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Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Jeden Tag sterben im Schnitt 7.500 Menschen infolge unsicherer und ungesunder Arbeitsbedingungen. Viele weitere entwickeln langanhaltende körperliche und psychische Erkrankungen.

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Überblick

Was ist Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz?

Bei Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit – auch bekannt als Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz – geht es um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsumfelds, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und bei arbeitsbedingten Verletzungen für Schadenersatz zu sorgen.

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz werden auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene gesetzlich geregelt und gelten nicht nur für typischerweise gefährliche Tätigkeiten, wie Arbeiten in großer Höhe oder mit Chemikalien, sondern für alle Arbeitsstätten, einschließlich Büros. Arbeitsschutzgesetze und -vorschriften enthalten auch die Bestimmung, dass Unternehmen die Tätigkeit und den Arbeitsort an die Fähigkeiten der Beschäftigten unter Berücksichtigung ihrer körperlichen und geistigen Gesundheit anpassen müssen.

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind integrale Bestandteile des Rechts auf den höchsten erreichbaren Standard körperlicher und geistiger Gesundheit (oder einfacher ausgedrückt: das Recht auf Gesundheit), das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR), dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt, IPwskR) und vielen anderen internationalen Menschenrechtsübereinkommen garantiert wird. Darüber hinaus gelten gesunde und sichere Arbeitsbedingungen zu den grundlegenden Bestimmungsfaktoren für Gesundheit – das heißt, sie sind Voraussetzung für eine effektive Wahrnehmung des Rechts auf Gesundheit.

Was ist die Herausforderung?

Die Herausforderung für verantwortungsbewusste Unternehmen besteht darin, zu gewährleisten, dass die Arbeitsplätze für alle Beschäftigten an ihren Unternehmensstandorten und in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten sicher sind, insbesondere wenn sie in Ländern tätig sind, in denen der nationale Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie der Arbeitsunfallschutz unzureichend sind oder in denen es auf nationaler Ebene und am Arbeitsplatz keine Kultur der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes gibt.

Verantwortungsbewusste Unternehmen können in Situationen geraten, in denen ihre eigenen Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen und -standards von Zulieferbetrieben oder Geschäftspartner:innen nicht erfüllt werden können, weil es in dem Land an Ausrüstung oder Ressourcen mangelt, oder weil sie nicht bereit sind, Standards einzuführen, die über die Einhaltung lokaler Gesetze hinausgehen und als unnötige Ausgaben angesehen werden. Darüber hinaus kann die Anpassung des Arbeitsplatzes oder der Arbeitsaktivitäten an die individuellen Bedürfnisse der Beschäftigten eine Herausforderung darstellen, da verschiedene Beschäftigten auch unterschiedliche Anforderungen haben.

Verbreitung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Nach Schätzungen der ILO kommen jedes Jahr 2,78 Millionen Beschäftigte durch Arbeitsunfälle und berufsbedingte Krankheiten ums Leben und weitere 374 Millionen Beschäftigte erleiden nicht-tödliche Arbeitsunfälle. Dies entspricht 7.500 Todesfällen täglich, die durch unsichere und ungesunde Arbeitsbedingungen verursacht werden. Davon sind 6.500 auf arbeitsbedingte Erkrankungen und 1.000 auf Arbeitsunfälle zurückzuführen. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Schätzung, da viele Todesfälle oder Verletzungen am Arbeitsplatz den zuständigen Behörden nicht gemeldet werden. Auch langfristige arbeitsbedingte Erkrankungen oder Todesfälle (z. B. Erkrankungen der Atemwege oder Krebserkrankungen, die durch die Arbeit mit Chemikalien verursacht wurden) werden möglicherweise nicht gemeldet, da eine Erkrankung oder der Tod viele Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintreten können.

Viele Beschäftigte leiden auch unter psychischen Problemen wie Angst oder Stress, die durch die berufliche Tätigkeit und das Arbeitsumfeld verursacht oder verschlimmert werden können. Dies kann auch zu Langzeiterkrankungen oder Fehltagen aufgrund psychischer Probleme führen. Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) deuten darauf hin, dass der Weltwirtschaft durch Produktivitätsausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen jedes Jahr Kosten in Höhe von über 1 Billion US-Dollar entstehen.

Zu den wichtigsten Trends zählen:

  • Berufsbedingte Todesfälle und Krankheit sind nicht gleichmäßig über Länder und Regionen, Industrien und Berufe verteilt. Schätzungsweise zwei Drittel (65 %) der weltweiten arbeitsbedingten Todesfälle treten in Asien auf, gefolgt von Afrika (11,8 %), Europa (11,7 %), Amerika (10,9 %) und Ozeanien (0,6 %). Die Quote der tödlichen Arbeitsunfälle pro 100.000 Beschäftigte weist ebenfalls starke regionale Unterschiede auf, wobei die Quote in Afrika und Asien vier- bis fünfmal höher ist als in Europa.
  • In der verarbeitenden Industrie, im Baugewerbe sowie im Transport- und Lagerwesen passieren die meisten arbeitsbedingten Unfälle. In diesen hochgefährlichen Sektoren wie auch in anderen Bereichen verteilen sich die arbeitsbedingten Verletzungen nicht gleichmäßig auf die Belegschaft. Am stärksten von arbeitsbedingten Verletzungen betroffen sind Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen (Zeit-, Gelegenheits- oder Teilzeitbeschäftigte), in informellen Beschäftigungsverhältnissen, in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie Beschäftigte, die diskriminiert und ausgegrenzt werden (z. B. Saison- und Wanderarbeitende, junge Beschäftigte sowie Angehörige ethnischer Minderheiten und rassistisch diskriminierte Beschäftigte).
  • Die globale COVID-19-Pandemie hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Aufgrund der COVID-19-Risiken mussten sich Unternehmen an die von den Regierungen in aller Welt erlassenen Beschränkungen anpassen, um die Sicherheit ihrer Belegschaft zu gewährleisten. Dazu gehörte, dass Beschäftigte nach Möglichkeit von zu Hause aus arbeiten konnten, dass Schichtpläne erstellt wurden, die „Social Distancing“ ermöglichen und strengere Reinigungs- und Hygienevorschriften für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz eingeführt wurden. Diese Vorkehrungen dauern weiterhin an und in einigen Branchen (z. B. bei professionellen Dienstleistungen) ist eine flexiblere, ortsferne Arbeitsweise entstanden, was neue Herausforderungen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz mit sich bringt, u. a. was die Sicherstellung einer geeigneten Ausrüstung für Beschäftigte, die von zu Hause aus arbeiten, betrifft. Es kam auch zu einer Zunahme von psychischen Problemen, da sich Beschäftigte isoliert fühlen und Arbeit und Privatleben nicht mehr klar voneinander trennen können.
  • Die Berücksichtigung und der Schutz der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz spielen im betrieblichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmanagement eine immer größere Rolle. Psychische Probleme, wie arbeitsbedingter Stress oder Depressionen, wirken sich nicht nur auf eine einzelne Person aus, sondern führen auch zu Produktivitätsverlusten im Unternehmen. Während in einigen Ländern das Thema der psychischen Gesundheit immer noch als Tabu oder kontrovers gilt, unterstützen andere Unternehmen bereits proaktiv Konzepte zur Förderung der psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens der Beschäftigten.
  • Die Weltbank schätzt, dass etwa 1 Milliarde Menschen – 15 % der Weltbevölkerung – mit einer Behinderung leben. Arbeitsschutzmanagement wird daher zunehmend auf körperliche Beeinträchtigungen, wie Blindheit oder andere körperliche Einschränkungen, sowie auf kognitive Beeinträchtigungen, wie Autismus, Legasthenie oder Lernschwächen, ausgerichtet. Die ILO betont, dass Unternehmen, die auf inklusive Arbeitsbedingungen achten, mit größerer Wahrscheinlichkeit eine positive Arbeitsmoral, ein hohes Produktivitätsniveau und eine vielfältigere Belegschaft vorweisen.

Auswirkungen auf Unternehmen

Risiken für Sicherheit und Gesundheit bestehen zwar an allen Arbeitsorten, aber in Ländern mit begrenzten Ressourcen, einem schwachen Rechtsrahmen, unzureichender Durchsetzung und wenig Unterstützungsangeboten sind sie besonders hoch. Dies wird häufig durch die Abwesenheit einer präventiven Sicherheits- und Gesundheitskultur sowohl auf nationaler als auch auf betrieblicher Ebene und durch das Fehlen von Schutzmaßnahmen gegen Verletzungen am Arbeitsplatz verstärkt. Unternehmen können von Arbeits- und Gesundheitsschutzproblemen in ihren Betriebsabläufen und Lieferketten auf vielfältige Weise betroffen sein:

  • Physisches Risiko: Zu den Unfällen im Zusammenhang mit Sicherheit und Gesundheitsschutz können größere Vorfälle wie Brände, Explosionen oder Einstürze von Gebäuden gehören, bei denen nicht nur Beschäftigte verletzt, sondern auch Eigentum zerstört und beschädigt wird, was mit erheblichen Kosten für Unternehmen verbunden ist.
  • Reputations- und Markenrisiko: Negative Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften, Konsument:innen, Medien und anderen Interessensgruppen können zu Umsatzeinbußen und/oder Markenerosion führen.
  • Finanzielles Risiko: Eine Veräußerung durch oder ein Abwenden von Investor:innen und anderen Geldgebenden – von denen viele zunehmend Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (engl.: Environmental, Social and Governance – ESG) in ihre Entscheidungsfindung miteinbeziehen – kann zu einem eingeschränkten oder teureren Zugang zu Kapital und einem geringeren Unternehmenswert führen.
  • Rechtliches Risiko: Gegen das Unternehmen können rechtliche Ansprüche geltend gemacht werden und es kann strafrechtlich belangt werden, wenn Beschäftigte verletzt oder getötet werden.
  • Operationelles Risiko: Unfälle im Zusammenhang mit Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und die damit verbundene Medienberichterstattung und/oder Boykotte können zu höheren Kosten führen und/oder die Aufrechterhaltung des Betriebs beeinträchtigen. Unternehmen können darauf reagieren, indem sie Lieferverträge kündigen und/oder ihre Beschaffungsaktivitäten in Länder mit geringerem Risiko verlagern.

Auswirkungen auf die Menschenrechte

Unzureichende Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz können Auswirkungen auf eine Reihe von Menschenrechten haben.[1] Dazu zählen unter anderem:

  • Recht auf Leben und Sicherheit der Person (Art. 3 AEMR): Dieser Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) bekräftigt das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person. Unzureichende Praktiken und Vorgehensweisen im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz können sich auf die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten auswirken und im schlimmsten Fall das Grundrecht auf Leben gefährden.
  • Recht auf Gesundheit (Art. 25 AEMR, Art. 12 Sozialpakt): Diese Artikel bestimmen das Recht eines jeden Menschen auf das Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit, das ausdrücklich mit der Verbesserung der „Arbeitshygiene“ sowie mit der Vorbeugung, Behandlung und Bekämpfung von berufsbedingten Krankheiten verbunden ist. Das Recht auf Gesundheit kann durch ein ungesundes oder gefährliches Arbeitsumfeld beeinträchtigt werden. Sowohl einmalige Unfälle als auch langfristige Arbeitsbedingungen können sich negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden eines Menschen, einschließlich der psychischen Gesundheit, auswirken.
  • Recht auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen (Art. 23 AEMR, Art. 7 Sozialpakt): Das Recht eines jeden Menschen auf sichere und gesunde, angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen wird ebenfalls als integraler Bestandteil des Rechts auf Arbeit angesehen, zu dem auch das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen zählt. Dies setzt voraus, dass Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und berufsbedingten Erkrankungen ergriffen werden.
Sustainable Development Goals (SDGs)

Die folgenden SDGs beziehen sich auf Sicherheit und Gesundheit:

  • SDG 3 („Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“), Zielvorgabe 3.9: Bis 2030 die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen aufgrund gefährlicher Chemikalien und der Verschmutzung und Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden erheblich verringern.
  • SDG 8 („Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“), Zielvorgabe 8.8: Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
  • SDG 16 („Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen“), Zielvorgabe 16.6: Leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.

Hilfreiche Informationen

Die folgenden Quellen und Umsetzungshilfen bieten weitere Informationen dazu, wie sich Unternehmen verantwortungsvoll mit Risiken für Sicherheit und Gesundheit in ihrem Geschäftsbereich und in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten auseinandersetzen können:

  • ILO und United Nations Global Compact, Nine Business Practices for Improving Safety and Health Through Supply Chains and Building a Culture of Prevention and Protection (engl.): Dieser Bericht nennt Vorgehensweisen, die Unternehmen umsetzen können, um menschenwürdige Arbeit zu fördern und Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz weltweit zu verbessern, insbesondere wenn sie in Ländern mit unzureichenden Sicherheits- und Gesundheitsstandards und begrenzten Arbeitsunfallschutzmaßnahmen tätig sind.
  • ILO, Occupational Safety and Health in Global Value Chains Starterkit (engl.): Dieses Tool bietet einen Leitfaden für Verbesserungen im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatzt unter Einbeziehung von Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette. Zudem bietet es Praxisbeispiele aus der Landwirtschaft und der Bekleidungsindustrie.
  • ISO, 45001: Occupational Health and Safety Standard (engl.): Der erste internationale Standard für Sicherheit und Gesundheit, der auf der Norm OHSAS18001 aufbaut und ähnlich strukturiert ist wie andere ISO-Managementsysteme (z.B. ISO 14001 oder ISO 9001).
  • The Institution of Occupational Safety and Health (IOSH), Delivering a Sustainable Future (engl.): Dieser Bericht verbindet die Schlüsselelemente des Arbeitsschutzmanagements mit den SDGs.
  1. Mit der Einführung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Achtung der Menschenrechte verlagern die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl.: UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs) den Fokus von Auswirkungen auf Unternehmen hin zu Auswirkungen auf (potenziell) Betroffene. Weitere Informationen zu den UNGPs finden Sie im Abschnitt Sicherheit und Gesundheit im Sorgfaltsprozess adressieren“.

Definition und rechtliche Instrumente

Definition

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ist laut ILO die „Disziplin, die sich mit der Vermeidung von arbeitsbedingten Verletzungen und Krankheiten sowie mit dem Schutz und der Förderung der Gesundheit der Arbeitnehmern befasst“, wobei die Gesundheit „das soziale, geistige und körperliche Wohlbefinden der Arbeitnehmer umschließt“.

Die WHO hat verschiedene Begriffsbestimmungen von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zusammengefasst und beschreibt Arbeits- und Gesundheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz. Dazu zählen:

  • Schutz und Förderung der Gesundheit der Beschäftigten durch die Vermeidung und Bekämpfung von Krankheiten und Unfällen sowie durch die Beseitigung arbeitsbedingter Bedingungen, die die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gefährden
  • Entwicklung und Förderung gesunder und sicherer Arbeit, Arbeitsumgebungen und Arbeitsorganisationen
  • Verbesserung des körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens der Beschäftigten sowie Aufrechterhaltung und Entwicklung der Arbeitsfähigkeit und der beruflichen und sozialen Entwicklung am Arbeitsplatz
  • Beschäftigten ein sozial und wirtschaftlich produktives Leben ermöglichen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten

Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind integrale Bestandteile „menschenwürdiger Arbeit“, die von der ILO als das “Recht auf produktive Arbeit unter Bedingungen der Freiheit, Gleichheit, Sicherheit und Würde“ definiert wird. Die ILO erklärt, dass Arbeit „nur dann menschenwürdig sein kann, wenn sie sicher und gesund ist“. Programme für betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz sollten daher für gesunde und sichere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten sorgen, wozu auch besondere Vorkehrungen oder Einrichtungen für Beschäftigte mit bestimmten Bedürfnissen aufgrund von Behinderungen oder anderen persönlichen Umständen, wie Schwangerschaft oder psychischen Erkrankungen, gehören. Ein völlig risikofreies Arbeitsumfeld gibt es jedoch nicht. Aus diesem Grund sollten zu den Vorkehrungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auch Entschädigungen und medizinische Versorgung gehören, die Beschäftigten oder ihren Familien im Falle eines Arbeitsunfalls oder einer beruflich bedingten Erkrankung zur Verfügung stehen.

Ursachen für Verletzungen am Arbeitsplatz

  • Unfälle: Unfälle variieren je nach Arbeitsort und der Art des Vorfalls. Zu den häufigsten Unfällen am Arbeitsplatz gehören Ausrutschen, Stolpern, Stürze, Schnitt- und Platzwunden, Unfälle und Kollisionen mit Fahrzeugen sowie Verbrennungen.
  • Gefahren und gefährliche Stoffe: Gefahrenexposition kann einen einmaligen Vorfall (z. B. einen Sturz aus der Höhe) verursachen oder längerfristige Probleme hervorbringen, z. B. Atemwegserkrankungen durch das Einatmen gefährlicher Chemikalien über einen längeren Zeitraum. Zu den häufigsten Gefahren gehören der Kontakt mit Chemikalien, Metallelementen, Staub, Kieselerde, Lärm, hellem Licht und Gasen. Welche Stoffe als gefährlich gelten, richtet sich in der Regel nach den Gesetzen des Landes, in dem sie eingesetzt werden. Es gibt jedoch internationale Leitlinien zur Anerkennung von Berufskrankheiten aufgrund der Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen, die von der ILO bereitgestellt werden.
  • Muskel-Skelett-Erkrankungen und Schädigungen durch wiederholte Belastung: Diese Verletzungen entstehen durch die manuelle Handhabung von Gegenständen bei der Arbeit. Dies kann vom Heben schwerer Lasten bis zum langen Sitzen vor dem Computer reichen. Unkorrekt ausgeführte, sich wiederholende Bewegungen und Belastungen können auch zu Langzeitschäden wie Nerven-, Gelenk- und Muskelerkrankungen führen.
  • Übertragbare Krankheiten: Beschäftigte riskieren die Ansteckung mit übertragbaren Krankheiten aufgrund der Arbeitsbedingungen, z. B. Arbeit im Freien oder Umzug für die Ausübung des Berufs. Zu den häufigsten und beschwerlichsten übertragbaren Krankheiten gehören Malaria, Tuberkulose, HIV/AIDS und – seit 2019 – COVID-19. Es können auch andere örtlich begrenzte übertragbare Krankheiten, wie Magenviren oder Grippe, auftreten, wenn Beschäftigte eng beieinander arbeiten oder Ausrüstung und Räume miteinander teilen.
  • Psychische Erkrankungen: Psychische Erkrankungen können verschiedene Ursachen haben, aber Faktoren am Arbeitsplatz können sie begünstigen oder auslösen. Stress und Angstzustände können durch Situationen am Arbeitsplatz, wie überlange Arbeitszeiten, unsichere Arbeitsbedingungen oder Mobbing, entstehen.

Rechtliche Instrumente

ILO-Übereinkommen

Im Juni 2022 wurde die ILO-Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (1998) dahingehend geändert, dass „eines sicheren und gesunden Arbeitsumfeldes“ als ein grundlegendes Recht bei der Arbeit aufgenommen wurde. Folglich wurden auch die ILO-Erklärung über soziale Gerechtigkeit für eine faire Globalisierung (2008) und der Globale Beschäftigungspakt (2009) entsprechend geändert.

Die beiden ILO-Kernarbeitsnormen, die die grundlegenden Prinzipien und Rechte im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beschreiben und als Grundlage für die in anderen Instrumenten beschriebenen weitergehenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen dienen, sind die folgenden:

Alle Mitgliedstaaten, auch wenn sie diese beiden Übereinkommen nicht ratifiziert haben, sind allein aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der ILO verpflichtet, die Prinzipien des grundlegenden Rechts auf ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld nach Treu und Glauben und im Einklang mit der ILO-Verfassung zu achten, zu fördern und umzusetzen.

Zusätzlich hat die ILO mehr als 40 Normen verabschiedet, die sich speziell mit der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz befassen, sowie über 40 Codes of Practice, die das Thema für eine Reihe von Branchen spezifizieren. Zu den wichtigsten Instrumenten für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz gehören die folgenden:

Unternehmen können in den für ihre Branche relevanten Übereinkommen nachlesen, was die Länder, die diese Übereinkommen ratifiziert haben, umsetzen sollten und was von Unternehmen erwartet wird. Unternehmen können auch in die branchenspezifischen Codes of Practice der ILO berücksichtigen, wie zum Beispiel:

Andere relevante ILO-Übereinkommen zu Sicherheit und Gesundheit

Zu den ILO-Übereinkommen über Sicherheit und Gesundheit in bestimmten Wirtschaftszweigen gehören die folgenden:

Es gibt auch Normen und Übereinkommen, die sich mit bestimmten Arbeitssituationen befassen, z. B. mit dem Umgang mit schädlichen Chemikalien oder Unfällen. Zu den wichtigsten gehören:

Ergänzend hat die ILO auch spezifische Übereinkommen zum Schutz der Arbeitnehmer:innen im Fall von arbeitsbedingten Verletzungen verabschiedet:


Andere rechtliche Instrumente

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl.: UN Guiding Principles on Business and Human RightsUNGPs oder UN-Leitprinzipien) setzen den globalen Standard hinsichtlich der Verantwortung von Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Geschäftsbeziehungen. Von Staaten fordern die UN-Leitprinzipien, einen „smart mix“ aus nationalen und internationalen, verpflichtenden und freiwilligen Maßnahmen zu erwägen, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen zu fördern. Die UN-Leitprinzipien sind rechtlich nicht verbindlich, bilden aber die Grundlage vieler Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfalt.

Regionale und nationale Rechtsvorschriften

Gesetze zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind weltweit unterschiedlich und die einzelnen Länder erlassen und setzen ihre eigenen Gesetze durch. Auch regionale Gesetze und Verordnungen sind zu berücksichtigen, z. B. die Richtlinien der Europäischen Union über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Zwischen verschiedenen Branchen und Tätigkeitsbereichen gibt es große Unterschiede bei den Anforderungen an die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Sie hängen von den Risiken und Tätigkeiten ab, denen Beschäftigte ausgesetzt sind bzw. ausführen. Unternehmen sollten die Arbeits- und Gesundheitsschutzgesetze in den Ländern, in denen sie tätig sind, überprüfen und von ihren Zulieferbetrieben verlangen, dass sie alle nationalen Rechtsvorschriften einhalten. Ausführliche Informationen über die Rechtsvorschriften in einzelnen Länder finden Unternehmen in den Datenbanken LEGOSH und NORMLEX der ILO, die Informationen über die Ratifizierung der ILO-Übereinkommen durch einzelne Länder und Links zu nationalen Rechtsvorschriften enthalten.

Unternehmen sind zunehmend zur Einrichtung von Sorgfaltsprozessen und der Angabe nichtfinanzieller Informationen verpflichtet. In einigen Ländern schreiben Gesetze eine menschenrechtsbezogene Berichterstattung, Sorgfaltsprozesse und andere rechtliche Pflichten vor, darunter der United Kingdom Modern Slavery Act 2015, der Australian Modern Slavery Act 2018, der California Transparency in Supply Chains Act, das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Frankreich, das Norwegische Transparenzgesetz (2022) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

2021 wurde im niederländischen Parlament außerdem ein Gesetzesentwurf über verantwortungsvolle und nachhaltige internationale Unternehmensführung eingebracht. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission 2021 eine Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (engl.: Corporate Sustainability Due Diligence Directive  – CSDDD) angekündigt, die voraussichtlich zwischen 2025 und 2027 in Kraft treten wird und menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprozesse für große Unternehmen vorschreibt.

Einige dieser Gesetze verlangen von Unternehmen, dass sie Sorgfaltsprozesse zur Ermittlung potenzieller und tatsächlicher nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte, einschließlich in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, einrichten, die negativen Auswirkungen adressieren und öffentlich über ihre Bemühungen berichten. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen könnte für Unternehmen ein rechtliches Risiko bedeuten.

Themenspezifische Risikofaktoren

Die Vermeidung unzureichenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz erfordert ein Verständnis der zugrunde liegenden Ursachen und die Berücksichtigung eines breiten Spektrums an Themen, die sich häufig überschneiden und gegenseitig beeinflussen.

Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:

  • Schwache nationale Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften am Arbeitsplatz, fehlende Kapazitäten der Behörden zur Entwicklung und Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen und -programmen oder schlecht entwickelte Qualifikationsrahmen für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit, die zu einem Mangel an Fachkräften und Dienstleistungen in dem Bereich führen.
  • Unzureichender Rechtsrahmen, der möglicherweise nicht alle Sektoren, Berufsgruppen oder arbeitsbedingten Gefährdungen angemessen abdeckt.
  • Eine Mangelhafte Durchsetzung der nationalen Gesetze kann zu einer unzureichenden Arbeitsweise der Aufsichtsbehörden, schlecht geplanten Inspektionen und einer nicht ausreichenden Ausbildung der Inspektor:innen sowie möglicherweise zu Korruption führen.
  • Die bestehende Arbeitskultur räumt der Prävention unter Umständen keinen hohen Stellenwert ein. Wenn gefährliche Tätigkeiten und Stoffe nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet oder erklärt werden, wissen Beschäftige möglicherweise nicht, welchen Risiken und Gefahren sie ausgesetzt sind.
  • Ein Mangel an menschenwürdiger Arbeit kann dazu führen, dass Arbeitsuchende aus Verzweiflung jede ihnen angebotene Arbeit annehmen und gefährliche oder gesundheitsschädliche Tätigkeiten verrichten.
  • Ein hoher Anteil an Beschäftigten in der informellen Wirtschaft kann die Rückverfolgung von Lieferketten erschweren und stellt Unternehmen bei der Umsetzung von Gesundheits- und Arbeitsschutzvorkehrungen vor große Herausforderungen. Außerdem melden informell Beschäftigte Risiken oder Probleme bei der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz unter Umständen nicht, weil sie den Verlust ihrer Arbeitsstelle befürchten.
  • Diskriminierung oder kulturelle Stigmatisierung können dazu führen, dass Beschäftigte Behinderungen oder Einschränkungen vor Arbeitgeber:innen verbergen, oder dass Arbeitgeber:innen keine angemessenen Schutzmaßnahmen für Menschen mit Behinderungen umsetzen und deshalb diese nicht einstellen.

Branchenspezifische Risikofaktoren

Sicherheits- und Gesundheitsrisiken bestehen in allen Branchen und Sektoren. Alle Beschäftigten haben das Recht auf Gesundheit und Gesundheitsrisiken bestehen im täglichen Leben für alle Menschen, auch am Arbeitsplatz. Auch bei Tätigkeiten, die auf den ersten Blick nicht besonders gefährlich erscheinen, wie beispielsweise Büroarbeit, können Risiken für die Sicherheit und Gesundheit bestehen, z. B. durch Stürze über Büromaschinen, Rückenschmerzen durch das Arbeiten am Computer oder Brandgefahr in Gebäuden. Die ILO bietet ein hilfreiches Lexikon über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, das hier abgerufen werden kann.

In den folgenden Branchen ist das Risiko für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz besonders hoch. Um mögliche Risiken in anderen Branchen zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Landwirtschaft

Nach Angaben der ILO gehört die Landwirtschaft zu den drei gefährlichsten Branchen (neben dem Baugewerbe und dem Bergbau) und ist mit weltweit über 1,3 Mrd. Beschäftigten ein bedeutender Wirtschaftszweig. Die Sicherheits- und Gesundheitsrisiken sind für informelle/illegal Beschäftigte höher als für formell Beschäftigte, da für sie die Wahrscheinlichkeit, dass Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen getroffen werden, geringer ist.

Zu den agrarspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Körperliche und händische Arbeit: Viele Tätigkeiten in der Landwirtschaft erfordern körperliche Arbeit oder Handarbeit und finden oft im Freien statt. Dies bringt unmittelbare physische Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten mit sich, da diese ohne entsprechende Schulung oder Schutzmaßnahmen durch Witterungseinflüsse, Erschöpfung oder wiederholte körperliche Bewegungen und Überanstrengung erkranken könnten.
  • Schädliche Chemikalien: Bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten kommen häufig Chemikalien zum Einsatz, die für die Beschäftigten schädlich sein können, insbesondere wenn keine Schutzausrüstung bereitgestellt wird. Düngemittel und Pestizide können Erkrankungen der Atemwege verursachen und im Extremfall tödlich sein.
  • Frauen: Frauen sind bei der Arbeit mit Chemikalien und Pestiziden besonders gefährdet, da viele Chemikalien die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder bei schwangeren Frauen schädliche Auswirkungen auf den Fötus haben. Frauen in der Landwirtschaft sind zudem sexueller Belästigung und Gewalt ausgesetzt.
  • Maschinen und Geräte: Für viele Tätigkeiten in der Landwirtschaft sind Maschinen oder Geräte erforderlich, z. B. Kettensägen in der Forstwirtschaft, Macheten bei der manuellen Zuckerrohrernte oder Traktoren im Ackerbau. Diese Maschinen können Unfälle und Verletzungen verursachen, wenn sie nicht richtig ausgewählt und gewartet werden und/oder Beschäftigte nicht ausreichend geschult werden und über mangelhafte oder keine Schutzausrüstung verfügen.
  • Saisonale Arbeit: Die Arbeit in der Landwirtschaft ist oft saisonabhängig und viele Beschäftigte werden nach ihrer erbrachten Leistung bezahlt und erhalten keinen festen Lohn. Dies kann dazu führen, dass Beschäftigte lange Arbeitszeiten in Kauf nehmen und sich überanstrengen (z. B. durch das Tragen schwerer Lasten), um mehr Einkommen zu erzielen. Dadurch kann es nicht nur zu physischen Sicherheits- und Gesundheitsrisiken kommen, sondern auch zu psychischen Erkrankungen durch Stress und Erschöpfung.
  • Enger Kontakt: Saison- und Wanderarbeit können das Risiko der Ausbreitung übertragbarer Krankheiten ebenfalls erhöhen, da die Beschäftigten oft in engem Kontakt leben und arbeiten. Aus Berichten geht hervor, dass die Unterkünfte von Saison- und Wanderarbeitenden während der weltweiten Pandemie ein „Hot Spot“ für die Übertragung von COVID-19 waren (und immer noch sind). Gleiches gilt auch für andere übertragbare Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/AIDS.
  • Abgelegene Gebiete: Viele landwirtschaftliche Tätigkeiten finden in abgelegenen Gebieten statt, in denen es schwer ist, für angemessene Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen zu sorgen. Einige Unternehmen nutzen die Abgelegenheit der Standorte aus und sorgen dort nicht für einen angemessenen Sicherheits- und Gesundheitsschutz, da sie darauf spekulieren, dass Arbeitsinspektor:innen nicht in diese entfernen Orte fahren.
  • Kinderarbeit: Kinder, die noch nicht im arbeitsfähigen Alter sind, werden möglicherweise in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt, wo sie auch gefährliche Tätigkeiten ausüben. Jüngsten Schätzungen der ILO zufolge kommt Kinderarbeit in ländlichen Regionen etwa dreimal so häufig vor wie in städtischen Gebieten. Für viele junge Kinder ist die Landwirtschaft oft der Einstieg in den Arbeitsmarkt.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • OECD-FAO, Guidance for Responsible Agricultural Supply Chains: Dieser Leitfaden bietet einen allgemeinen Rahmen, der Unternehmen helfen soll, eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen und negative Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu erkennen und zu unterbinden. Der Leitfaden ist für Unternehmen in der gesamten landwirtschaftlichen Lieferkette relevant.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Occupational Safety and Health in Agriculture, on Plantations, and in Other Rural Sectors: Verschiedene Informationen der ILO zum Thema Sicherheit und Gesundheit in der Landwirtschaft.
  • ILO, Safety and Health in Agriculture: Dieser Verhaltenskodex bietet einen Leitfaden zur Umsetzung von Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen in der Landwirtschaft und in Agrarlieferketten, einschließlich Notfallvorsorge und Schutzausrüstung.
  • ILO, Food and Agriculture Global Value Chains: Drivers and Constraints for Occupational Safety and Health Improvement: Dieser umfassende Leitfaden enthält Informationen zu Arbeits- und Gesundheitsschutz in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten in zwei Bänden (Band 1, Band 2 und Executive Summary).
  • ILO, Ergonomic Checkpoints in Agriculture: Practical and Easy-to-Implement Solutions for Improving Safety, Health and Working Conditions: Diese praxisbezogenen Schritte bieten Umsetzungshilfen zur Verbesserung der Sicherheit und Gesundheit im landwirtschaftlichen Arbeitsumfeld.
  • Fairtrade International, Guide for Smallholder Farmer Organisations – Implementing Human Rights and Environmental Due Diligence (HREDD)Dieser Leitfaden dient als Hilfestellung bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse in kleinbäuerlichen Organisationen.


Baugewerbe

Im Baugewerbe bestehen hohe Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten und das Baugewerbe zählt laut ILO ebenfalls zu den drei gefährlichsten Branchen. Selbst in Ländern, in denen die Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften gut durchgesetzt werden und Unternehmen angemessene Maßnahmen ergreifen, kann es immer noch zu Unfällen kommen. In Ländern, in denen sich Unternehmen weniger engagieren und Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften nur unzureichend befolgt werden, kann das Arbeitsumfeld für die Beschäftigten lebensgefährlich sein. Da das Baugewerbe eine Branche ist, die direkt oder indirekt alle Sektoren betrifft, ist es für Unternehmen wichtig, die mit dem Bau verbundenen Sicherheits- und Gesundheitsrisiken in ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu berücksichtigen.

Zu den spezifischen Risikofaktoren im Baugewerbe zählen:

  • Art der Tätigkeiten: Arbeiten in Höhe, in Gräben oder mit schweren Maschinen können gefährlich sein, insbesondere dann, wenn Risiken nicht angemessen beachtet werden, keine technischen und administrativen Kontrollen stattfinden, Beschäftigte keine kostenlose persönliche Schutzausrüstung erhalten, die Arbeiten verschiedener Subunternehmer schlecht koordiniert werden und das Personal nicht ausreichend in der sicheren Ausführung ihrer Arbeit geschult wird.
  • Materialien: Viele der im Bauwesen verwendeten Materialien können ebenfalls gefährlich sein, beispielsweise schwere Steine oder Stahl, und zu Verletzungen oder zum Tod führen, wenn sie herunterfallen oder Personen einklemmen.
  • Schlechte Sicherheits- und Gesundheitsstandards: In Ländern, in denen Unternehmen nicht dafür sorgen, dass ihre Baustellen so sicher und gesund wie möglich sind, und in denen Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften nicht konsequent durchgesetzt werden, sind viele Beschäftigte am Bau unkontrollierten Risiken ausgesetzt oder erhalten keine persönliche Schutz- oder Sicherheitsausrüstung, sodass sie sich verletzen oder verunglücken können. Unzureichende Lebensbedingungen bei großen Bauprojekten, von denen viele Arbeitsmigrant:innen betroffen sind, erhöhen das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten wie COVID-19.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Occupational Safety and Health in the Construction Sector: Diese Zusammenstellung umfasst Umsetzungshilfen einschließlich Übereinkommen, Programmen und Leitfäden zu Arbeits- und Gesundheitsschutz im Baugewerbe.
  • ILO, Good Practices and Challenges in Promoting Decent Work in Construction and Infrastructure Projects: Dieser Bericht befasst sich mit wichtigen Herausforderungen in der Bauindustrie, einschließlich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, und enthält Good-Practice-Beispiele.
  • ILO, The Health of Workers in Selected Sectors of the Urban Economy: Challenges and Perspectives: In diesem Bericht werden die gesundheitlichen Herausforderungen analysiert und systematisiert, mit denen die ärmsten Schichten der städtischen Arbeitsbevölkerung in den folgenden Sektoren konfrontiert sind: Baugewerbe, Abfallwirtschaft und Recycling, Straßenverkauf, Hausarbeit und Landwirtschaft.
  • ILO, Safety and Health in the Construction Sector: Overcoming the Challenges: Dieses Webinar mit ILO-Expert:innen befasst sich mit dem Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Baugewerbe und geht auf die Herausforderungen beim Schutz der Beschäftigten ein. Das Webinar soll Unternehmen, die Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in ihrem Geschäftsmodells verankern wollen, eine praxisbezogene Orientierungshilfe bieten. Die Aufzeichnung des Webinars ist hier verfügbar.
  • ILO, The Role of Worker Representation and Consultation in Managing Health and Safety in the Construction Industry: Dieses Arbeitspapier leistet einen Beitrag zur Diskussion über die Bedeutung von Arbeitnehmer:innenbeteiligung und -vertretung für die Verbesserung der Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen im Baugewerbe. Zunächst werden Begriffsbestimmungen vorgestellt, gefolgt von Belegen für die Wirksamkeit der Arbeitnehmer:innenvertretung und -befragung in den Bereichen Sicherheit und Gesundheitsschutz im Allgemeinen und im Baugewerbe im Speziellen.
  • Building Responsibly, Worker Welfare Principles: Diese Prinzipien wurden entwickelt, um als globaler Standard für das Wohlergehen der Beschäftigten im Hoch- und Tiefbau zu dienen. Prinzip 5 enthält Leitlinien zu den wichtigsten Herausforderungen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und den zu berücksichtigenden Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitsstandards.


Bergbau

Nach Angaben der ILO ist Bergbau der drittgefährlichste Industriezweig für Beschäftigte. Die Arbeit im Bergbau führt zu einer Reihe von Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Gleiches gilt für Gemeinschaften, die in der Nähe von Bergbau- und Raffineriestandorten leben. Zu den unmittelbaren körperlichen Gefahren für Beschäftigte in den Bergwerken kommen auch langfristige Krankheiten hinzu, die im Laufe der Zeit aufgrund der Arbeitsbedingungen entstehen können. Kleinbergbau findet häufig informell statt und die Bedingungen sind laut ILO „weit davon entfernt, den internationalen und nationalen Arbeitsnormen zu entsprechen“. Schätzungen zufolge ist die Unfallrate im Kleinbergbau sechs- bis siebenmal höher als im Großbergbau. In den letzten 20 Jahren gab es viele Minenunglücke, darunter der Dammbruch von Brumadinho (Brasilien), die Explosion in der Sago-Mine (USA) und die Explosion in der Uljanowskaja-Mine ( Russland), zusätzlich zu regelmäßig gemeldeten Todesfällen in Bergwerken.

Zu den bergbauspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Arbeit unter Tage: Die Arbeit unter Tage in engen Räumen, die oft dunkel sind und nur wenige Evakuierungs- und Fluchtmöglichkeiten bieten, ist grundsätzlich gefährlich. Die Bewegung und Arbeit in extrem niedrigen Räumen ist für die Körperhaltung der Beschäftigten schädlich und kann zu Schmerzen und einer kürzeren Lebenserwartung führen. Zusätzlich können unter Tage unter Umständen Gase und Chemikalien auftreten, die sich entzünden und Explosionen und Brände verursachen können.
  • Schwere Maschinen: Bei der Arbeit mit schweren Maschinen, wie z. B. industriellen Baggern und Lastwagen, großen Bohrern, Steinbrechern, und Sprengstoffen, besteht die Gefahr, von Maschinen und Geräten erfasst oder zerquetscht zu werden. Die von Maschinen ausgehenden Vibrationen können zu Muskel-Skelett-Erkrankungen und sogar zu Lähmungen führen, wenn die Vibrationen stark sind. Wenn Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht beachtet wird, sichere Maschinen und Geräte nicht entsprechend ausgewählt oder nicht richtig gewartet, Arbeitsabläufe nicht koordiniert und Beschäftigte nicht ordnungsgemäß geschult oder nicht mit angemessener Sicherheitsausrüstung ausgestattet werden, steigt das Risiko von Unfällen oder sogar Todesfällen exponentiell an.
  • Luftverschmutzung: Staub und Partikel, die im Bergbau freigesetzt werden, können langfristige Atemwegserkrankungen verursachen, wenn sie von Arbeiter:innen eingeatmet werden. Zu den häufigsten Atemwegserkrankungen in Verbindung mit dem Bergbau gehören Bronchitis und Staublungenerkrankungen.
  • Lärm: Die Exposition gegenüber Lärm, z. B. von Bergbaumaschinen, herabfallenden Steinen und Explosionen, kann bei Beschäftigten zu Gehörstörungen, wie Hörschwäche, Hörverlust und Tinnitus, führen.
  • Abwässer und Abfälle: Abwässer und Abfälle aus dem Bergbau werden häufig in großen, mit Dämmen abgetrennten Absetzbecken oder Schlammteichen, so genannten Tailings, gelagert. Diese können giftig und toxisch sein, den Boden oder die Gewässer in der Nähe durch Versickern vergiften und in einigen Fällen entflammbar werden, was die Brandgefahr erhöht. Tailings können auch auslaufen, überlaufen oder Dämme können brechen, sodass Abwässer austreten und Schäden in der Umgebung verursachen, die unter Umständen katastrophale Auswirkungen haben, wie z. B. beim Vale-Dammbruch von Brumadinho.
  • Krankheiten: Bergbauaktivitäten finden häufig an Orten oder in der Nähe von Orten statt, an denen übertragbare Krankheiten – wie Tuberkulose und Malaria – weit verbreitet sind. Der Bergbau ist nach wie vor eine von Männern dominierte Industrie. Wenn sich die Minen in verarmten Gebieten befinden, kommt es häufig vor, dass Arbeiter für Geschlechtsverkehr bezahlen. Dadurch werden neben den Beschäftigten auch die umliegenden Gemeinschaften einem Risiko von HIV/AIDS oder anderen Geschlechtskrankheiten

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Occupational Safety and Health in the Mining Sector: Diese Zusammenstellung umfasst Umsetzungshilfen, Übereinkommen, Programme und Leitfäden zu Arbeits- und Gesundheitsschutz im Bergbausektor.
  • ILO, Code of Practice on Safety and Health in Opencast Mines: Der ILO-Kodex enthält Leitfäden zu Risikobewertung und Risikomanagement sowie zur Einrichtung von Arbeitsschutzmanagementsystemen und Notfallmaßnahmen im Tagebau. Der Kodex enthält außerdem Beschreibungen spezifischer Gefährdungen und erläutert entsprechende Kontrollmaßnahmen.
  • ILO, Safety and Health in Underground Coal Mines: Der ILO-Kodex enthält eine Methode zur Ermittlung von Gefahrensituationen und zum Umgang mit Gesundheits- und Arbeitsschutzrisiken in Untertageminen, die von Staub, Explosionen, Bränden und Wassereinbrüchen bis zu elektrischen Gefahren, Maschinen und Gefahren an der Oberfläche reichen.
  • ILO, HIV and AIDS: Guidelines for the Mining Sector: Diese Sammlung spezifischer Leitlinien der ILO zu HIV und AIDS soll Unternehmen im Bergbausektor dabei unterstützen, ihre Maßnahmen gegen HIV und AIDS zu verstärken.
  • ICMM (International Council on Mining & Metals), Good Practice Guidance on Occupational Health Risk Assessment: Dieser Leitfaden bietet Unternehmen schrittweise Umsetzungshilfen bei der Ermittlung der Risiken für Sicherheit und Gesundheit im Bergbau und in der Metallverarbeitung.
  • ICMM, Community Health Programs in the Mining and Metals Industry: Diese Analyse der von ICMM-Mitgliedsunternehmen durchgeführten Gesundheitsinitiativen in lokalen Gemeinschaften gibt einen Überblick über wichtigste Erkenntnisse.
  • ICMM, Leadership Matters: The Elimination of Fatalities: Dieser Leitfaden unterstüzt Führungskräfte bei der Verhinderung von Unfällen im Bergbau durch eigenes Handeln und die von ihnen sicherzustellenden Verfahren und Maßnahmen.
  • ICMM, Leadership Matters: Managing Fatal Risk Guidance: Dieser Leitfaden enthält eine Umsetzungshilfe für Führungskräfte, die zur Verringerung der Zahl der tödlichen Unfälle im Bergbau beitragen soll, sowie eine Reihe von Fragen zur Selbsteinschätzung, die bei der Ermittlung von Umsetzungslücken in den Sicherheitsmanagementsystemen helfen sollen.
  • ICMM, Health and Safety Performance Indicators: Dieser Bericht enthält Informationen über Leistungsindikatoren für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (z. B. Erfassung von Verletzungen und Krankheiten) für Bergbauunternehmen.


Öl und Gas

Die Öl- und Gasindustrie kann für Beschäftigte sehr gefährlich sein. Sowohl Onshore- als auch Offshore-Arbeiten erfordern ein hohes Maß an Fachwissen und Training sowie strenge Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen für die Beschäftigten. Über die Gefahren bei der Arbeit mit Öl, Gas und verwandten Stoffen, sowohl bei der täglichen Arbeit als auch über langfristige gesundheitliche Folgen der Exposition gegenüber diesen Stoffen, wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt.

Zu den Öl- und Gas-spezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Ölplattformen auf See: Der Bau, die Wartung und die Installation von Öl- und Gasförderanlagen (z. B. Ölplattformen auf See) ist aufgrund der verwendeten Maschinen und der Gefahren bei der Arbeit auf See hochriskant. Auch nach dem Bau bestehen erhebliche Risiken für die Beschäftigten, wie z. B. Stürze aus der Höhe, Ertrinken und Unterkühlung.
  • Endzündbare Materialien: Öl- und Gaserzeugnisse sind normalerweise leicht entzündlich, sodass eine hohe Explosions- und Brandgefahr besteht. Dies kann Einrichtungen und Anlagen zerstören, Verbrennungen und Atemprobleme verursachen oder sogar tödlich sein und verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und lokale Gemeinschaften haben.
  • Psychische Erkrankungen: Psychische Erkrankungen gehören ebenfalls zu den beruflichen Risiken der Beschäftigten in der Öl- und Gasindustrie, da viele Beschäftigte lange Zeit von zu Hause weg und unter hohem Druck arbeiten müssen. Depressionen, Angstzustände und stressbedingte Krankheiten können in diesem Arbeitsumfeld häufig auftreten.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Occupational Safety and Health in the Oil and Gas Production and Refining Sector: Diese Zusammenstellung umfasst Informationen für Öl- und Gasunternehmen zum Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • International Association of Oil & Gas Producers: Der Verband bietet eine Reihe von Leitfäden und Tools für Öl- und Gasunternehmen an, u. a. zur Umsetzung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen bei Offshore-Arbeiten, beim Transport gefährlicher Chemikalien und bei geophysikalischen Arbeiten.
  • IPIECA: Die Organisation für Nachhaltigkeit der Öl- und Gasindustrie verfügt über eine Reihe von Quellen und Umsetzungshilfen zu Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzepten, Risikoermittlungen und Arbeitsgruppen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.


Mode und Bekleidung

In der Mode- und Bekleidungsindustrie gibt es zahlreiche Themen in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen müssen. Neben den unmittelbaren Risiken für die Beschäftigten bei ihrer täglichen Arbeit – etwa bei der Verwendung von Nähmaschinen oder chemischen Farbstoffen – existieren in der gesamten Branche Probleme mit der allgemeinen Sicherheit von Textilfabriken und überlangen Arbeitszeiten in Produktionsstätten in Entwicklungsländern. Die Risiken des Agrarsektors gelten auch für die Rohstoffgewinnung der Mode- und Bekleidungsindustrie (z. B. Rinderzucht für Leder oder Baumwallanbau). Frauen stellen durchschnittlich 68 % der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie und 45 % der Beschäftigten in der Textilindustrie, was bedeutet, dass bei Gesundheits- und Arbeitsschutzproblemen in diesem Sektor zu großen Teilen Frauen betroffen sind.

Zu den mode- und bekleidungsspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Subunternehmertum: In dieser Branche gibt es viel Subunternehmertum und Outsourcing, was eine Rückverfolgung zum Ursprung der Produkte sehr schwierig macht. Viele Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie arbeiten – formell oder informell – in Heimarbeit und dort meist mit unzureichendem Gesundheits- und Arbeitsschutz und ohne persönliche Schutzausrüstung, was die Prävention und Erfassung von Gesundheits- und Arbeitsschutzproblemen erschwert.
  • Gefährliche Tätigkeiten: Bestimmte Tätigkeiten in dieser Branche können gesundheitsgefährdend sein, wie z. B. die Verarbeitung von sandgestrahltem Denim in Jeans und die Verwendung bestimmter Farbstoffe zur Umfärbung von Textilien. Einige Marken, wie z. B. ASOS, verbieten diese gefährlichen Tätigkeiten oder stellen sie schrittweise ein.
  • Kosten vs. Profite: Die zunehmend niedrigen Kosten für Mode- und Bekleidungsartikel haben zur Folge, dass Betriebe und Hersteller in der Lieferkette ihre Kosten senken müssen, um Gewinne zu erzielen. Dies kann dazu führen, dass bei Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen gespart wird, z. B. durch Ausführung der Arbeit in unsicheren Gebäuden oder durch Nichtbereitstellung von Schutzausrüstung für die Beschäftigten. Die Rana-Plaza-Katastrophe von 2013 ist ein Beispiel für unsichere Arbeitsbedingungen, die zum Tod von 1.132 Menschen führte.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • OECD, Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie: Dieser Leitfaden soll Mode- und Bekleidungsunternehmen dabei helfen, die in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen enthaltenen Empfehlungen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht umzusetzen, damit die möglichen negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und Lieferketten auf verschiedene Menschenrechte, einschließlich Sicherheit und Gesundheit, reduziert und vermieden werden.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Occupational Safety and Health in the Textiles, Clothing, Leather and Footwear Sector: Diese Zusammenstellung umfasst Umsetzungshilfen, einschließlich Übereinkommen, Programmen und Leitfäden zu Arbeits- und Gesundheitsschutz im Textil- und Bekleidungssektor.
  • SOMO, Fatal Fashion: Analysis of Recent Factory Fires in Pakistan and Bangladesh: A Call to Protect and Respect Garment Workers‘ Lives: Dieser Bericht beschäftigt sich mit zwei Fabrikbränden, die im September 2012 die Fabriken von Bekleidungsherstellern in Pakistan und Bangladesch verwüsteten und zu Hunderten von Toten und Verletzten führten. Der Bericht zeigt die dringende Notwendigkeit sofortiger struktureller Veränderungen in der globalen Bekleidungsindustrie vonseiten der Regierungen und Unternehmen.
  • Clean Clothes Campaign: Die Initiative bietet einen Tracker der wichtigsten sicherheits- und gesundheitsrelevanten Ereignissen in der Bekleidungsindustrie.


Sicherheit und Gesundheit im Sorgfaltsprozess adressieren

Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist ein wichtiges Recht aller Beschäftigten:innen auf der ganzen Welt und eine verbesserte Transparenz und Sorgfalt können dazu beitragen, dass dieses auch gewährleistet wird. Dieser Abschnitt beschreibt Schritte entlang des Sorgfaltsprozesses, die Unternehmen ergreifen können, um Risiken für Sicherheit und Gesundheit in ihrem Geschäftsbereich und ihren Lieferketten zu bekämpfen. Die beschriebenen Schritte orientieren sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). Weitere Informationen zu den UNGPs sind der Infobox „Wichtige Rahmenwerke zu menschenrechtlicher Sorgfalt“ oder der Einführung zu entnehmen.

Die nachstehenden Schritte geben Orientierung, wie speziell das Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz im Sorgfaltsprozess adressiert werden kann. Im Allgemeinen ist es für Unternehmen ressourcenschonender, ihre Sorgfaltsprozesse im Bereich Menschenrechte zu vereinheitlichen, indem sie gleichzeitig auch andere relevante Menschenrechtsthemen (z. B. Kinderbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, Vereinigungsfreiheit) ermitteln und adressieren.

Wichtige Rahmenwerke zu menschenrechtlicher Sorgfal

In mehreren menschenrechtlichen Rahmenwerken sind Sorgfaltsprozesse beschrieben, die Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte, einschließlich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, umsetzen sollten. Am wichtigsten sind hierbei die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). Die 2011 eingeführten UNGPs bieten einen Leitfaden zur Umsetzung des Rahmenkonzepts „Schutz, Achtung und Abhilfe“ der Vereinten Nationen, in dem die jeweiligen Verantwortlichkeiten von Staaten und Unternehmen festgelegt sind.

Die UNGPs legen fest, wie Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse umsetzen sollten. Dazu gehören:

  • Eine öffentlich zugängliche Grundsatzerklärung, die die Selbstverpflichtung des Unternehmens zur Achtung der Menschenrechte zum Ausdruck bringt
  • Ermittlung und Bewertung aller tatsächlichen oder potenziellen negativen Einwirkungen auf die Menschenrechte, an denen das Unternehmen selbst oder durch seine Geschäftsbeziehungen beteiligt sein könnte
  • Integration der Erkenntnisse aus der Risikoanalyse in die relevanten internen Geschäftsbereiche und Prozesse, sowie Ergreifung wirksamer Maßnahmen, um nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen zu verhüten oder zu mindern
  • Wirksamkeitskontrolle der ergriffenen Maßnahmen
  • Kommunikation und Berichterstattung darüber, wie das Unternehmen mit seinen tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen umgeht
  • Beschwerdemechanismen und Abhilfe/Wiedergutmachung von negativen Auswirkungen, die das Unternehmen verursacht oder zu denen es beigetragen hat

Die nachfolgenden Schritte folgen dem Rahmenwerk der UNGPs und stellen einen schrittweisen Prozess dar, dem Unternehmen folgen können, wenn sie menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse einrichten.

Darüber hinaus definieren die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen die Elemente eines verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns, einschließlich der Menschen- und Arbeitsrechte.

Ein weiteres wichtiges Referenzdokument ist die Dreigliedrige Grundsatzerklärung der ILO über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik (MNU-Erklärung), die die detailliertesten Leitlinien zur Sorgfalt in Bezug auf die Rechte von Beschäftigten beinhaltet.


Unternehmen können sich beim ILO Helpdesk für Unternehmen (engl.) über diese und andere Themen im Zusammenhang mit internationalen Arbeitsnormen beraten lassen. Der ILO Helpdesk unterstützt Führungskräfte und Beschäftigte, die die Richtlinien und Verfahren ihres Unternehmens an den Prinzipien der internationalen Arbeitsnormen ausrichten. Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz wird dabei ein konkreter Abschnitt gewidmet.

Darüber hinaus bietet der KMU Kompass Unterstützung entlang des gesamten menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesses, indem er Unternehmen durch die fünf zentralen Phasen menschenrechtlicher Sorgfalt führt. Der KMU Kompass wurde speziell für die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) entwickelt, ist jedoch frei verfügbar und kann auch von anderen Unternehmen genutzt werden. Das Tool, das auf Englisch und Deutsch verfügbar ist, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.

1. Entwicklung einer Grundsatzerklärung zu Sicherheit und Gesundheit

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte eine menschenrechtliche Grundsatzerklärung so gestaltet sein, dass sie:

  • „auf höchster Führungsebene des Wirtschaftsunternehmens angenommen wird“
  • „sich auf einschlägiges internes und/oder externes Fachwissen stützt“
  • „menschenrechtsbezogene Erwartungen des Unternehmens an die Mitarbeiter, Geschäftspartner und sonstigen Parteien festlegt, die mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Produkten oder seinen Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind“
  • „öffentlich verfügbar ist sowie intern und extern allen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und sonstigen relevanten Parteien mitgeteilt wird“
  • „sich in den operativen Politiken und Verfahren widerspiegelt, die notwendig sind, um sie innerhalb des gesamten Wirtschaftsunternehmens zu verankern“


In vielen Ländern ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Unternehmen über Sicherheits- und Gesundheitsrichtlinien und entsprechende Maßnahmen verfügen. Das Ausmaß, in dem eine Richtlinie den Beschäftigten oder Zulieferbetrieben mitgeteilt und im gesamten Unternehmen umgesetzt wird, ist jedoch oft unterschiedlich.

Sicherheits- und Gesundheitsrichtlinien sollten sich an den gesetzlichen Bestimmungen des Landes orientieren, in dem das Unternehmen registriert ist, sowie an den Bestimmungen anderer Länder, in denen das Unternehmen tätig ist oder aus denen es Waren und Dienstleistungen bezieht. Wenn ein Unternehmen in Ländern tätig ist, in denen höhere Sicherheits- und Gesundheitsstandards oder Schutzmaßnahmen für Beschäftigte gelten, sollte dies in der Richtlinie berücksichtigt werden. Ein Verhaltenskodex für Zulieferbetriebe sollte neben anderen Menschenrechtsbestimmungen auch Sicherheits- und Gesundheitsstandards beinhalten. Da sich arbeitsbedingte Verletzungen nie ganz ausschließen lassen, sollten Sicherheits- und Gesundheitsrichtlinien auch die soziale Absicherung der Beschäftigten einbeziehen und im Falle von Verdienstausfällen und ärztlicher Betreuung für eine entsprechende Entschädigung bzw. Schadensersatz sorgen. Bei Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, müssen die Richtlinien für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in Bezug auf den Schutz der Beschäftigten und Entschädigungen möglicherweise für jedes Land entsprechend den örtlichen gesetzlichen Anforderungen festgelegt werden.

Unternehmen mit eigenen Gesundheits- und Sicherheitsrichtlinien sind unter anderem Marshalls Plc und LEGO. Beispiele für Richtlinien, die Bestimmungen zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz mit anderen Themen wie dem Umweltschutz verbinden, sind die LG-Richtlinie „Sicherheit, Gesundheit und Umweltpolitik“ und die SHE Way-Richtlinie (engl.: Safety, Health, Energy and Environment – SHE) von Anglo American. Verpflichtungen zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind häufig in Verhaltenskodizes oder Lieferantenkodizes enthalten, wie z. B. im Ethischen Kodex für Zulieferbetriebe von ASOS, in dem die Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit für die gesamte Lieferkette klar formuliert sind.

Unternehmen können auch in Erwägung ziehen, ihre Richtlinien an einschlägigen branchenweiten oder branchenübergreifenden Verpflichtungen auszurichten, wie zum Beispiel:

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • United Nations Global Compact-OHCHR, Ein Leitfaden für Unternehmen: Menschenrechtstrategien entwickeln: Dieser Leitfaden liefert Empfehlungen für die Entwicklung einer Grundsatzerklärung und enthält Auszüge aus den Richtlinien von Unternehmen, die sich auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beziehen.
  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDieses Online-Tool bietet Umsetzungshilfen für die Entwicklung einer Menschenrechtsstrategie und die Formulierung einer Grundsatzerklärung.
  • KMU Kompass, Grundsatzerklärung: Die Praxishilfe zur Grundsatzerklärung unterstützt Unternehmen Schritt für Schritt bei der Entwicklung einer Grundsatzerklärung und zeigt anhand von Anwendungsbeispielen wie die Anforderungen erfüllt werden können.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Helpdesk for Business on International Labour Standards: Der ILO Helpdesk für Unternehmen bietet Führungskräften und Beschäftigten Informationen darüber, wie sie ihre Geschäftstätigkeiten besser mit den internationalen Arbeitsnormen in Einklang bringen können, einschließlich in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Der Abschnitt „Fragen und Antworten“ enthält Antworten auf die häufigsten Fragen, mit denen sich Unternehmen an die ILO wenden, auch im Hinblick auf Unternehmensrichtlinien zu Sicherheit und Gesundheit.
  • United Nations Global Compact and ILO, Advancing decent work in business through the UN Global Compact Labour Principles: Dieses Training hilft Unternehmen, die einzelnen Arbeitsprinzipien und die damit verbundenen Konzepte und bewährten Praktiken zu verstehen, und zeigt praktische Schritte auf, die Unternehmen dabei helfen, Maßnahmen zu ergreifen


2. Ermittlung potenzieller und tatsächlicher Auswirkungen

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte eine Ermittlung der menschenrechtlichen Auswirkungen:

  • „je nach Größe des Wirtschaftsunternehmens, des Risikos schwerer menschenrechtlicher Auswirkungen und der Art und des Kontexts seiner Geschäftstätigkeit von unterschiedlicher Komplexität sein“
  • „sich auf die nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen erstrecken, die das Wirtschaftsunternehmen durch seine eigene Tätigkeit unter Umständen verursacht oder zu denen es beiträgt oder die infolge seiner Geschäftsbeziehungen mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Produkten oder Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind“
  • „sinnvolle Konsultationen mit potenziell betroffenen Gruppen und Anderen in Betracht kommenden Stakeholdern umfassen“, zusätzlich zu anderen Informationsquellen wie Audits
  • fortlaufend sein

Bei der Ermittlung menschenrechtlicher Auswirkungen sollten sowohl tatsächliche als auch potenzielle Auswirkungen untersucht werden, d. h. Auswirkungen, die bereits eingetreten sind oder eintreten könnten. Dies steht im Gegensatz zu einer Risikoabschätzung, bei der nur die potenziellen Auswirkungen untersucht werden und die möglicherweise nicht alle der oben genannten Kriterien erfüllt.


Die Ermittlung von Risiken für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz unterscheidet sich häufig von der Ermittlung anderer Menschenrechtsrisiken, wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder Nichtdiskriminierung. Risikoanalysen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz sind häufig gesetzlich vorgeschrieben. Risikoanalysen sind in diesem Bereich daher gut etabliert und detailliert. Beispiele für Leitlinien zu Risikoanalysen für Unternehmen in bestimmten Branchen oder Ländern sind:

Viele Unternehmen unterscheiden auch klar zwischen den Risiken für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in ihrem eigenen Geschäftsbereich und bei Akteuren in der Lieferkette, wobei die Verantwortung für die Lieferkette in den meisten Fällen auf die Zulieferbetriebe übertragen wird. Risikoanalysen zur Sicherheit und Gesundheit in den eigenen Betrieben können detailliert sein, da die Überprüfung aller Prozesse, Einrichtungen, Tätigkeiten und verwendeten Stoffe möglich ist. Sicherheits- und gesundheitsbezogene Risikoanalysen in der Lieferkette können im ersten Schritt anhand von quantitativen Daten und Länderrisikoprofilen sowie anhand spezifischer Risikodaten für Branchenaktivitäten oder bekannte Stoffe durchgeführt werden.

Risikoanalysen zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz können weiterhin Spezialist:innen und technische Expert:innen erfordern, wenn es um die Beurteilung von körperlichen Tätigkeiten innerhalb eines Unternehmens und seiner Lieferkette geht. So sollten beispielsweise für eine Lieferkette, die mit gefährlichen Stoffen zu tun hat, entsprechende Sachverständige miteinbezogen werden, damit die neuesten Informationen und bewährten Verfahren – die eigenen Angestellten möglicherweise nicht bekannt sind – berücksichtigt werden. Unternehmen veröffentlichen ihre Risikoanalysen für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz nur selten, aber einige Unternehmensberichte enthalten die Ergebnisse von entsprechenden Risikoanalysen oder Gesundheits- und Sicherheitsrisikoprofile, wie z. B. der 2020 Sustainability Report von Anglo American.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • CSR Risiko-Check: Mit diesem Tool können Unternehmen prüfen, welchen internationalen CSR-Risiken (einschließlich in Verbindung mit Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz) sie ausgesetzt sind und was zu deren Bewältigung getan werden kann. Das Tool bietet maßgeschneiderte Informationen über die länderspezifische Menschenrechtslage sowie zu verschiedenen Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen. Der CSR Risiko-Check ermöglicht Nutzer:innen eine Filterung nach Produkten, Dienstleistungen und Herkunftsländern. Das Tool wurde von MVO Nederland entwickelt; die deutsche Version wird vom Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung und UPJ finanziert und umgesetzt.
  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Dieses Tool enthält Empfehlungen, wie potenzielle und tatsächliche Risiken ermittelt, bewertet und priorisiert werden können.
  • KMU Kompass, Risikoanalyse-Tool: Das Tool hilft Unternehmen dabei, bedeutende Menschenrechts- und Umweltrisiken entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu lokalisieren, zu bewerten und zu priorisieren.
  • KMU Kompass, Praxishilfe Lieferantenprüfung: Dieser praktische Leitfaden gibt Orientierung beim Lieferantenmanagement. Unternehmen erfahren, was bei der Überprüfung eigener Lieferanten zu beachten ist und wie sie mit Kundenanforderungen umgehen können.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, 5 Step Guide for Employers, Workers and Their Representatives on Conducting Workplace Risk Assessments: Diese Tipps unterstützen Unternehmen jeder Größe und Branche bei der Risikobeurteilung im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • ILO, Guidelines on Occupational Safety and Health Management Systems, ILO-OSH 2001: Dieser Leitfaden enthält Umsetzungshilfen zur Ausarbeitung und Umsetzung eines Arbeitsschutzmanagementsystems.
  • ILO, Training Resources on Stress and Ergonomics Risk Assessments: Diese Schulungsmaterialien bieten Informationen zu Risiken am Arbeitsplatz (einschließlich Stressprävention und Ergonomie) und deren Ermittlung.
  • ILO, Statistics on Health and Safety at Work: Diese Statistiken umfassen Informationen aus unterschiedlichen Ländern zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • ILO, Country Profiles on Occupational Safety and Health: Diese Länderprofile bieten Informationen über die Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften verschiedener Länder, einschließlich nationaler Gesetze, Vorschriften, Richtlinien und Statistiken.
  • European Agency for Safety and Health at Work, OSH Barometer: Das Arbeitsschutzbarometer ist ein Tool zur Datenvisualisierung mit aktuellen Informationen über den Stand und die Trends im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in den europäischen Ländern, einschließlich zu Arbeitsschutzbehörden, nationalen Strategien, Arbeitsbedingungen und Statistiken zu Arbeits- und Gesundheitsschutz.


3. Integration und Durchführung relevanter Maßnahmen

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs setzt eine wirksame Integration voraus, dass:

  • „die Verantwortung dafür, diesen [menschenrechtlichen] Auswirkungen zu begegnen, auf einer angemessenen Ebene und in einem angemessenen Aufgabenbereich innerhalb des Wirtschaftsunternehmens angesiedelt wird“ (z. B. oberste Führungsebene, Geschäftsführung und Vorstandsebene)
  • „die internen Entscheidungs-, Mittelzuweisungs- und Aufsichtsverfahren es gestatten, wirksame Gegenmaßnahmen gegen diese Auswirkungen zu treffen“


Die Maßnahmen und Systeme, die ein Unternehmen umsetzen muss, hängen von den Ergebnissen der Risikoanalyse zu Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ab. Viele Unternehmen befolgen und erstellen ein Arbeitsschutz-Managementprotokoll, z. B. mit Prozessen, die in der Norm ISO45001 oder anderen gleichwertigen Branchen- oder Länderstandards, wie der Managing for Health and Safety (HSG65)-Empfehlungen im Vereinigten Königreich, beschrieben sind. Zu den Sofortmaßnahmen gehört die Verankerung von Strategien und Protokollen in den Geschäftsabläufen zur Vermeidung von Risiken und zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Dies kann die Entwicklung neuer Arbeitsweisen, die Anschaffung neuer Maschinen oder Geräten zur Automatisierung gefährlicher Prozesse oder die Umstellung von Prozessen beinhalten, um sie für Beschäftigten sicherer zu machen (z. B. Änderung des Schichtplans, um dafür zu sorgen, dass Beschäftigten zwischen den Schichten ausreichende Ruhezeiten erhalten).

Weitere Beispiele für Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind:

  • Ernennung von Arbeitssicherheitsbeauftragten und Komitees für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten: Wie im ILO-Übereinkommen Nr. 155 über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (1981) und in der ILO-Empfehlung Nr. 164 betreffend Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (1981) vorgesehen und auch in dem Leitfaden für Arbeitsschutzmanagementsysteme (engl.) hervorgehoben, ist die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber:innen und Beschäftigten von entscheidender Bedeutung für einen erfolgreichen Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dies kann die Ernennung von Arbeitssicherheitsbeauftragten, von Komitees für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten und/oder gemeinsamen Komitees für Arbeits- und Gesundheitsschutz sein, denen auch Unternehmensvertreter:innen in gleichem Maße angehören. Diese Komitees oder gegebenenfalls andere Arbeitnehmervertreter:innen sollten ausreichend über die Risiken am Arbeitsplatz und die Maßnahmen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz informiert werden. Die Komitees sollten außerdem ermutigt werden, entsprechende Maßnahmen vorzuschlagen und sie sollten mit einbezogen werden, wenn wichtige neue Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen geplant sind. Es sollte ihnen weiterhin möglich sein, sich während der bezahlten Arbeitszeit mit Beschäftigten über Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu unterhalten und es sollten ihnen genügend Zeit gegeben werden, um ihre Aufgaben im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz wahrzunehmen und entsprechende Schulungen zu erhalten.
  • Schulungen zu Sicherheits- und Gesundheitsschutz für Beschäftigte und Zulieferbetriebe: Ein weiterer wichtiger Bestandteil eines jeden Arbeitsschutzmanagementsystems ist die Aufklärung und Schulung der Beschäftigten und Zulieferbetriebe des Unternehmens. Schulungsinhalte können Sicherheits- und Gesundheitsschutzgesetze, Unternehmensrichtlinien, Verfahren zum Schutz der Beschäftigten, die sichere Verwendung und Wartung von Maschinen, Stoffen und Geräten sowie maßgeschneiderte oder zusätzliche Sicherheits- und Gesundheitsschutzverfahren für Beschäftigte mit unterschiedlichen Bedürfnissen (z. B. für Menschen mit Behinderungen oder Schwangere) sein. Die Schulungen können in verschiedenen Formaten durchgeführt werden, z. B. als Online-Videos, E-Learning, Workshops oder runde Tische mit Zulieferbetrieben.
  • In den meisten Unternehmen müssen alle Beschäftigten in irgendeiner Form in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz geschult werden, auch wenn ihre Tätigkeit als ungefährlich angesehen wird. So müssen Büroangestellte beispielsweise weiterhin darin geschult werden, wie sie das Gebäude im Notfall sicher verlassen können und sie können Ratschläge zur korrekten Einrichtung des Arbeitsplatzes erhalten, um Muskel-Skelett-Verletzungen durch schlechte Körperhaltung zu vermeiden. Die Schulungen können auch speziell auf einzelne Arbeitsgruppen zugeschnitten sein, um sicherzustellen, dass diese in der Lage sind, ihre Arbeit sicher auszuführen, z. B. Schulungen für Beschäftigte, die in der Höhe oder unter Tage arbeiten. Weitere Beispiele für Sicherheits- und Gesundheitstrainings sind Schulungen zur psychischen Gesundheit und zum Wohlbefinden der Beschäftigten, wie etwa die Kampagne „Green Light to Talk“ von PricewaterhouseCoopers (PwC).
  • Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) können das notwendige Fachwissen, Umsetzungshilfen und Größenvorteile bieten, um sich mit dem Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auf verantwortungsvolle, sektorspezifische Weise zu befassen. MSIs können Unternehmen auch dabei helfen, von verschiedenen Stakeholdergruppen wie Unternehmen, Regierungen und zivilgesellschaftlichen, zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zu lernen. Beispiele hierfür sind der International Council on Mining and Metals (ICMM), der seinen Mitgliedern Diskussionsrunden, Leitfäden und Good-Practice-Beispiele zum Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz anbietet; das Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch (engl.: Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh, Bangladesh Accord), in dem Dutzende von Modeeinzelhändlern zusammenarbeiten, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz in Textilfabriken nach der Rana-Plaza-Katastrophe im Jahr 2013 zu verbessern; und die Business Alliance Against Malaria – ein Zusammenschluss von Unternehmen, die an Innovationen für eine malariafreie Welt zusammenarbeiten.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDas Tool bietet Empfehlungen, wie Menschenrechte in Unternehmen verankert werden können, wie ein Aktionsplan erstellt und umgesetzt werden kann und wie eine Überprüfung von Lieferanten und der Aufbau von Kompetenzen erfolgen kann.
  • KMU Kompass, Anspruchsgruppen und Kooperationspartner identifizieren: Dieser praktische Leitfaden soll Unternehmen dabei helfen, relevante Stakeholder und Kooperationspartner zu identifizieren und zu klassifizieren.
  • KMU Kompass, Standards-Kompass: Dieses Online-Tool bietet eine Orientierung, worauf bei der Auswahl von Nachhaltigkeitsstandards oder bei der Teilnahme an Multi-Stakeholder-Initiativen zu achten ist. Es ermöglicht den Vergleich von Standards und Initiativen in Hinblick auf ihren Beitrag zu menschenrechtlichen Sorgfaltsprozessen und mögliche Grenzen.
  • Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz: Die Agentur bietet eine Liste von Instrumenten und Ressourcen für die Sensibilisierung und den Umgang mit Sicherheits- und Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz, darunter Leitfäden zu Gefahrenstoffen, Fahrzeugsicherheit und Stressmanagement.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Helpdesk for Business on International Labour Standards: Der ILO Helpdesk für Unternehmen bietet Führungskräften und Beschäftigten Informationen darüber, wie sie ihre Geschäftstätigkeiten besser mit den internationalen Arbeitsnormen, einschließlich in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, in Einklang bringen können. Der Abschnitt „Fragen und Antworten“ enthält Antworten auf die häufigsten Fragen mit denen sich Unternehmen an die ILO wenden, einschließlich zu betrieblichen Arbeitsschutz-Managementsystemen,.
  • ILO, Guidelines on Occupational Safety and Health Management Systems (ILO-OSH 2001): Diese Leitlinien enthalten Empfehlungen für Managementsysteme für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.
  • ILO, OSH Management System: A Tool for Continuous Improvement: Diese Umsetzungshilfe unterstützt Unternehmen bei der Überprüfung, Bewertung und Verbesserung von Arbeitsschutzmanagementsystemen.
  • ISO, 45001: Occupational Health and Safety Standard: Die erste internationale Norm für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, die auf der Norm OHSAS18001 aufbaut und ähnlich strukturiert ist wie andere ISO-Managementsysteme (ISO 14001 und ISO 9001).
  • ILO and United Nations Global Compact, Nine Business Practices for Improving Safety and Health Through Supply Chains and Building a Culture of Prevention and Protection: Dieser Bericht nennt Maßnahmen, die Unternehmen umsetzen können, um menschenwürdige Arbeit zu fördern und Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz weltweit zu verbessern, insbesondere wenn sie in Ländern mit unzureichenden Sicherheits- und Gesundheitsstandards und begrenzten Arbeitsunfallschutzmaßnahmen tätig sind.
  • ILO, SOLVE Training Package: Integrating Health Promotion into OSH Policies: Das Schulungsmaterial zu Wohlbefinden und Gesundheitsfragen am Arbeitsplatz (wie Rauchen, Stress und HIV/AIDS) umfasst einen Leitfaden für Ausbildende, Unterrichtspläne und ein Arbeitsbuch für Teilnehmende.
  • ILO, Occupational Safety and Health within Sustainable Sourcing Policies of Multinational Enterprises: Dieser Bericht enthält Fallstudien und Beispiele für die Umsetzung wirksamer und erfolgreicher Arbeitsschutzmaßnahmen in internationalen Lieferketten mit Schwerpunkt auf Landwirtschaft und Textil.


4. Wirksamkeitskontrolle der Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte die Wirksamkeitskontrolle:

  • „von geeigneten qualitativen und quantitativen Indikatoren ausgehen“
  • „auf Rückmeldungen seitens interner wie externer Quellen zurückgreifen, einschließlich betroffener Stakeholder“ (z. B. mittels Beschwerdemechanismen)


Unternehmen sollten regelmäßig ihre Leistungen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz messen und kontrollieren, um zu ermitteln, wo Verbesserungen möglich und notwendig sind. Die meisten Unternehmen sammeln regelmäßig Informationen über „nachlaufende“ Indikatoren für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, darunter:

  • Unfälle und Verletzungen
  • Leckagen, Brände, Explosionen oder Sicherheitsvorfälle
  • Entgangene Einnahmen/Kosten für Sicherheitsvorfälle
  • Todesfälle
  • Verlorene Personentage oder Erholungszeit aufgrund von Vorfällen
  • Medizinische Versorgung
  • Krankheitsbedingte Fehltage
  • Verluste durch Entschädigung bei Verdienstausfall

Neben der Kontrolle der nachlaufenden Indikatoren für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind Unternehmen auch dazu angehalten, Informationen über „vorlaufende“ Indikatoren für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu sammeln, bei denen es sich um proaktive, präventive und vorausschauende Maßnahmen handelt, die Aufschluss über die tatsächliche Leistung von Arbeits- und Gesundheitsschutzaktivitäten geben. Beispiele für vorlaufende Indikatoren sind:

  • Anzahl der Beschäftigten, die an einer monatlichen Sitzung zu Arbeits- und Gesundheitsschutz teilnehmen
  • Anzahl der Beschäftigten, die um Feedback zu guten Arbeits- und Gesundheitsschutzzielen gebeten wurden
  • Wie oft pro Monat die Unternehmensleitung ein Sicherheits- oder Gesundheitsthema zur Diskussion stellt
  • Durchschnittliche Punktezahl bei Umfragen zur Wahrnehmung der Beschäftigten in Bezug auf das Engagement des Unternehmens für Sicherheit und Gesundheitsschutz
  • Anzahl der sicherheitsrelevanten Posten im Budget und Prozentsatz dieser Posten, die jedes Jahr vollständig finanziert werden

Die Verantwortung für die Datenerhebung sollte eindeutig zuständigen Stellen im Unternehmen zugewiesen werden und die Berichterstattung sollte nach einem festgelegten Zeitintervall erfolgen (z. B. einmal im Monat).

Zu zusätzlichen Kontrollmaßnahmen können angekündigte und unangekündigte Audits gehören, um mangelhafte Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen festzustellen, wie z. B. verschlossene Türen, unsaubere Arbeitsplätze, unsichere Maschinen, Geräte oder Arbeitsabläufe und fehlende Schutzausrüstung. Solche Monitorings oder Audits können intern vom Unternehmen selbst durchgeführt werden oder durch vom Unternehmen beauftragte Dritte erfolgen. Zu den gängigen Zuliefereraudits, die sich auf die meisten Branchen erstrecken und Indikatoren für Sicherheit und Gesundheit enthalten, gehören SMETA Audits und SA8000-akkreditierte Audits. Unternehmen sollten die am besten geeignete Auditmethode für die Kontrolle des Arbeitsschutzes in ihrem Geschäftsbereich und ihren Lieferketten wählen, da für jede Branche andere Sicherheits- und Gesundheitskriterien existieren, die überprüft werden sollten.

Ein Beispiel für die Wirksamkeitskontrolle im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Lieferkette liefert das Textilunternehmen Inditex, das jedes Jahr Arbeitsschutzaudits bei Zulieferbetrieben durchführt. Unternehmen, die eine Kontrolle der Arbeitsschutzleistung innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs durchführen, sind beispielsweise Equinox Gold und Total.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDieses Tool bietet hilfreiche Empfehlungen zur Wirksamkeitsmessung von Maßnahmen.
  • KMU Kompass, Praxishilfe zu Kennzahlen im SorgfaltsprozessUnternehmen können diese Übersicht ausgewählter quantitativer Leistungsindikatoren nutzen, um die Umsetzung zu messen, intern zu steuern und/oder extern zu berichten.

 Hilfreiche Informationen auf Englisch


5. Kommunikation und Berichterstattung

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte die Kommunikation:

  • „in einer Form und Häufigkeit vorgelegt werden, die den menschenrechtlichen Auswirkungen des Unternehmens entspricht und für die vorgesehene Zielgruppe zugänglich ist“
  • „ausreichende Informationen enthalten, um die Angemessenheit der Gegenmaßnahmen eines Unternehmens in Bezug auf die betreffende menschenrechtliche Auswirkung bewerten zu können“
  • „weder betroffene Stakeholder oder Mitarbeiter noch legitime geschäftliche Vertraulichkeitserfordernisse Risiken aussetzen“


Von Unternehmen wird erwartet, dass sie ihre Aktivitäten im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in einem formellen Bericht veröffentlichen. Viele Länder verfügen über nationale Bestimmungen bezüglich der Berichterstattung über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz für Unternehmen, aber es gibt auch mehrere globale Berichtsrahmen und -standards, die verwendet werden können, z. B. der Standard GRI 403: Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz der Global Reporting Initiative. Der Standard enthält Informationen darüber, was in den Angaben zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz enthalten sein sollte und gilt für Unternehmen aller Branchen und Länder. Darüber hinaus existieren auch branchenspezifische Leitfäden, wie z. B. die IPIECA-Leitfäden für die Öl- und Gasindustrie.

Eigenständige Sicherheits- und Gesundheitsberichte sind in gefährlichen Industriezweigen wie der Öl- und Gasindustrie oder dem Bergbau üblich (siehe: Sicherheitsbericht 2019 von Shell), aber die Berichterstattung über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz kann auch in Nachhaltigkeits- oder Jahresberichten (siehe: Nissans Nachhaltigkeitsbericht 2019) oder in einem jährlichen Fortschrittsbericht (engl.: Communication on Progress – CoP) zur Umsetzung der 10 Prinzipien des UN Global Compact enthalten sein.

Die Berichterstattung über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz erfolgt in der Regel vierteljährlich oder jährlich, wenn nicht sogar noch regelmäßiger, da dies ein wesentlicher Betriebsfaktor für alle Unternehmen ist. Einige Unternehmen berichten in verschiedenen Formaten über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, wie z. B. Shell, das seine Leistungsdaten zur Sicherheit regelmäßig aktualisiert, auf seiner Website spezielle Bereiche für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz hat und diesen Themenbereich auch in seine Jahres- und Nachhaltigkeitsberichte aufnimmt. Alternativ dazu kommunizieren einige Unternehmen ihre Arbeit und Leistungen im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz in ihren Jahresberichten. Das Textilunternehmen Inditex beispielsweise veröffentlicht entsprechende Daten in seinem Jahresbericht und in seiner jährlichen nichtfinanziellen Erklärung.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • Deutscher Nachhaltigkeitskodex: Hierbei handelt es sich um einen Berichtsstandard für Nachhaltigkeitsaspekte mit 20 Kriterien, darunter Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte.
  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Dieses Tool bietet hilfreiche Empfehlungen zur Kommunikation von Fortschritten in Bezug auf menschenrechtliche Sorgfalt.
  • KMU Kompass, Praxishilfe für zielgruppenorientierte Kommunikation: Dieser praktische Leitfaden hilft Unternehmen dabei, ihre Stakeholder zu identifizieren und geeignete Kommunikationsformate und -kanäle zu finden.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • Global Reporting Initiative, GRI Topic Standard Project for Occupational Health and Safety: Diese Informationen bieten eine Orientierungshilfe für die Berichterstattung über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit, um die Anforderungen des GRI-Standards 403 zu erfüllen.
  • UNGP Reporting Framework: Eine kurze Reihe von Fragen („Berichtsrahmen“) und Umsetzungshinweisen für berichtende Unternehmen und Leitlinien für interne Auditor:innen und externe Prüforganisationen.
  • United Nations Global Compact, Communication on Progress (CoP): Der Fortschrittsbericht sorgt für eine weitere Stärkung der Transparenz und Rechenschaftspflicht von Unternehmen.


6. Beschwerdemechanismen und Abhilfe

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollten Beschwerdemechanismen und Abhilfemaßnahmen die folgenden Überlegungen beinhalten:

  • „Stellen Wirtschaftsunternehmen fest, dass sie nachteilige Auswirkungen verursacht oder dazu beigetragen haben, sollten sie durch rechtmäßige Verfahren für Wiedergutmachung sorgen oder dabei kooperieren.“
  • „Beschwerdemechanismen auf operativer Ebene für die von der Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens potenziell Betroffenen können ein wirksames Mittel sein, um Wiedergutmachung zu ermöglichen, sofern sie bestimmte Schlüsselkriterien erfüllen.“

Um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, sollten Beschwerdemechanismen:

  • legitim sein: Sie ermöglichen das Vertrauen der Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, und sind rechenschaftspflichtig im Sinne einer fairen Abwicklung von Beschwerdeverfahren“
  • zugänglich sein: Sie sind allen Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, bekannt und gewähren denjenigen, die im Hinblick auf den Zugang zu ihnen unter Umständen vor besonderen Hindernissen stehen, ausreichende Unterstützung“
  • berechenbar sein: Sie bieten ein klares, bekanntes Verfahren mit einem vorhersehbaren zeitlichen Rahmen für jede Verfahrensstufe an, ebenso wie klare Aussagen zu den verfügbaren Arten von Abläufen und Ergebnissen und Mitteln zur Überwachung der Umsetzung“
  • ausgewogen sein: Sie sind bestrebt, sicherzustellen, dass die Geschädigten vertretbaren Zugang zu den Quellen für Informationen, Beratung und Fachwissen haben, die sie benötigen, um an einem Beschwerdeverfahren auf faire, informierte und respektvolle Weise teilnehmen zu können“
  • transparent sein: Sie informieren die Parteien eines Beschwerdeverfahrens laufend über dessen Fortgang und stellen genügend Informationen über die Leistung des Beschwerdemechanismus bereit, um Vertrauen in seine Wirksamkeit zu bilden und etwaigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen“
  • Rechte-kompatibel sein: Sie stellen sicher, dass die Ergebnisse und Abhilfen mit international anerkannten Menschenrechten in Einklang stehen“
  • eine Quelle kontinuierlichen Lernens sein: Sie greifen auf sachdienliche Maßnahmen zurück, um Lehren zur Verbesserung des Mechanismus und zur Verhütung künftiger Missstände und Schäden zu ziehen“
  • auf Austausch und Dialog aufbauen: Sie konsultieren die Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, hinsichtlich ihrer Gestaltung und Leistung und stellen auf Dialog als Mittel ab, um Missständen zu begegnen und sie beizulegen“


Beschwerdemechanismen können eine wichtige Rolle bei der Identifizierung und Wiedergutmachung von negativen Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit in den Geschäftsabläufen und Lieferketten spielen. Beschwerdemechanismen sind im Bereich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz besonders wichtig, da Probleme und Risiken so schnell wie möglich erkannt werden müssen, damit sie nicht weiter ausufern oder noch mehr Menschen davon betroffen sind. Unternehmen sollten über Beschwerdemechanismen verfügen, über die Beschäftigte Probleme vertraulich melden können, sowie über schnelle Meldemöglichkeiten für Missstände oder Vorfälle wie auslaufende Chemikalien oder unsichere Geräte und Maschinen.

Es ist wichtig, dass sämtliche Sicherheitsmängel und Gesundheitsprobleme so schnell wie möglich behoben werden. Sicherheits- und Gesundheitsprobleme am Arbeitsplatz können oft nur durch handwerkliche Tätigkeiten (z. B. die Reparatur defekter Maschinen) behoben werden. Daher sollten Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten getroffen werden, bis das Problem behoben ist. Möglicherweise müssen auch die Betriebsabläufe oder die Sicherheits- und Gesundheitsprotokolle geändert werden, damit sich ein bestimmter Vorfall nicht wiederholt. Laut ILO-Übereinkommen Nr. 155 über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (Art. 13) müssen Beschäftigte, die sich von einer Arbeitssituation entfernt haben, die eine unmittelbare und ernste Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit darstellte, vor ungerechtfertigten Folgen geschützt werden.

Unternehmen müssen unter Umständen auch erhebliche Entschädigungen an betroffene Personen zahlen. Im Falle eines größeren Vorfalls drohen ihnen außerdem Geldstrafen und straf- oder zivilrechtliche Schritte. Ein Beispiel hierfür ist der Zusammenbruch des Brumadhino-Staudamms in Brasilien, bei dem 270 Beschäftigte und Anwohnende ums Leben kamen. Das verantwortliche Bergbauunternehmen Vale zahlte vor kurzem 7 Mrd. USD Entschädigung an die Opfer und ihre Familien und die Unternehmensleitung wurde wegen Mordes angeklagt, weil die Sicherheits- und Gesundheitsschutzmechanismen, die einen Dammbruch verhindern und im Falle eines Dammbruchs Menschenleben schützen sollten, nicht ausreichend vorhanden waren.

Um solche Szenarien zu vermeiden und die Absicherung der Beschäftigten von Anfang an zu berücksichtigen, sind sich immer mehr Unternehmen der Notwendigkeit von Sozialversicherungssystemen bewusst und erkennen die besondere Rolle, die diese bei der Stärkung der nationalen Einrichtungen spielen können. Im Bekleidungssektor haben internationale Einkäufer und Einzelhändler erkannt, dass in Fällen, in denen die nationalen Sozialversicherungssysteme noch nicht weit genug entwickelt sind, um alle Beschäftigten vollständig gegen arbeitsbedingte Verletzungen abzusichern, alternative, zeitlich befristete Lösungen erforderlich sind. Dabei kann es sich um vorübergehende Lösungen handeln, die entsprechend (aus freiwilligen und befristeten Beiträgen) finanziert werden. Nationale Organisationen können – mit Unterstützung der ILO – internationalen Einkäufern und Einzelhändlern dabei helfen, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zu finden.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Das Online-Tool bietet hilfreiche Empfehlungen zur Einrichtung von Beschwerdemechanismen sowie zum Umgang mit Beschwerden.
  • KMU Kompass, Praxishilfe zu effektivem BeschwerdemanagementUnternehmen können diesen Leitfaden nutzen, um ihre Beschwerdemechanismen gemäß der acht UNGP-Effektivitätskriterien wirksamer zu gestalten. Darüber hinaus enthält er praktische Beispiele für Beschwerdemechanismen anderer Unternehmen.
  • Deutsches Global Compact Netzwerk, Zuhören lohnt sich: Menschenrechtliches Beschwerdemanagement verstehen und umsetzen: Dieser Leitfaden enthält Umsetzungshilfen für Unternehmen zur Gestaltung wirksamer Beschwerdemechanismen, einschließlich praxisbezogener Ratschläge und Beispiele. 

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • Ethical Trading Initiative, Access to Remedy: Practical Guidance for Companies: Dieser Leitfaden erläutert die wichtigsten Bestandteile von Beschwerdemechanismen, die es Unternehmen ermöglichen, Abhilfe und Wiedergutmachung anbieten zu können.


Praxisbeispiele

Dieser Abschnitt enthält Beispiele, wie Unternehmen Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in ihren eigenen Aktivitäten und Lieferketten adressieren.

Weiterführende Informationen

Weiterführende Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Dieses Online-Tool unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt indem es schrittweise durch die fünf zentralen Phasen des Sorgfaltsprozesses führt.
  • KMU Kompass, Standards-Kompass: Dieses Online-Tool bietet eine Orientierung, worauf bei der Auswahl von Nachhaltigkeitsstandards oder bei der Teilnahme an Multi-Stakeholder-Initiativen zu achten ist. Es ermöglicht den Vergleich von Standards und Initiativen in Hinblick auf ihren Beitrag zu menschenrechtlichen Sorgfaltsprozessen und mögliche Grenzen.
  • KMU Kompass, Downloads: Auf der Website des KMU-Kompasses stehen praktische Leitfäden und Checklisten als Downloads zur Verfügung. Diese helfen dabei menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse zu verankern, das Lieferkettenmanagement zu verbessern und Beschwerdemechanismen effektiver zu gestalten.

Weiterführende Informationen auf Englisch

  • ILO, The Safeday Report 2020 – In the Face of a Global Pandemic: Ensuring Safety and Health at Work: Dieser Bericht enthält konkrete Empfehlungen, wie Angestellte und Beschäftigte vor COVID-19 geschützt werden können.
  • ILO, How can occupational safety and health be managed?: Dieser Leitfaden enthält eine Reihe von Maßnahmen, die Unternehmen helfen sollen, ihre Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu bewältigen.
  • ILO, Helpdesk for Business on International Labour Standards: Der ILO-Helpdesk für Unternehmen ist ein Instrument für Führungskräfte und Beschäftigte, das ihnen zeigt, wie sie ihre Geschäftsabläufe besser mit den internationalen Arbeitsnormen, einschließlich Arbeitsschutz, in Einklang bringen können.
  • ILO, Statistics on Health and Safety at Work: Informationen und Statistiken zu Themen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit aus einer Reihe von Ländern.
  • ILO, Country Profiles on Occupational Safety and Health: Informationen über den Arbeitsschutz in einzelnen Ländern, einschließlich nationaler Gesetze, Vorschriften, Richtlinien und Statistiken.
  • Fair Labor Association, Protecting Workers During and After the Global Pandemic: Dieses Briefing enthält Empfehlungen, wie Unternehmen den Lebensunterhalt ihrer Beschäftigten in Reaktion auf COVID-19 absichern können.ILO Helpdesk for Business, Country Information Hub: Diese Seite enthält eine Sammlung an Links zu länderspezifischen Informationen, die Unternehmen im Rahmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesse nutzen können.
  • ILO Helpdesk for Business, Country Information Hub: Diese Seite enthält eine Sammlung an Links zu länderspezifischen Informationen, die Unternehmen im Rahmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesse nutzen können.
  • The Institution of Occupational Safety and Health (IOSH), Delivering a Sustainable Future: Dieser Bericht verbindet die Schlüsselelemente des Arbeitsschutzmanagements mit den SDGs.
  • ILO und United Nations Global Compact, Nine Business Practices for Improving Safety and Health Through Supply Chains and Building a Culture of Prevention and Protection: In diesem Bericht werden Praktiken aufgezeigt, die Unternehmen anwenden können, um menschenwürdige Arbeit zu fördern und die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz weltweit zu verbessern, insbesondere wenn sie in Ländern mit unzureichenden nationalen Sicherheits- und Gesundheitsschutz- und Arbeitsunfallschutzsystemen tätig sind.