Was ist Kinderarbeit?

Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ist Kinderarbeit solche Arbeit, die dem Wohlbefinden von Kindern schadet und ihre Bildung, Entwicklung und künftige Lebensgrundlage beeinträchtigt. Nicht jede Art von Kinderarbeit ist schädlich, z. B. wenn es sich um leichte Arbeit handelt, die nicht in Konflikt mit der Ausbildung des Kindes oder seinem Anspruch auf Freizeit steht, zum Beispiel wenn Kinder ihren Eltern auf dem Bauernhof in Form von nicht gesundheitsschädlichen Tätigkeiten oder außerhalb der Schulzeit in einem Geschäft helfen. Außerdem sind Jugend- und Studierendenarbeit legal und können einen positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben.

Was ist die Herausforderung?

Die Herausforderung für verantwortungsbewusste Unternehmen besteht darin, wie sie angesichts des komplexen sozialen und wirtschaftlichen Kontextes, in dem Kinderarbeit vorkommt, verantwortungsvoll damit umgehen können. Ein Unternehmen kann zwar versuchen, die Grundsätze der internationalen Arbeitsnormen und der nationalen Gesetze zum Mindestalter einzuhalten. Wenn es jedoch Kinder aus seinen Betrieben oder Lieferketten abzieht (oder Kinder abgezogen werden), ohne die Folgen für sie zu bedenken, kann sich ihre Situation verschlechtern. Wenn Kinder beispielsweise vom Arbeitsplatz entfernt werden, ohne ihnen sicherere und geeignete Alternativen zu bieten, kann dies dazu führen, dass sie woanders noch mehr ausgebeutet werden, was wiederum negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen haben kann, weil die Armut in ihrer Familie zunimmt.

Verbreitung von Kinderarbeit

Die ILO und UNICEF schätzen, dass Anfang 2020 weltweit 160 Millionen Kinder – 63 Millionen Mädchen und 97 Millionen Jungen – von Kinderarbeit betroffen waren, was fast einem von zehn Kindern weltweit entspricht.[1] 79 Millionen Kinder (fast 50 % aller Kinder, die Kinderarbeit verrichten) waren an gefährlichen Arbeiten beteiligt, z. B. in der Landwirtschaft oder im Bergbau, bei der Bedienung gefährlicher Maschinen oder bei Arbeiten in der Höhe. Bei dieser Zahl handelt es sich jedoch um eine Schätzung: Kinderarbeit lässt sich schwer beziffern, da sie aufgrund ihres illegalen Charakters oft im Verborgenen verrichtet wird. Die Identifizierung von Kindern am Arbeitsplatz kann durch das Fehlen zuverlässiger Dokumente, wie Geburtsurkunden, und die Tatsache, dass dies häufig in ländlichen Gegenden oder in Stadtteilen geschieht, in denen die Behörden kaum Einsicht haben, erschwert werden.

Zu den wichtigsten Trends gehören:

  • Der weltweite Fortschritt im Kampf gegen Kinderarbeit stagniert seit 2016, trotz der globalen Bemühungen, Kinderarbeit bis 2025 zu beseitigen, wie es das Ziel 8.7 der Sustainable Development Goals (SDGs – dt.: Ziele für nachhaltige Entwicklung) vorsieht.[2]
  • Die COVID-19-Krise hat die weltweiten Fortschritte bei der Beseitigung von Kinderarbeit weiter zu untergraben gedroht. Laut Schätzungen der ILO waren bis Ende 2022 zusätzliche 8,9 Millionen Kinder aufgrund der durch die Pandemie verursachten zunehmende Armut von Kinderarbeit betroffen.
  • Seit dem Beginn der Pandemie hat das Risiko von Kinderarbeit in mehr als 83 Ländern zugenommen. Afrika bleibt mit 6 der 10 risikoreichsten Länder die Region mit dem höchsten Risiko (Verisk Maplecroft). Nach Angaben eines Berichts der ILO aus Juni 2021 sind in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara mehr Kinder von Kinderarbeit betroffen als im Rest der Welt zusammen.
  • Das Jahr 2021 wurde von den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr zur Abschaffung der Kinderarbeit erklärt, um die weltweiten Bemühungen zur Abschaffung von Kinderarbeit voranzubringen.

Auswirkungen auf Unternehmen

Kinderarbeit im eigenen Geschäftsbereich und in den Liefer- und Wertschöpfungsketten birgt vielfältige Risiken für Unternehmen:

  • Reputations- und Markenrisiko: Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften, Konsument:innen, Medien und anderen Interessensgruppen können zu Umsatzeinbußen und/oder Markenerosion führen.
  • Finanzielles Risiko: Eine Veräußerung durch oder ein Abwenden von Investor:innen und anderen Geldgebenden – von denen viele zunehmend Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (engl.: Environmental, Social and Governance – ESG) in ihre Entscheidungsfindung miteinbeziehen – kann zu einem eingeschränkten oder teureren Zugang zu Kapital und einem geringeren Unternehmenswert führen.
  • Rechtliches Risiko: Gegen das Unternehmen können rechtliche Schritte eingeleitet werden, bis hin zu Strafanzeigen, die in einigen Ländern zu Freiheitsstrafen führen können und in der Regel erhebliche Geldstrafen und/oder die Rückgabe von durch Kinderarbeit produzierte Waren nach sich ziehen (siehe Abschnitt „Definition und rechtliche Instrumente“). Ehemalige Kinderarbeitende können möglicherweise auch ihre ausbeuterischen Unternehmen, die in der Lieferkette weiter oben stehen, verklagen.
  • Operationelles Risiko: Änderungen in den Lieferketten eines Unternehmens, die als Reaktion auf die Aufdeckung von Kinderarbeit vorgenommen werden, können zu Produktionsunterbrechungen führen. Unternehmen könnten sich veranlasst sehen, Lieferantenverträge zu kündigen oder Beschaffungsaktivitäten auf Standorte mit geringerem Risiko zu verlagern.

Auswirkungen auf die Kinderrechte

Kinderarbeit kann sich auf eine Reihe von Menschen- und Kinderrechten auswirken.[3] Dazu zählen unter anderem:

  • Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung (Art. 32 Kinderrechtskonvention): Kinder haben das Recht, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt zu werden. Dieses Recht schließt das Recht ein, vor Arbeit geschützt zu werden, die gefährlich ist oder der körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen oder sozialen Entwicklung des Kindes schaden könnte.
  • Recht auf Gesundheit und einen angemessenen Lebensstandard (Art. 6.2 und 27.1 Kinderrechtskonvention): Die Gesundheit und persönliche Entwicklung von Kindern kann durch die Ausübung von Arbeitstätigkeiten, die nicht altersgerecht sind, negativ beeinflusst werden.
  • Recht auf Bildung (Art. 28 Kinderrechtskonvention): Arbeitszeiten können Kinder vom Schulbesuch ausschließen. Ebenso kann es sein, dass arbeitende Kinder zu müde sind, um voll vom Unterricht zu profitieren. Auch die Fähigkeit der Kinder, zu lernen und später in den formellen Arbeitsmarkt einzutreten, kann durch Kinderarbeit gefährdet werden.
  • Recht auf Ruhe, Freizeit und kulturelles Leben (Art. 31.1 Kinderrechtskonvention): Kinder, die arbeiten, haben oft nicht genügend Zeit, um sich sozial und kulturell durch Spiel und Interaktion mit anderen Kindern zu entwickeln.

Die kinderfreundliche Version der UN-Konvention über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvetion) von UNICEF (engl.) der bietet weitere hilfreiche Informationen.

Sustainable Development Goals (SDGs)

Die folgenden SDGs beziehen sich auf Kinderarbeit:

  • SDG 8 („Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“), Zielvorgabe 8.7: Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jeder Form von Kinderarbeit ein Ende setzen
  • SDG 16 („Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen“), Zielvorgabe 16.2: Missbrauch und Ausbeutung von Kindern, den Kinderhandel, Folter und alle Formen von Gewalt gegen Kinder beenden

Fortschritte bei diesen Zielvorgaben und Globalen Zielen werden auch andere Ziele voranbringen, z. B. SDG 3 („Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“) und SDG 4 („Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern“).

Hilfreiche Informationen

Die folgenden Quellen und Umsetzungshilfen bieten weitere Informationen dazu, wie sich Unternehmen verantwortungsvoll mit Kinderarbeit in ihrem Geschäftsbereich und in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten auseinandersetzen können:

  • ILO und UNICEF, Child Labour: Global Estimates 2020, Trends and the Road Forward (engl.): Dieser Bericht umfasst aktuelle globale Schätzungen zur Kinderarbeit, einschließlich eines Überblicks über die Auswirkungen von COVID-19 auf Kinderarbeit.
  • ILO und International Organisation of Employers (IOE), Child Labour Guidance Tool for Business (engl.): Dieses Tool hilft Unternehmen, die in den UN-Leitprinzipien festgelegten Sorgfaltspflichten in Bezug auf Kinderarbeit zu erfüllen.
  • Ethical Trading Initiative, Base Code Guidance: Child Labour (engl.): Dieser Leitfaden bietet Unternehmen schrittweise Umsetzungshilfen zur Bekämpfung von Kinderarbeit in globalen Lieferketten.
  1. ILO and UNICEF, Child Labour: Global Estimates 2020, Trends and the Road Forward, New York, 2012

  2. „Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jeder Form von Kinderarbeit ein Ende setzen“

  3. Mit der Einführung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Achtung der Menschenrechte verlagern die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl.: UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs) den Fokus von Auswirkungen auf Unternehmen hin zu Auswirkungen auf (potenziell) Betroffene. Weitere Informationen zu den UNGPs finden Sie im Abschnitt Kinderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren“.

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