Ein Angebot in Zusammenarbeit mit dem Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte

Branchenspezifische Risikofaktoren

Obwohl Zwangsarbeit in vielen Branchen vorkommt, wird im ILO-Bericht von 2022 darauf verwiesen, dass die Branchen, in denen die meisten Fälle von Zwangsarbeit vorkommen, der Dienstleistungssektor, das Baugewerbe, Landwirtschaft, Heimarbeit und die verarbeitende Industrie sind. Um mögliche Risiken für Zwangsarbeit in anderen Branchen zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Baugewerbe

Schätzungen zufolge sind 16,3 % der 2022 festgestellten Fälle von Zwangsarbeit auf das Baugewerbe zurückzuführen (ILO). Mit 86 % sind die meisten Opfer im Baugewerbe männlich. Das Baugewerbe ist ein schnell wachsender Industriezweig und die zunehmende Zahl von Vermittlungsagenturen erhöht das Risiko, dass die Beschäftigten, von denen ein Großteil Migrant:innen sind, überhöhten Vermittlungsgebühren ausgesetzt sind. Hohe persönliche Schulden bei solchen Agenturen führen dazu, dass Beschäftigte in eine Situation der Schuldknechtschaft versetzt werden. Berichte zeigen beispielsweise, dass Arbeitsmigrant:innen in den Vereinigten Arabischen Emiraten mehr als fünf Monatslöhne an Vermittlungsgebühren gezahlt haben.

Zu den baubranchenspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Gefährliche Arbeitsbedingungen: Die Arbeitsbedingungen sind bekanntermaßen anspruchsvoll und gefährlich und die Zahl der Arbeitsunfälle ist hoch. Zwangsarbeitende werden eher zu Arbeit unter unsicheren Bedingungen gezwungen, bei der die Sicherheit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz missachtet werden.
  • Komplexität von Bauprojekten: Die Komplexität von Bauprojekten verschärft das Risiko, dass Beschäftigte ihre Löhne verspätet oder gar nicht ausgezahlt bekommen, was ihre Anfälligkeit für Missbrauch erhöht. An Bauprojekten können Hunderte von Subunternehmen, einschließlich Arbeitsvermittlungsagenturen, mit häufig wechselnden Beschäftigten, involviert sein. In vielen Fällen sind die Auftragnehmer:innen nicht verpflichtet, die Subunternehmen zu bezahlen, bevor sie die Zahlung vom Bauunternehmen erhalten haben.
  • Abgelegene Baustellen: Baustellen können abgelegen oder schwer zu erreichen sein, sodass Beschäftigte stärker unter der Kontrolle ihrer Arbeitgeber:innen stehen. Für Beschäftigte gelten möglicherweise größere Freiheits- und Bewegungseinschränkungen, und sie können nur erschwert Hilfe aufsuchen, wenn sie Zwangsarbeit ausgesetzt sind.
Hilfreiche Informationen

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  • ILO, Migrant Work & Employment in the Construction Sector: Dieser Bericht befasst sich mit einigen der Hindernisse, denen Migrant:innen bei der Suche nach fairer, sicherer und menschenwürdiger Arbeit in der Baubranche konfrontiert sind. Er enthält Empfehlungen für Arbeitgeber:innen, wie sie für bessere Arbeitsbedingungen für Migrant:innen sorgen können.
  • Business and Human Rights Resource Centre, A Human Rights Primer for Business: Understanding Risks to Construction Workers in the Middle East: Dieses Briefing bietet Bauunternehmen, die im Nahen Osten tätig sind, spezifische, auf die Region bezogene Ratschläge zu den wichtigsten Menschenrechtsrisiken, wobei der Schwerpunkt auf den Rechten von Arbeitsmigrant:innen liegt.
  • Stronger Together: Stronger Together hat ein Programm mit Hilfsmitteln zur Bekämpfung moderner Sklaverei im Baugewerbe entwickelt. Dazu gehören eine spezielle Schulung und ein Toolkit für Best-Practice-Beispiele.
  • LexisNexis, Hidden in Plain Sight: Modern Slavery in the Construction Industry: Dieser Leitfaden enthält wichtige Punkte, die Bauunternehmen bei der Bekämpfung der moderner Sklaverei berücksichtigen sollten.
  • Chartered Institute of Building, Construction and the Modern Slavery Act: Tackling Exploitation in the UK: Dieser Leitfaden liefert detaillierte Ratschläge, wie Bauunternehmen die obligatorischen Berichtspflichten gemäß dem UK Modern Slavery Act erfolgreich erfüllen können. Er bietet zudem praxisbezogene Ratschläge, wie Unternehmen Fälle von moderner Sklaverei erkennen und beseitigen sowie die betroffenen Personen unterstützen können.

Elektronikfertigung

Die Elektronikindustrie ist ebenfalls den Risiken der Zwangsarbeit ausgesetzt und große Elektronik-, Telekommunikations- und Technologiemarken sind mit Vorwürfen der Zwangsarbeit konfrontiert. Die Ergebnisse eines Benchmarking-Berichts von KnowTheChain aus dem Jahr 2022 zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der IKT-Unternehmen trotz hoher Gewinne während der Covid-19-Pandemie, bei ihren Bemühungen, Zwangsarbeit in ihren Lieferketten zu bekämpfen, schlecht abschneidet. Die untersuchten Unternehmen erreichten lediglich einen Mittelwert von 14/100 möglichen Punkten, was zeigt, dass kaum Fortschritte im Vergleich zu Untersuchungen aus vorherigen Jahren erzielt wurden.

Zu den branchenspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • China und Malaysia: Die Zahlung überhöhter Vermittlungsgebühren. Dies legt ein Bericht des US-Arbeitsministeriums für das Jahr 2020 in Bezug auf China und Malaysia nahe. Dort hergestellte Elektronikartikel stehen oft mit Zwangsarbeit in Verbindung. Wander- und Saisonarbeitende, insbesondere in Malaysia, müssen überhöhte Vermittlungsgebühren bezahlen, wodurch sie oft schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses in eine Schuldknechtschaft geraten.
  • Wettbewerb um Arbeitsplätze: Es herrscht ein starker Wettbewerb um Arbeitsplätze in der Branche, insbesondere bei bekannten Marken. Dies kann dazu führen, dass Beschäftigte übermäßig lange arbeiten, ohne sich ausreichende Ruhezeiten zu nehmen. Zusammen mit überhöhten Vermittlungsgebühren und einer Unter- oder Nichtbezahlung der ohnehin schon niedrigen Löhne können sich die Beschäftigten in Arbeitsbedingungen wiederfinden, die Schuldknechtschaft oder Zwangsarbeit ähneln.
  • Praktika: Studentische Beschäftigte werden in Fabriken der Elektronikindustrie als „Praktikant:innen“ eingesetzt, wo sie gezwungen werden, übermäßig lange zu arbeiten und oft nicht dafür bezahlt werden oder nur einen extrem niedrigen Lohn erhalten.
  • Rohstofflieferketten: Elektronikunternehmen können über ihre Rohstofflieferketten mit Zwangsarbeit in Verbindung gebracht werden, da einige der Minerale und Metalle, die zur Herstellung elektronischer Komponenten verwendet werden, oft im Zusammenhang mit Zwangsarbeit stehen (z.B. während des Bergbauprozesses) – siehe Abschnitt Bergbau.
Hilfreiche Informationen

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  • Responsible Business Alliance (RBA), Student Workers Management Toolkit: Dieses Toolkit unterstützt das Personalmanagement und andere Führungskräfte bei der verantwortungsvollen Rekrutierung und Anleitung von studentischen Beschäftigten in der Elektronikfertigung.
  • Responsible Minerals Initiative, Material Change: A Study of Risks and Opportunities for Collective Action in the Materials Supply Chains of the Automotive and Electronics Industries: Dieser Bericht untersucht die verantwortungsvolle Beschaffung von Materialien in der Automobil- und Elektronikindustrie, einschließlich der Zusammenhänge mit Zwangsarbeit.
  • OECD, Due Diligence Guidance in the Electronics Sector: Dieser kurze Leitfaden fasst andere OECD-Hilfsmittel zusammen, die für Unternehmen im Elektroniksektor relevant sind.

Mode und Bekleidung

In der Mode- und Bekleidungsindustrie gibt es viele dokumentierte Fälle von Zwangsarbeit, insbesondere in der Herstellungsphase. Die zunehmende Abhängigkeit von Beschäftigten in dieser Branche setzt gefährdete Gruppen wie Migrant:innen und Frauen einem höheren Risiko von Arbeitsrechtsverletzungen, einschließlich Zwangsarbeit, aus. Die Ergebnisse einer Studie von KnowTheChain für die Bekleidungs- und Schuhindustrie aus 2020 zeigen, dass die Bemühungen der untersuchten Unternehmen in der Bekämpfung von Zwangsarbeit trotz einiger Fortschritte in vorherigen Jahren durch die Covid-19-Pandemie konterkariert wurden. Die Studie zeigt, dass die globalen Textilunternehmen durchschnittlich nur 41/100 möglichen Punkten erreichten, wobei Luxusmarken am schlechtesten abschnitten. Diese Ergebnisse verdeutlichen den Nachholbedarf in der Bekämpfung von Zwangsarbeit in globalen Textillieferketten.

Zu den mode- und bekleidungsspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Schwierige Rückverfolgbarkeit: In dieser Branche gibt es viel Subunternehmertum, Outsourcing und Heimarbeit, was eine Rückverfolgung zum Ursprung der Produkte sehr schwierig macht. In einem gemeinsamen Bericht der ILO und der OECD heißt es, dass Outsourcing, insbesondere wenn es illegal geschieht, das Risiko von Zwangsarbeit und Menschenhandel erhöhen kann, da dabei informelle Beschäftigte einbezogen werden, die nicht ins Blickfeld von Auditor:innen oder Arbeitsinspektor:innen geraten.
  • Arbeitsvermittlungen: Outsourcing kann auch die Einbindung von auf dem Arbeitsmarkt tätigen Vermittlungsagenturen umfassen, die ihrerseits weitere Unteraufträge vergeben, wodurch die informelle Arbeit in den Lieferketten noch undurchsichtiger wird. Die Verwendung von Subunternehmen, vor allem von informellen, erhöht das Risiko von Zwangsarbeit, da sie von Beschäftigten oft überhöhte Vermittlungsgebühren verlangen, wodurch diese in Schuldknechtschaft geraten können. Darüber hinaus sind Beschäftigte möglicherweise auch von Reise- und Mobilitätsbeschränkungen, illegalen Lohnabzügen und Strafandrohungen durch Subunternehmen oder Arbeitsvermittler:innen betroffen.
  • Lieferzeiten: Der Druck, der bei den Lieferzeiten in der Bekleidungsindustrie herrscht, ist ein weiterer potenzieller Treiber für Verstöße gegen die Rechte von Beschäftigten. Laut dem gemeinsamen Bericht der ILO und der OECD greifen Zulieferbetriebe unter Zeitdruck auf Outsourcing, Überstunden und/oder informelle Arbeitsverträge zurück, was wiederum das Risiko von Arbeitsrechtsverletzungen, einschließlich Zwangsarbeit, erhöht.
  • Baumwollproduktion: Neben den Wertschöpfungsketten der Textilindustrie und des verarbeitenden Gewerbes besteht auch in der Baumwollproduktion das Risiko der Zwangsarbeit. Obwohl in den letzten zehn Jahren viele Fortschritte zur Beendigung der systematischen Zwangsarbeit in der Baumwollproduktion erzielt wurden, kommt in diesem Industriezweig immer noch staatlich geförderte Zwangsarbeit vor.
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  • OECD, Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie: Dieser Leitfaden soll Mode- und Bekleidungsunternehmen dabei helfen, die in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen enthaltenen Empfehlungen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht umzusetzen, damit die möglichen negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten auf verschiedene Menschenrechte, einschließlich Zwangsarbeit, reduziert und vermieden werden.
  • Grüner Knopf: Ein staatliches Siegel für nachhaltige Textilien der deutschen Regierung, bei dem das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit eines der Zertifizierungskriterien darstellt.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Guide for Employers on Preventing Forced Labour in the Textile and Garment Supply Chains in Viet Nam: Dieser Leitfaden wurde gemeinsam von der vietnamesischen Industrie- und Handelskammer (VCCI) und der ILO entwickelt und soll Führungskräften und Angestellten, die in vietnamesischen Textil- und Bekleidungsunternehmen für das Personalmanagement und die Einhaltung sozialer und rechtlicher Compliance-Themen zuständig sind, als Bezugsrahmen dienen.
  • ILO, 2020 Third-Party Monitoring of Child Labour and Forced Labour During the Cotton Harvest in Uzbekistan: Dieser Bericht enthält aktuelle Erkenntnisse der ILO über die Fortschritte bei der Beseitigung von Zwangs- und Kinderarbeit in Usbekistan.
  • The Know the Chain: Apparel and Footwear Benchmark Report 2021: Dieser Bericht analysiert, wie Bekleidungsunternehmen auf das erhöhte Risiko von Zwangsarbeit während der COVID-19-Pandemie reagiert haben, und stellt fest, dass die 37 größten globalen Unternehmen sich nicht für ausgebeutete Beschäftigte einsetzen.
  • SOMO, Spinning Around Workers‘ Rights: International Companies Linked to Forced Labour in Tamil Nadu Spinning Mills: Dieser Bericht nutzt die von der ILO entwickelten 11 Indikatoren für Zwangsarbeit um die Arbeits- und Lebensbedingungen von Spinnereiarbeiter:innen in Tamil Nadu zu bewerten. Von den 11 Indikatoren erwiesen sich fünf als besonders relevant: Missbrauch von Schutzbedürftigkeit, Täuschung, Einschüchterung und Bedrohung, missbräuchliche Arbeits- und Lebensbedingungen und übermäßige Überstunden.
  • Anti-Slavery International, Sitting on Pins and Needles: A Rapid Assessment of Labour Conditions in Vietnam’s Garment Sector: Dieser Bericht untersucht die Arbeitsbedingungen in der vietnamesischen Bekleidungsindustrie und kommt zu dem Schluss, dass in dieser Branche ein erhebliches Risiko von Zwangsarbeit besteht.
  • Clean Clothes Campaign, Labour Without Liberty: Female Migrant Workers in Bangalore’s Garment Industry: Dieser Bericht beschreibt dass, in indischen Bekleidungsfabriken, die große internationale Marken beliefern, oft Arbeitsmigrant:innen beschäftigt sind, die mit falschen Versprechungen über Löhne und Leistungen angeworben werden und Bedingungen ausgesetzt sind, die moderner Sklaverei entsprechen.
  • Principles for Responsible Investment (PRI), An Investor Briefing on the Apparel Industry: Moving the Needle on Labour Practices: Dieses Briefing bietet institutionellen Investor:innen eine Anleitung zur Identifizierung negativer Einflüsse auf die Menschenrechte in der Bekleidungsindustrie, einschließlich solcher, die Zwangsarbeit betreffen.

Landwirtschaft und Fischerei

Laut einem ILO-Bericht von 2022 sind schätzungsweise 12,3 % der Fälle von ausbeuterischer Zwangsarbeit in der Landwirtschafts- und Fischereiindustrie zu finden. Der Anteil der männlichen Opfer ist mit 68 % mehr als doppelt so hoch wie der der weiblichen Opfer (32 %). Die schwersten Fälle von Zwangsarbeit in der Fischereiwirtschaft führten in der Vergangenheit laut einem Bericht über Zwangsarbeit auf Schiffen der Hochseefischerei im asiatischen Raum zu körperlicher Gewalt bis hin zum Tod. Aus einem Bericht des US-Arbeitsministeriums für das Jahr 2020 geht hervor, dass in der Landwirtschafts- und Fischereiindustrie Produkte wie Baumwolle, Zuckerrohr sowie Fisch und Meeresfrüchte am häufigsten unter Anwendung von Zwangsarbeit gewonnen werden. Kakao ist ein weiterer Agrarrohstoff, der häufig mit Zwangsarbeit in Verbindung gebracht wird.

Zu den landwirtschafts- und fischereispezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Informeller Sektor: Aufgrund der weit verbreiteten informellen Arbeit im Landwirtschafts- und Fischereisektor sind die dort Beschäftigten oft unterbezahlt oder erhalten ihren Lohn verspätet oder gar nicht, wodurch sie in Schuldknechtschaft oder Zwangsarbeit geraten können.
  • Kostendruck: Der Kostendruck im Agrarsektor ist eine der Hauptursachen für die Ausbeutung von Beschäftigten. Niedrige Preise für Agrarprodukte können dazu führen, dass Beschäftigte unterbezahlt und ihre Löhne manipuliert werden. Beschäftigte können auch anderen Elementen der Zwangsarbeit ausgeliefert sein, wie Schuldknechtschaft, körperlicher Gewalt, Drohungen, verbaler Beschimpfungen oder sexuellem Missbrauch.
  • Baumwollproduktion: Staatlich organisierte Zwangsarbeit ist in der Baumwollproduktion sehr geläufig. Berichte über staatlich verordnete Zwangsarbeit in Xinjiang (China) haben die Baumwoll- und Tomatenproduktion in dieser Region in den Fokus gerückt. Die Abschaffung von Zwangs- und Kinderarbeit in Usbekistan ist ein Beispiel dafür, wie Länder durch Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der ILO und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen große Fortschritte erzielen können.
  • Migrantische Beschäftigte: Der Agrarsektor ist traditionell stark von Saison- und Wanderarbeit abhängig. Saison- und Wanderarbeitende sind stärker durch Zwangsarbeit gefährdet indem bspw. Ausweisdokumente einbehalten oder ihre Reise- oder Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Sie können auch von überhöhten Vermittlungsgebühren betroffen sein, durch die sie in Schuldknechtschaft gelangen.
  • Arbeitsvermittlungen: Ein häufiges Merkmal des Agrarsektors ist das Vorhandensein von Arbeitsvermittlungsagenturen. Wenn Agenturen skrupellos oder rechtswidrig vorgehen, kann dies zu einer Reihe von Missbräuchen wie die Nichtauszahlung oder verspätete Zahlung von Löhnen, Einschränkung der Reise- und Bewegungsfreiheit, Gewalt und Drohungen führen.
  • Soziale Isolation: Beschäftigte in der Fischereiindustrie sind oft lange Zeit auf See, außerhalb der Reichweite der nationalen Arbeitsaufsichtsbehörden. Aufgrund der Abgeschiedenheit und Isolation des Arbeitsplatzes sind sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und nicht in der Lage zu entkommen, wenn ein Fischerboot auf See ist.
  • Transhipment: Beim sogenannten „Transhipment“ – dem Umschlag von Waren oder Containern von einem Schiff auf ein anderes – steigt das Risiko von Zwangsarbeit. Die Umschlagtätigkeiten passieren häufig illegal und umfassen den Schmuggel verbotener Waren oder Menschenhandel.
Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • OECD-FAO, Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten: Dieser Leitfaden bietet einen allgemeinen Rahmen, der Unternehmen und Investor:innen helfen soll, eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen und Zwangsarbeit zu erkennen und zu unterbinden. Der Leitfaden ist für Unternehmen in der gesamten landwirtschaftlichen Lieferkette relevant.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • FAO, Regulating Labour and Safety Standards in the Agriculture, Forestry and Fisheries Sectors: Diese Studie gibt Auskunft über internationale Arbeitsnormen, die im landwirtschaftlichen Bereich gelten, einschließlich derjenigen über Zwangsarbeit.
  • ILO, Fishers First: Good Practices to End Labour Exploitation at Sea: Diese Umsetzungshilfe enthält internationale Best-Practice-Beispiele zur Beseitigung von Zwangsarbeit und anderen Formen der Arbeitsausbeutung in der Fischereiindustrie.
  • Fair Labor Association, ENABLE Training Toolkit on Addressing Child Labor and Forced Labor in Agricultural Supply Chains: Dieses Toolkit dient Unternehmen als Leitfaden bei der Erfassung ihrer Lieferketten und zur Abschaffung von Zwangsarbeit in Lieferketten. Es umfasst sechs Schulungsmodule, einen Leitfaden für Moderator:innen, Präsentationsfolien und ein Handbuch für die Teilnehmenden.
  • PRI, From Farm to Table: Ensuring Fair Labour Practices in Agricultural Supply Chains: Dieser Bericht enthält Leitlinien dazu, worauf Investor:innen bei Unternehmen achten sollten, damit diese den Missbrauch von Beschäftigten in ihren landwirtschaftlichen Lieferketten beseitigen.
  • Sustainable Agriculture Initiative (SAI) Platform: Dieses Leitliniendokument zur Zwangsarbeit der SAI Plattform erleichtert die Ausarbeitung von Maßnahmen und Richtlinien gegen Zwangsarbeit.
  • Stronger Together, Tackling Forced Labour in Agri-Businesses Toolkit: Dieses umfassende Toolkit stattet Agrarunternehmen mit wertvollen Informationen und Ressourcen zur Bekämpfung von Zwangsarbeit aus. Es enthält praxisbezogene Ratschläge zu spezifischen Maßnahmen, die in verschiedenen Unternehmensbereichen zu ergreifen sind, um Zwangsarbeit wirksam zu verhindern, aufzudecken und zu bekämpfen.
  • Fairtrade International, Guide for Smallholder Farmer Organisations – Implementing Human Rights and Environmental Due Diligence (HREDD)Dieser Leitfaden dient als Hilfestellung bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse in kleinbäuerlichen Organisationen.

Gastgewerbe

Das Hotel- und Gaststättengewerbe steht im Zusammenhang mit erheblichen Zwangsarbeitsrisiken. Die ILO schätzt in einem Bericht aus 2017, dass 10% der Fälle von Zwangsarbeit auf diesen Sektor entfallen. Dabei sind Frauen mit einem Anteil von 92% sehr viel wahrscheinlicher von Zwangsarbeit betroffen, als Männer.

  • Ein Großteil des Gastgewerbes ist auf die Auslagerung von Dienstleistungen wie Reinigung, Wartung und Sicherheit angewiesen. Beschäftigte, die durch Outsourcing-Methoden angeworben werden, z.B. durch Subunternehmen oder Dritte, sind häufig nicht sozial abgesichert und werden bei der Entlohnung diskriminiert, was das Risiko für Zwangsarbeit erhöht.
  • Bei Errichtung von Hotels werden häufig Arbeitsmigrant:innen eingesetzt, die über externe Vermittlungsagenturen angeworben werden. Bei diesen Beschäftigten besteht die Gefahr, dass sie aufgrund überhöhter Vermittlungsgebühren in Schuldknechtschaft geraten.
Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Guidelines on Decent Work and Socially Responsible Tourism: Diese Leitlinien bieten praktische Informationen für die Entwicklung und Umsetzung von Strategien und Programmen zur Förderung eines nachhaltigen Tourismus und zur Stärkung des Arbeitsschutzes, einschließlich Maßnahmen gegen Zwangsarbeit.
  • Sustainable Hospitality Alliance, Risks of Modern Slavery in Labour Sourcing Training: Dieses Online-Schulungsmodul wurde von und für die Hotelbranche entwickelt, um das Bewusstsein für die Risiken moderner Sklaverei im Gastgewerbe zu schärfen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Rekrutierung von Beschäftigten und Auftragnehmer:innen.
  • Sustainable Hospitality Alliance, Guidelines for Checking Recruitment Agencies: Dieser Leitfaden hilft Hotels, verantwortungsvolle Geschäftspraktiken einzuführen und das Risiko des Menschenhandels in ihrer Lieferkette zu verringern. Dabei liegt der Fokus auf notwendigen Kontrollen und Verfahren bei der Beauftragung privater Arbeitsvermittler:innen zur Einstellung von Beschäftigten.

Bergbau

Zwangsarbeit findet in Bereichen des Kleinbergbaus (engl.: artisinal and small-scale mining – ASM) statt, der weitgehend informell und sehr arbeitsintensiv ist. Der Abbau von Konfliktmineralen, wie Tantal, Zinn, Wolfram und Gold, sowie anderen Mineralen, wie vor allem Kobalt, wird mit Zwangsarbeit in Verbindung gebracht. Ein Bericht des US-Arbeitsministeriums für das Jahr 2022 lässt darauf schließen, dass auch Kohle, Granit, Kies, Eisen und Diamanten im Zusammenhang mit Zwangsarbeit stehen.

Zwangsarbeit gibt es auch bei der Öl- und Gasförderung sowie der Infrastrukturerschließung, etwa beim Bau von Pipelines und Bohrinseln.

 

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • OECD, Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten: In diesem OECD-Leitfaden wird Zwangsarbeit bei der Gewinnung, dem Transport oder dem Handel von Mineralen als eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung erkannt. Der Leitfaden enthält zudem praktische Maßnahmen zur Erkennung und Bekämpfung jeglicher Form der Zwangsarbeit in den Lieferketten für Minerale und Metalle und wie Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen können.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • Responsible Jewellery Council (RJC), Responsible Jewellery Council Standards Guidance: Dieser Leitfaden bietet RJC-Mitgliedern einen Ansatz zur Umsetzung der verbindlichen Anforderungen des Verhaltenskodex des RJC, einschließlich der Abschaffung von Zwangsarbeit im Bergbau.
  • Responsible Minerals Initiative, Material Change: A Study of Risks and Opportunities for Collective Action in the Materials Supply Chains of the Automotive and Electronics Industries: Dieser Bericht untersucht die verantwortungsvolle Beschaffung von Materialen in der Automobil- und Elektronikindustrie, einschließlich im Zusammenhang mit Zwangsarbeit. Die Responsible Minerals Initiative bietet Bergbauunternehmen darüber hinaus weitere hilfreiche Informationen zu verschiedenen Schritten der menschenrechtlichen Sorgfalt in ihren Betrieben.
  • International Organization for Migration (IOM), Remediation Guidelines for Victims of Exploitation in Extended Mineral Supply Chains: Diese Leitlinien bieten konkrete, praxisnahe Umsetzungshilfen für nachgelagerte Unternehmen und ihre Geschäftspartner:innen, um sicherzustellen, dass Opfer von Ausbeutung angemessen geschützt und unterstützt werden.
  • International Council on Mining and Metals (ICMM), Human Rights: Eine Reihe von Umsetzungshilfen, einschließlich Leitlinien, Schulungsmaterialien und Fallstudien, zu bewährten Verfahren im Umgang mit Menschenrechten im Bergbau- und Metallsektor.
  • Ipieca, Company and Supply Chain Labour Rights Toolkit:  Ipieca, der globale Erdöl- und Erdgasverband, hat eine Reihe praktischer Informationen entwickelt, die Unternehmen dabei helfen sollen, Arbeitsrechtsrisiken in ihren Betrieben und Lieferketten wirksam zu erkennen, zu verhindern und zu mindern.
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