verändern.
  • Finanzielles Risiko: Eine Veräußerung durch oder ein Abwenden von Investor:innen und anderen Geldgebenden – von denen viele zunehmend Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (engl.: Environmental, Social and Governance – ESG) in ihre Entscheidungsfindung miteinbeziehen – kann zu einem eingeschränkten oder teureren Zugang zu Kapital und einem geringeren Unternehmenswert führen.

Auswirkungen auf die Menschenrechte

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kann Auswirkungen auf eine Reihe von Menschenrechten haben.[1] Dazu zählen:

  • Recht auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung (Art. 2 Frauenrechtskonvention; Art. 1 und 2 AEMR, Art. 26 Zivilpakt): Frauen werden per Gesetz und in der Praxis diskriminiert. Dazu gehört auch die Diskriminierung beim Zugang zu wirtschaftlichen Chancen und zu Rechtsmitteln bei Menschenrechtsverletzungen
  • Recht auf Bildung (Art. 10 Frauenrechtskonvention, Art. 26 AEMR, Art. 13 Sozialpakt): Dies beinhaltet das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu Bildung und die gleichberechtigte Nutzung von Bildungseinrichtungen. In vielen Ländern haben Frauen und Mädchen aufgrund von Diskriminierung und Armut keinen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten, was ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz und auf ein unabhängiges Leben beeinträchtigt.
  • Recht auf Arbeit (Art. 11 Frauenrechtskonvention, Art. 6 Sozialpakt): Frauen können aufgrund ihres Geschlechts oder einer Schwangerschaft zu Unrecht von Tätigkeiten ausgeschlossen oder willkürlich entlassen werden. Das Recht auf Arbeit ist eng mit dem Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen und dem Recht auf Nichtdiskriminierung verbunden.
  • Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen (Art. 11 Frauenrechtskonvention, Art. 23 und 24 AEMR, Art. 7 Sozialpakt): Frauen werden für gleichwertige Arbeit häufig schlechter bezahlt als Männer. Das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen bezieht sich ausdrücklich auf das Recht auf angemessene Vergütung und gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Insbesondere müssen Frauen Arbeitsbedingungen garantiert werden, die nicht schlechter sind als die der Männer. Das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen ist eng mit dem Recht auf Nichtdiskriminierung verbunden.
  • Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 11 und 16 Frauenrechtskonvention, Art. 10 Sozialpakt): Praktiken am Arbeitsplatz können berufstätige Eltern daran hindern, eine gesundes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben zu finden und Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. In manchen Fällen können die Bedingungen, unter denen die Beschäftigten arbeiten – unter anderem wegen langer oder unregelmäßiger Arbeitszeiten und unflexibler Arbeitsverhältnisse – dieses Recht untergraben. Artikel 10.2 des Sozialpakts sieht zudem einen besonderen Schutz für Mütter während eines angemessenen Zeitraums vor und nach der Entbindung vor.
  • Recht auf Freiheit und Sicherheit der Person (Art. 3 AEMR, Art. 9 Zivilpakt): Diskriminierung, kulturelle Gepflogenheiten und fehlende Schutzvorkehrungen können zu Belästigungen, Bedrohungen und Übergriffen gegen Frauen führen, einschließlich sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt.
  • Anspruch auf Rechtsschutz (Art. 8 AEMR): Das Recht von Frauen auf effektiven Rechtsschutz bei Menschenrechtsverletzungen kann in Ländern eingeschränkt sein, in denen das Rechtssystem ineffizient oder nicht unabhängig ist, oder in denen Behörden, wie etwa die Polizei, Frauen diskriminieren.
Sustainable Development Goals (SDGs)

Das Erreichen von SDG 5 (Gleichstellung der Geschlechter) beschleunigt und ermöglicht den Fortschritt bei anderen SDGs. Dies zeigt, wie zentral die Gleichstellung der Geschlechter für das Erreichen einer inklusiven und nachhaltigen Entwicklung ist. Alle SDGs hängen von SDG 5 ab, da alle 17 Ziele eine Gleichstellungsdimension enthalten, die verlangt, die Rechte von Frauen und Mädchen bei der Erreichung der Ziele zu berücksichtigen.

Eine Reihe von SDGs bezieht sich speziell auf die Gleichstellung der Geschlechter. Die folgenden Aspekte verdeutlichen den Zusammenhang von SDG 5 mit den anderen SDGs:

  • Die Beendigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und Mädchen (Zielvorgabe 5.1) steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erreichen mehrerer anderer SDGs, nämlich SDG 1 (Keine Armut), SDG 2 (Kein Hunger), SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen), SDG 4 (Hochwertige Bildung), SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) und SDG 10 (Weniger Ungleichheiten). So ist beispielsweise die Gewährleistung des allgemeinen Zugangs zu sexual- und reproduktionsmedizinischer Versorgung (Zielvorgabe 3.7) ein wichtiger Schritt zur Beendigung der Diskriminierung von Frauen. Die Beendigung der Diskriminierung von Frauen und Mädchen trägt auch zur Förderung einer breitenwirksamen und nachhaltigen Industrialisierung (Zielvorgabe 9.2) und zur Gewährleistung einer bedarfsorientierten, inklusiven, partizipatorischen und repräsentativen Entscheidungsfindung auf allen Ebenen (Zielvorgabe 16.7) bei.
  • Durch die Anerkennung und Wertschätzung unbezahlter Care-Arbeit durch die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen (Zielvorgabe 5.4) wird eine bessere soziale, wirtschaftliche und politische Inklusion von Frauen erreicht (Zielvorgabe 10.2).
  • Durch die volle und wirksame Teilhabe von Frauen und ihre Chancengleichheit bei der Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung im politischen, wirtschaftlichen und öffentlichen Leben (Zielvorgabe 5.5) haben Frauen gleiche Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen (Zielvorgabe 1.4) sowie auf produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit (Zielvorgabe 8.5).
  • Die Durchführung von Reformen damit Frauen die gleichen Rechte auf wirtschaftliche Ressourcen haben (Zielvorgabe 5.a) wird zu Fortschritten bei den Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels (SDG 13) führen. Indem Frauen ein besserer Zugang zu Land, Krediten und wichtigen Ressourcen wie Düngemitteln, Bewässerung, Technologie und Marktzugang gewährt wird, können sie Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergreifen, die den Einsatz technischer Neuerungen bei hitzeresistenten und wassersparenden Pflanzensorten erfordern.

Hilfreiche Informationen

Die folgenden Quellen und Umsetzungshilfen bieten weitere Informationen dazu, wie Unternehmen gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung vorgehen und Frauen am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gemeinschaft stärken können:

  • Women‘s Empowerment Principles (WEPs), Ressources (engl.): Die WEPs Website bietet umfangreiche Informationen zum Thema Gleichstellung der Geschlechter, darunter Rahmenwerke, Vorlagen, Berichte, Leitfäden und Toolkits, auf die Unternehmen bei der Entwicklung, Umsetzung und Überprüfung ihrer Gleichstellungsprogramme zurückgreifen können. Darüber hinaus bietet die virtuelle Plattform WEPs Learn Trainings an, die Frauen mehr Selbstvertrauen bei Vorstellungsgesprächen geben sollen und mit denen sie Gleichstellungsinitiativen in ihren Unternehmen aufbauen, neue Jobmöglichkeiten bewerten und ihre Karriere effektiver vorantreiben können.
  • UN Women, Digital Library (engl.): Diese umfassende Sammlung enthält Informationen zum Thema Gleichstellung der Geschlechter mit Berichten, Diskussionspapieren und Praxisbeispielen.
  • ILO-UN Women, Empowering Women at Work: Company Policies and Practices for Gender Equality (engl.): Diese Umsetzungshilfe bietet Vorschläge, wie Unternehmen die Gleichstellung der Geschlechter in ihren eigenen Betrieben unter Berücksichtigung internationaler Arbeitsnormen und Leitlinien fördern können. Die ILO und UN Women haben außerdem eine weitere Umsetzungshilfe zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in Lieferketten veröffentlicht.
  1. Mit der Einführung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Achtung der Menschenrechte verlagern die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl.: UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs) den Fokus von Auswirkungen auf Unternehmen hin zu Auswirkungen auf (potenziell) Betroffene. Weitere Informationen zu den UNGPs finden Sie im Abschnitt Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren“.

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