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Wanderarbeitende

Internationale Wanderarbeitende sind in besonderem Maße von niedrigen Löhnen, unsicheren Arbeitsbedingungen, Diskriminierung und Menschenhandel betroffen.

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Überblick

Wer sind Wanderarbeitende?

Wanderarbeitende sind Menschen, die in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, eine Tätigkeit gegen Entgelt ausüben werden, ausüben oder ausgeübt haben.[1] (Informationen zu Wanderarbeitenden innerhalb eines Landes können in einer separaten Info-Box weiter unten gefunden werden). Wanderarbeit ist Arbeit, die von Einzelpersonen, Familien oder Gemeinschaften verrichtet wird, die aus dem Ausland zugewandert sind. Wanderarbeitende tragen zu Wachstum und Entwicklung in ihren Zielländern oder -regionen bei. Herkunftsländer oder -regionen profitieren hingegen von den Fähigkeiten, die Wanderarbeitende während ihrer Abwesenheit erwerben, und von den Steuern oder Geldüberweisungen, die sie in ihre Heimat überweisen.

Aufgrund von Diskriminierung am Arbeitsplatz werden die Menschen- und Arbeitsrechte von Wanderarbeitenden oft verletzt. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, wie z. B. durch:

  • Unfaire Einstellungspraktiken, wie das Verlangen von Gebühren, die Einforderung einer Kaution oder die Mitteilung irreführender oder falscher Informationen über eine zugesagte Stelle
  • Menschenhandel oder grenzüberschreitende Schleuserkriminalität zum Zweck der Arbeit oder Zwangsarbeit am neuen Zielort
  • Ungleicher Zugang zu Arbeitsrechten, Entlohnung, sozialer Absicherung, Gewerkschaftsrechten, Lohnsteuern oder Rechtsverfahren und Abhilfe
  • Rassismus oder Diskriminierung am Arbeitsplatz

Was ist die Herausforderung?

Wanderarbeitende können einen positiven Beitrag zur Unternehmensperformance und -produktivität leisten, indem sie Qualifikationslücken schließen, Zugang zu internationalem Know-how bieten und die Kontakte in internationalen und lokalen Netzwerken durch neue Sprachkenntnisse und kulturelles Bewusstsein erweitern.

Wanderarbeit kann jedoch auch zu einem Problem für Unternehmen werden, da die Rechte der Wanderarbeitenden oft auf vielfältige Weise eingeschränkt werden – unabhängig davon, ob sie sich in einer regulären oder irregulären Situation befinden. Dazu zählen Diskriminierung durch andere Beschäftigte, Arbeitgeber:innen und Gesetze; unfaire Arbeitsbedingungen und nachteilige Einstellungspraktiken. Wanderarbeitende sind in besonderem Maße von anderen Menschenrechtsverletzungen bedroht, z. B. können sie leicht in Zwangsarbeit geraten, wenn ihre Schutzlosigkeit missbraucht wird, sie ihre Rechte nicht kennen und es ihnen an sozialem Kapital oder Macht mangelt.

Für Unternehmen ist es schwierig, sicherzustellen, dass die Rechte von Wanderarbeitenden in ihren Betrieben und Lieferketten gewahrt werden, insbesondere wenn Regierungen ihrer Schutzpflicht und ihren Auflagen aus internationalen Menschenrechtsinstrumenten (wie der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen) nicht nachkommen.

Wanderarbeitende innerhalb eines Landes

Angesichts ihrer besonderen Anfälligkeit für Arbeitsrechtsverletzungen konzentriert sich dieses Kernthema auf die Situation von internationalen Wanderarbeitenden. Auch Wanderarbeitende innerhalb eines Landes können vor ähnlichen Herausforderungen in Bezug auf angemessene Arbeits- und Lebensbedingungen stehen, werden im weiteren Verlauf dieses Kernthemas jedoch ausgeklammert.

Genaue Zahlen über die weltweite Anzahl der internen Wanderarbeitenden (die innerhalb ihres Landes für die Arbeit umgezogen sind) sind nicht bekannt. Die Coronavirus-Pandemie hat jedoch die weltweite Aufmerksamkeit auf ihre Notlage gelenkt – insbesondere in Indien, wo im Jahr 2020 Millionen von Binnenmigrant:innen durch landesweite Lockdowns wirtschaftlich verheerende Auswirkungen erlitten haben.

Binnenmigrant:innen bleiben im Rahmen der wirtschaftlichen Erholung im Nachgang der COVID-19-Pandemie oft außen vor und werden hinsichtlich sozialem Schutz, sicherer Lebens- und Arbeitsbedingungen und dem Zugang zur Justiz benachteiligt. Durch die Krise der internen Migrant:innen in Indien sind auch andere Länder, deren Wirtschaft von der Binnenmigration abhängt, wie China, Thailand, Indonesien, Kenia, Uganda, Südafrika und Brasilien, in das Blickfeld gerückt.

Verbreitung von Wanderarbeit

Laut UN-Weltmigrationsbericht 2022 fand in den letzten zehn Jahren ein „historischer“ Wandel der Migration statt, der einen Anstieg der Zahl der weltweiten Migrant:innen mit sich gebracht hat. Während viele von ihnen vor Leid und Unheil fliehen, wandern andere aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage in ihren Herkunftsländern aus. Schätzungen zufolge gab es im Jahr 2020 weltweit mehr als 280 Millionen internationale Migrant:innen – 245 Millionen davon im erwerbsfähigen Alter (15 Jahre und älter). Nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) belief sich die Zahl der internationalen Wanderarbeitenden im Jahr 2021 auf 169 Millionen, was fast 5 % der weltweiten Erwerbsbevölkerung ausmacht.

Zu den wichtigsten Faktoren, die zur ansteigenden Mobilität der Erwerbstätigten beitragen, zählen:

  • Mangel an Arbeitsplätzen und angemessenen Arbeitsbedingungen
  • Wachsende Einkommensunterschiede innerhalb und zwischen den Ländern
  • Steigende Nachfrage nach Fachkräften und gering qualifizierten Arbeitskräften in den Zielländern der Migrant:innen (getrieben durch starkes Wachstum, fehlende heimische Arbeitskräfte oder starre gesellschaftliche Normen)
  • Demografischer Wandel in Ländern, in denen die Zahl der Arbeitskräfte abnimmt und die Bevölkerung altert

Zu den wichtigsten Trends gehören:

  • Laut ILO machten Frauen 41,5 % und Männer 58,5 % der Wanderarbeitenden im Jahr 2021 aus.
  • Branchenspezifische Zahlen zeigen, dass 2021 66,2 % der Wanderarbeitenden im Dienstleistungssektor, 26,7 % in der Industrie und 7,1 % in der Landwirtschaft tätig waren.
  • Von den geschätzten 169 Millionen internationalen Wanderarbeitenden lebten 2021 67,4 % in Ländern mit hohem Einkommen und 19,5 % in Ländern mit mittlerem Einkommen.
  • ILO-Studien zufolge verteilten sich die Wanderarbeitenden 2021 wie folgt auf die wichtigsten Regionen: Europa und Zentralasien 37,7 %, Amerika 25,6 %, Arabische Staaten 14,3 %, Asien und Pazifik 14,2 % und Afrika 8,1 %.
  • Der Anteil der erwerbstätigen Migrant:innen war 2021 mit 69 % höher als der Anteil der Erwerbstätigen an der restlichen Bevölkerung mit 60,4 %.

Auswirkungen auf Unternehmen

Unternehmen können von Risiken in Verbindung mit Wanderarbeit in ihrem eigenen Geschäftsbereich und ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten auf vielfältige Weise betroffen sein:

  • Rechtliches Risiko: Zwischen Wanderarbeit und Menschenrechtsverletzungen – wie Zwangsarbeit, moderner Sklaverei und Kinderarbeit – besteht ein enger Zusammenhang, da sich Wanderarbeitende häufig in einer prekären Lage befinden. Unternehmen, bei denen eines der oben genannten Probleme in ihren Betrieben oder Lieferketten festgestellt wird, müssen mit Anzeigen und schwerwiegenden Konsequenzen rechnen.
  • Reputations- und Markenrisiko: Wenn multinationale Unternehmen im Verdacht stehen, Wanderarbeitende zu missbrauchen, können Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften, Verbraucher:innen und anderen Stakeholdern zu Markenerosion und in der Folge zu Umsatzeinbußen führen.
  • Finanzielles Risiko: Zulieferbetriebe und Kund:innen können Verträge und Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen beenden, die die Rechte von Wanderarbeitenden in den Lieferketten missachten (oder damit in Verbindung gebracht werden). Dies kann zu Umsatzeinbußen führen. Eine Veräußerung durch oder ein Abwenden von Investor:innen und anderen Geldgebenden – von denen viele zunehmend Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (: Environmental, Social and Governance – ESG) in ihre Entscheidungsfindung miteinbeziehen – kann zu einem eingeschränkten oder teureren Zugang zu Kapital und einem geringeren Unternehmenswert führen.
  • Verlust von Diversität, Fähigkeiten und Kreativität: Wenn Wanderarbeitende nicht fair oder respektvoll behandelt werden, verlassen sie unter Umständen den Arbeitsplatz und hinterlassen eine Qualifikationslücke.
  • Operationelles Risiko: Änderungen in den Lieferketten eines Unternehmens, die als Reaktion auf die Aufdeckung schädigender Arbeitsbedingungen für Wanderarbeitende vorgenommen werden, können zu Produktionsunterbrechungen führen. Unternehmen könnten sich zum Beispiel veranlasst sehen, Lieferantenverträge zu kündigen (was zu höheren Kosten und/oder Unterbrechungen führen könnte) und Beschaffungsaktivitäten auf Standorte mit geringerem Risiko zu verlagern.

Auswirkungen auf die Menschenrechte

Der Missbrauch von Wanderarbeitenden kann unter Umständen mehrere Menschenrechte betreffen.[2] Dazu zählen:

  • Recht auf Gleichbehandlung und Nicht-Diskriminierung (Art. 43 und 45 Wanderarbeiterkonvention; Art. 2 Zivilpakt; Art. 2 Sozialpakt): Wanderarbeitende werden in vielen Fällen Staatsangehörigen des Beschäftigungsstaates gegenüber diskriminiert. Diskriminierung tritt oft im Zusammenhang mit der Einstellung, am Arbeitsplatz sowie in Bezug auf den Rechtsschutz nach nationalem Recht auf.
  • Recht auf Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit (Art. 4 AEMR, Art. 11  Wanderarbeiterkonvention, Art. 8 Zivilpakt): Wanderarbeitende sind stärker gefährdet, Bedingungen ausgesetzt zu sein, die zu Zwangsarbeit und/oder moderne Sklaverei führen. Sie können zum Beispiel von der Einbehaltung von Ausweisdokumenten, Schuldknechtschaft und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit betroffen sein, die zu den Indikatoren für Zwangsarbeit gehören.
  • Recht auf Freizügigkeit (Art. 39 Wanderarbeiterkonvention, Art. 13 AEMR): Die Freizügigkeit von Wanderarbeitenden kann beispielsweise durch die Konfiszierung von Pässen oder anderen Ausweisdokumenten stark eingeschränkt werden.
  • Recht von Migrant:innen, an Vereinigungen teilzunehmen sowie Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten (Art. 26 und 40 Wanderarbeiterkonvention, Art. 22 Zivilpakt, Art. 8 Sozialpakt): In vielen Situationen kann Migrant:innen aufgrund ihrer rechtlichen Stellung, des Rechtsrahmens, in dem sie tätig sind, oder ihrer relativ schwachen Verhandlungsposition das Recht auf Versammlungsfreiheit verwehrt werden. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR, Zivilpakt) und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR, Sozialpakt) legen fest, dass alle Beschäftigten (einschließlich Wanderarbeitenden in einem regulären Arbeitsverhältnis) das Recht haben, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten. Außerdem gewährt Artikel 26 des ICRMW Wanderarbeitenden mit regulärem und irregulärem Status das Recht, Verbänden und Gewerkschaften beizutreten und sich an deren Aktivitäten zu beteiligen.
  • Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen (Art. 25 Wanderarbeiterkonvention, Art. 7 Sozialpakt): Viele Migrant:innen werden schlechter bezahlt und erfahren schlechtere Arbeitsbedingungen als ihre inländischen Kolleg:innen. Gründe dafür können Diskriminierung, die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen, der rechtliche Status von Wanderarbeitenden sowie Marktdynamiken sein.
  • Recht auf einen angemessenen Lebensstandard (einschließlich Zugang zu ausreichender Ernährung, Bekleidung, Unterbringung und Wasser) (Art. 43 Wanderarbeiterkonvention, Art. 11 Sozialpakt): Unternehmen, die Wanderarbeitenden eine Unterkunft zur Verfügung stellen, können direkt gegen dieses Recht verstoßen, wenn die Unterkunft nicht einem angemessenen Standard entspricht.
  • Recht auf kulturelle Identität (Art. 31 Wanderarbeiterkonvention, Art. 27 Zivilpakt): Migrant:innen haben das Recht, ihre eigene Kultur zu leben, ihre eigene Religion auszuüben und ihre eigene Sprache zu sprechen, ohne deswegen diskriminiert zu werden. Aufgrund ihres Status kann Wanderarbeitenden dieses Recht von offizieller Seite oder durch gesellschaftliche Diskriminierung verweigert werden.
  • Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verstößen gegen die Grundrechte (Art. 83 Wanderarbeiterkonvention, Art. 3 Zivilpakt): Nicht oder kaum vorhandene Beschwerdemechanismen auf betrieblicher Ebene können Wanderarbeitende daran hindern, Rechtsbehelfe bei Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in Anspruch zu nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Migrant:innen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen und der Kultur eines Landes an einem angemessenen Zugang zu Abhilfe gehindert werden.
Sustainable Development Goals (SDGs)

Die folgenden SDGs beziehen sich auf Wanderarbeitende:

  • SDG 8 („Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“), Zielvorgabe 8.8: Die Arbeitsrechte schützen und sichere Arbeitsumgebungen für alle Arbeitnehmer, einschließlich der Wanderarbeitnehmer, insbesondere der Wanderarbeitnehmerinnen, und der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, fördern.
  • SDG 10 (Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern), Zielvorgabe 10.7: Eine geordnete, sichere, reguläre und verantwortungsvolle Migration und Mobilität von Menschen erleichtern, unter anderem durch die Anwendung einer planvollen und gut gesteuerten Migrationspolitik.

Hilfreiche Informationen

Die folgenden Quellen und Umsetzungshilfen bieten weitere Informationen dazu, wie sich Unternehmen verantwortungsvoll mit Wanderarbeit in ihrem Geschäftsbereich und in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten auseinandersetzen können:

  • ILO, Fair Recruitment Toolkit (engl.): Dieses modulare Schulungshandbuch unterstützt Unternehmen bei der Ausarbeitung und Umsetzung fairer Einstellungspraktiken.
  • Institute for Human Rights and Business, Migration with Dignity: A Guide to Implementing the Dhaka Principles (engl.): Dieser praxisbezogene Leitfaden enthält Informationen zur Umsetzung der Dhaka-Prinzipien für verantwortungsbewusste und gleichberechtigte Arbeit für Wanderarbeitende. Die Dhaka-Prinzipien bieten eine Roadmap, die den Weg der Wanderarbeitenden von der Anwerbung über die Beschäftigung bis hin zum Ende des Arbeitsverhältnisses beschreibt und enthalten wichtige Prinzipien, die Arbeitgeber:innen und Vermittlungen von Wanderarbeitenden in jeder Phase des Einstellungsprozesses beachten sollten, um Wanderarbeit in Würde zu erreichen.
  • BSR, Migrant Worker Management Toolkit: A Global Framework (engl.): Dieses Toolkit unterstützt Unternehmen bei der Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden im eigenen Geschäftsbereich und entlang globaler Lieferketten.
  1. Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen verabschiedet durch die Resolution 45/158 der Generalversammlung, 1990. Artikel 2 (1).

  2. Mit der Einführung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Achtung der Menschenrechte verlagern die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl.: UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs) den Fokus von Auswirkungen auf Unternehmen hin zu Auswirkungen auf (potenziell) Betroffene. Weitere Informationen zu den UNGPs finden Sie im Abschnitt Wanderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren“.

Definition und rechtliche Instrumente

Definition

Laut ILO-Übereinkommen Nr. 97 über Wanderarbeiter (Neufassung), 1949, gilt eine Person als „Wanderarbeiter“, „die aus einem Land in ein anderes Land auswandert, um sich dort anders als für eigene Rechnung zu betätigen“. Die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihren Familienangehörigen (Wanderarbeiterkonvention) enthält eine ähnliche Definition. Wanderarbeit ist die Arbeit, die von jemandem verrichtet wird, der oder die als Migrant oder Migrantin gilt.

Rechtliche Instrumente

ILO- und UN-Übereinkommen

In zwei wichtigen ILO-Übereinkommen werden die Rechte von Wanderarbeitenden umfassend definiert und die Prinzipien der Gleichbehandlung, Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung vertreten:

  • ILO-Übereinkommen Nr. 97 über Wanderarbeiter (Neufassung) (1949): Das Übereinkommen legt fest, wie die ratifizierenden Staaten Wanderarbeitende behandeln müssen und wie sie durch Gesetze für Chancengleichheit sorgen. Es enthält Bestimmungen zur Erleichterung der internationalen Arbeitsmigration durch die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines kostenlosen Hilfs- und Informationsdienstes sowie Maßnahmen gegen irreführende Propaganda im Zusammenhang mit Aus- und Einwanderung; Bestimmungen über angemessene medizinische Versorgungsleistungen für Wanderarbeitende und den Transfer von Einkommen und Ersparnissen sowie die Anforderung, dass Staaten diese Menschen genauso behandeln müssen, wie ihre eigenen Staatsangehörigen in Bezug auf eine Reihe von Angelegenheiten, einschließlich Arbeitsbedingungen, Versammlungsfreiheit und soziale Absicherung.
  • ILO-Übereinkommen Nr. 143 über Wanderarbeiter (ergänzende Bestimmungen) (1975): Das Übereinkommen befasst sich damit, wie missbräuchliche Bedingungen bei der Migration verhindert und der Schutz der Rechte von Wanderarbeitenden gewährleistet werden können. Darin werden Maßnahmen zur Bekämpfung der informellen und illegalen Migration festgelegt, während gleichzeitig die allgemeine Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte aller Wanderarbeitenden festgeschrieben wird. Zudem enthält das Übereinkommen Bestimmungen über die kulturellen Rechte und die individuellen und kollektiven Freiheiten von Wanderarbeitenden sowie das Recht auf Familienzusammenführung der Familien von Wanderarbeitenden, die sich legal in ihrem Land aufhalten.

Die Wanderarbeiterkonvention baut auf den ILO-Übereinkommen auf und ergänzt diese. Sie gilt für alle Bereiche des Lebens von Wanderarbeitenden und ihren Familienangehörigen, einschließlich der Situation von Frauen und Kindern. Die Wanderarbeiterkonvetion formuliert das Prinzip der Gleichbehandlung von Wanderarbeitenden und einheimischen Beschäftigten hinsichtlich der Entlohnung und anderer Arbeitsbedingungen, und fordert Gleichbehandlung für Wanderarbeitende und ihre Familienangehörigen beim Zugang zu Wohnraum, Sozial- und Gesundheitsleistungen und Bildungseinrichtungen.

Zugang zu medizinischer Versorgung für Wanderarbeitende

Artikel 43 (1)(e) der Wanderarbeiterkonvention geht über das Recht auf dringende medizinische Versorgung für Wanderarbeitende mit geregelter Aufenthaltsgenehmigung hinaus. Der Ausschuss für Wanderarbeitende (engl.: Committee on Migrant WorkersCMW) hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 2 (2013) angemerkt, dass Artikel 12 des Sozialpakt das Recht auf den bestmöglichen Gesundheitsstandard für alle Menschen vorsieht. Die Vertragsstaaten sind daher verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Migrationsstatus tatsächlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu einem Mindestmaß an gesundheitlicher Versorgung haben.

Mit Verweis auf Artikel 12 legt der CMW Artikel 28 des Sozialpakts breiter aus: „Artikel 28 des Übereinkommens sieht vor, dass Wanderarbeiter […] das Recht haben, jede ärztliche Versorgung, die für die Erhaltung ihres Lebens oder die Vermeidung einer nicht wiedergutzumachenden Schädigung ihrer Gesundheit dringend erforderlich ist, auf der Grundlage der Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des betreffenden Staates zu erhalten. In Verbindung mit anderen internationalen Menschenrechtsinstrumenten kann Artikel 28 jedoch für Staaten, die Vertragsparteien beider Instrumente sind, umfassendere Verpflichtungen schaffen.“


Nur etwas mehr als 50 Länder haben das ILO-Übereinkommen Nr. 97 ratifiziert, und knapp 30 Länder haben das ILO-Übereinkommen Nr. 143 ratifiziert. Auch die Wanderarbeiterkonvetion wurde nur von einer kleinen Anzahl von Ländern ratifiziert. Die Einführung und Durchsetzung nationaler Gesetze – und damit auch das Vorkommen von Verstößen gegen die Rechte von Wanderarbeitenden – kann von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen, selbst wenn alle Konventionen in Bezug auf Wanderarbeitende ratifiziert worden sind.

Andere rechtliche Instrumente

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl. UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs oder UN-Leitprinzipien) setzen den globalen Standard hinsichtlich der Verantwortung von Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Geschäftsbeziehungen. Von Staaten fordern die UN-Leitprinzipien, einen „smart mix“ aus nationalen und internationalen, verpflichtenden und freiwilligen Maßnahmen zu erwägen, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen zu fördern. Die UN-Leitprinzipien sind rechtlich nicht verbindlich, bilden aber die Grundlage vieler Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfalt und sollten von Unternehmen im eigenen Geschäftsbereich sowie ihren Lieferketten beachtet werden.

Nationale und regionale Rechtsvorschriften

Regionale rechtliche Instrumente für Wanderarbeitende wie die Europäische Sozialcharta und das Europäische Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer schützen die sozialen Rechte von Wanderarbeitenden. Die Europäische Sozialcharta ist ein Vertrag des Europarats, der soziale und wirtschaftliche Grundrechte garantiert, mit Schwerpunkt auf dem Schutz von gefährdeten Personen, einschließlich Migrant:innen, deren soziale und wirtschaftliche Rechte ohne Diskriminierung gewährleistet werden müssen. Das Europäische Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer klärt die wichtigsten Aspekte der rechtlichen Situation von Wanderarbeitenden, insbesondere in Bezug auf Anwerbung, Einstellung, Arbeitserlaubnis, Arbeitsbedingungen und Entlassung.

Unternehmen sind zunehmend zur Einrichtung von Sorgfaltsprozessen und der Angabe nichtfinanzieller Informationen verpflichtet. In einigen Ländern schreiben Gesetze eine menschenrechtsbezogene Berichterstattung, Sorgfaltsprozesse und andere rechtliche Pflichten vor, darunter der United Kingdom Modern Slavery Act 2015, der Australian Modern Slavery Act 2018, der California Transparency in Supply Chains Act, das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Frankreich, das Norwegische Transparenzgesetz (2022) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

2021 wurde im niederländischen Parlament außerdem ein Gesetzesentwurf über verantwortungsvolle und nachhaltige internationale Unternehmensführung eingebracht. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission 2021 eine Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (engl.: Corporate Sustainability Due Diligence Directive  – CSDDD) angekündigt, die voraussichtlich zwischen 2025 und 2027 in Kraft treten wird und menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprozesse für große Unternehmen vorschreibt.

Einige dieser Gesetze verlangen von Unternehmen, dass sie Sorgfaltsprozesse zur Ermittlung potenzieller und tatsächlicher nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte, einschließlich Missbrauch von Wanderarbeitenden, einrichten, die negativen Auswirkungen adressieren und öffentlich über ihre Bemühungen berichten. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen könnte für Unternehmen ein rechtliches Risiko bedeuten.

Themenspezifische Risikofaktoren

Die Verhinderung des Missbrauchs von Wanderarbeitenden erfordert ein Verständnis der zugrundeliegenden Ursachen und die Berücksichtigung eines breiten Spektrums an Themen, die sich oft gegenseitig beeinflussen und verstärken

Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:

  • Hohe Zuwanderung, insbesondere von gering qualifizierten und gering bezahlten Beschäftigten, erhöht die Wahrscheinlichkeit von Arbeitsrechtsverletzungen, da Unternehmen wissen, dass viele Wanderarbeitende verzweifelt Arbeit suchen oder schutzlos sind. In bestimmten Sektoren und Standorten gehören Migrant:innen zur Mehrheit der von Zwangsarbeit betroffenen Personen. Migrant:innen, deren legaler Beschäftigungsstatus durch bezahlte Arbeitsvisa an ihre:n Arbeitgeber:in gebunden ist, sind unter Umständen nicht bereit, Arbeitsrechtsverletzungen zu melden oder es bleibt ihnen möglicherweise verwehrt, ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Visasponsors die Arbeit zu verlassen oder nach Hause zurückzukehren.
  • Eine Verwendung von Personalvermittlungsagenturen und anderen arbeitsvermittelnden Personen erhöht das Risiko, dass Wanderarbeitende Arbeitsrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Agenturen, aber auch andere offizielle und inoffizielle Vermittler, können an betrügerischen Anwerbungspraktiken beteiligt sein, die die Schwächen der Wanderarbeitenden ausnutzen und überhöhte Gebühren als Teil des Anwerbungsprozesses verlangen. Diese undurchsichtigen Praktiken lassen Wanderarbeitende häufig verschuldet zurück, wodurch sie in Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft geraten. Darüber hinaus können übermäßige oder willkürliche Lohnabzüge während des gesamten Beschäftigungszeitraums zu einer weiteren Verschuldung der Wanderarbeitenden führen.
  • Ein mangelhafter rechtlicher und politischer Rahmen, der die Gleichbehandlung zwischen Wanderarbeitenden und den eigenen Staatsangehörigen nicht fördert. Dies führt zu einem geringen rechtlichen Schutz von Wanderarbeiten vor Zwangsarbeit und anderen arbeitsrechtlichen Verstößen. Die Arbeitsrechte und Arbeitskulturen in einigen Ländern, insbesondere in den Golfstaaten, die das Kafala-System (Sponsoring-System) anwenden, sehen ausdrücklich eine Präferenzbehandlung und höhere Bezahlung für einheimische Beschäftigte gegenüber Wanderarbeitenden vor. Das Fehlen strenger Gesetze gegen den Missbrauch von Beschäftigten oder unzureichende strafrechtliche Sanktionen kann zu einer mangelnden Abschreckungswirkung führen.
  • Schlechte Anwendung der Arbeitsgesetze aufgrund unzureichender Ausbildung, mangelnder Kapazitäten der Arbeitsaufsichtsbehörden oder eines hohen Maßes an Korruption.
  • Hohe Armut und Arbeitslosigkeit, geringer sozialer Schutz und große Ungleichheit innerhalb eines Landes oder einer Region stellen weitere Risikofaktoren dar, insbesondere wenn ein großer Anteil der Beschäftigten in der informellen Wirtschaft tätig ist. Wo es an staatlicher Unterstützung oder formellen Verträgen mangelt, in denen die Rechte am Arbeitsplatz verankert sind, sind Beschäftigte stärker von schlechten Arbeitsbedingungen bedroht. Dies kann auch Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder eine andere Art der Diskriminierung von Wanderarbeitenden hervorrufen, da sie als unerwünscht oder als zunehmende Konkurrenz um Ressourcen und Arbeitsplätze angesehen werden.
  • Niedrige Löhne und lange Arbeitszeiten können Wanderarbeitende dazu zwingen, gefährliche Tätigkeiten zu verrichten oder übermäßig viel zu arbeiten. Überlange Arbeitszeiten und Löhne unter dem gesetzlichen Mindestlohn können zu Armut führen (siehe die Kernthemen Existenzsichernde Löhne und Faire Arbeitszeiten). Insbesondere wenn Wanderarbeitende Geld in ihre Heimatländer überweisen müssen, kann es vorkommen, dass sie extreme Arbeitszeiten oder Überstunden in Kauf nehmen, um ausreichend Geld zu verdienen.

Branchenspezifische Risikofaktoren

Da Arbeitsmigration ein globales Phänomen ist, gibt es in jeder Industrie und in fast jedem Land der Welt Wanderarbeitende – aber nicht alle Migrant:innen arbeiten und leben unter prekären Bedingungen. Dieses Kernthema konzentriert auf drei Branchen, die häufig mit gefährlichen und diskriminierenden Praktiken gegenüber Wanderarbeitenden in Verbindung gebracht werden: Das Baugewerbe, die Landwirtschaft sowie die Mode- und Bekleidungsindustrie. Um potenzielle Risiken für Wanderarbeitende in anderen Branchen zu ermitteln, können Unternehmen den CSR Risiko-Check nutzen.

Baugewerbe

Wanderarbeit ist in der Bauindustrie weit verbreitet, sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern. Das Baugewerbe ist – ebenso wie die Landwirtschaft – anfällig für wirtschaftliche, soziale, politische und saisonale Schwankungen, was zu unsicheren Arbeitsbedingungen für Wanderarbeitende führen kann. In einigen Ländern, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten, sind bis zu 30 % der Wanderarbeitenden im Baugewerbe beschäftigt. Zu den häufigsten Verstößen gegen Wanderarbeitende im Baugewerbe gehören betrügerische oder ausbeuterische Praktiken wie die Einbehaltung von Ausweisdokumenten, überlange Arbeitszeiten, willkürliche Lohnabzüge oder verspätete Lohnzahlungen sowie die Arbeit unter unsicheren Bedingungen, einschließlich fehlender persönlicher Schutzausrüstung.

Zu den spezifischen Risikofaktoren der Baubranche gehören:

  • Gefährliche Arbeitsbedingungen: Die Arbeitsbedingungen im Baugewerbe sind bekanntermaßen anstrengend und gefährlich und die Zahl der Arbeitsunfälle ist hoch. Wanderarbeitende sind stärker gefährdet, unsicheren Arbeitsbedingungen, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz vernachlässigen, ausgesetzt zu werden, insbesondere wenn Sprachbarrieren bestehen oder ihnen ihre Arbeitsrechte nicht bekannt sind.
  • Unterkünfte: Wanderarbeitende sind oft isoliert und leben am Arbeitsort oder in einer vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Unterkunft, wodurch diese mehr Kontrolle über die Arbeiter:innen haben. Dadurch kommt es oft vor, dass nur eine minderwertige Unterkunft bereitgestellt oder zu viel vom Lohn für die Unterkunft oder den Transport abgezogen wird.
  • Übertragbare Kenntnisse: Die Fähigkeiten und Kenntnisse im Baugewerbe sind häufig von Projekt zu Projekt und von Land zu Land übertragbar. Das bedeutet, dass die Beschäftigten möglicherweise keine spezielle Schulung zu ihren Aufgaben oder den Sicherheits- und Gesundheitsschutzstandards eines Bauprojekts erhalten. Dadurch können die Rechte der Wanderarbeitenden missbraucht und die Arbeiter:innen gefährlichen Arbeitsbedingungen ausgesetzt werden.
  • Komplexe Projekte: Durch die Komplexität von Bauprojekten werden die Risiken für Wanderarbeitende noch weiter verschärft. An Bauprojekten können Hunderte von Subunternehmen beteiligt sein. In vielen Fällen sind die Auftragnehmer:innen nicht verpflichtet, die Subunternehmen zu bezahlen, bevor sie die Zahlung vom leitenden Bauunternehmen erhalten haben.
  • Finanzielle und wirtschaftliche Schwankungen: Die Anfälligkeit von Bauprojekten für finanzielle und wirtschaftliche Schwankungen kann zu intensiven Arbeitsperioden führen. Wanderarbeitende können überlangen Arbeitszeiten ausgesetzt sein, da sie in kurzer Zeit so viel wie möglich verdienen wollen.

FIFA – Wanderarbeitende beim Bau des FIFA-WM-Stadions in Katar getötet

Am 2. Dezember 2010 wurde Katar als Austragungsort der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2022 bekanntgegeben. Dies stieß bei Menschenrechtsorganisationen und vielen politischen Entscheidungsträger:innen auf erhebliche Bedenken. Die Diskussion drehte sich dabei um die Art und Weise, wie die Stadien, Einrichtungen und die Infrastruktur für die Fußballweltmeisterschaft gebaut werden sollten, sowie um allgemeine Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage im Land.

Berichten zufolge sind seit Beginn der Bauarbeiten und trotz der intensiven Prüfungen einiger führender Menschenrechtsorganisationen mehr als 6.500 Wanderarbeitende bei oder in Verbindung mit den Bauarbeiten ums Leben gekommen. Die Beschäftigten stammten aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka und es wird davon ausgegangen, dass es noch viele weitere, nicht dokumentierte Todesfälle gab, insbesondere aus Ländern wie den Philippinen und Kenia, die jedes Jahr eine große Zahl von Arbeiter:innen nach Katar schicken. Die ILO stellte fest, dass im Jahr 2020 50 Personen bei der Arbeit starben, 500 Personen schwer verletzt wurden und 37.600 Personen leichte bis mittelschwere Verletzungen erlitten. Wanderarbeitende haben oft teure Anwerbegebühren gezahlt, sind verschuldet, stehen in Schuldknechtschaft, und können nicht kündigen, da nur der oder die Arbeitgeber:in die erforderliche Genehmigung erteilen kann, mit der Wanderarbeitende ausreisen können.

Die Arbeits- und Menschenrechtsbedingungen in Katar sind in Branchen wie dem Baugewerbe mangelhaft und es kommt häufig zu (tödlichen) Unfällen, insbesondere unter Wanderarbeitenden, deren Rechte missachtet werden und die unter strengen Einschränkungen arbeiten. FIFA-Funktionäre haben erklärt, dass sie sich „voll und ganz für den Schutz der Rechte der Beschäftigten vor Ort einsetzen“, aber die Vergabe von Unteraufträgen und die Behandlung der Beschäftigten außerhalb der Baustelle (z. B. unsichere Unterkünfte und fehlender Zugang zu Trinkwasser bei extremer Sommerhitze) bergen weitere Risiken für die Wanderarbeitenden. Unternehmen, die mit der FIFA und der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Verbindung stehen, darunter Adidas, Coca-Cola und Visa, wurden wegen ihrer Unterstützung für die Fußballweltmeisterschaft in Katar und die FIFA kritisiert.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Migrant Work & Employment in the Construction Sector: Dieser Bericht befasst sich mit einigen der Hindernisse, mit denen Wanderarbeitende bei der Suche nach fairer, sicherer und menschenwürdiger Arbeit in der Baubranche konfrontiert sind. Er enthält Empfehlungen für Unternehmen, wie sie für bessere Arbeitsbedingungen für Wanderarbeitende sorgen können.
  • ILO, Why Fair Recruitment Matters: Dieses Schulungspaket enthält konkrete Ratschläge, wie Unternehmen faire Einstellungsverfahren einrichten können.
  • Business and Human Rights Resource Centre, A Human Rights Primer for Business: Understanding Risks to Construction Workers in the Middle East: Diese Umsetzungshilfe bietet Bauunternehmen, die im Nahen Osten tätig sind, spezifische, auf die Region bezogene Ratschläge zu den wichtigsten Menschenrechtsrisiken, wobei der Schwerpunkt auf den Rechten von Wanderarbeitenden liegt.
  • BSR, Migrant Workers and the FIFA World Cup 2022 in Qatar: Actions for Business: Dieser Bericht enthält bewährte Verfahren und Leitlinien für Unternehmen zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitenden im Baugewerbe, die weltweit angewendet werden können.
  • Stronger Together, Construction: Diese Veröffentlichung umfasst eine Reihe von Ratschlägen und Informationen zur Bekämpfung von moderner Sklaverei und der Probleme von Wanderarbeitenden im Bausektor.


Mode und Bekleidung

Die Mode- und Bekleidungsindustrie weist viele Merkmale auf, die zur Ausbeutung von Wanderarbeitenden beitragen. Berichten zufolge waren Wanderarbeitende im Jahr 2020 am stärksten betroffen, als internationale Modemarken aufgrund von COVID-19 Aufträge mit Textil- und Bekleidungsfabriken – insbesondere in der Türkei und Südostasien – stornierten, was nicht gezahlte Löhne und den Verlust von Arbeitsplätzen für Hunderttausende von Beschäftigten zur Folge hatte.

Zu den mode- und bekleidungsspezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Outsourcing: In der Branche werden viele Arbeitsschritte ausgelagert und in Heimarbeit erledigt, sodass es schwer nachzuvollziehen ist, wo und von wem ein Artikel hergestellt wurde. Dies birgt große Risiken für Wanderarbeitende, die eventuell gezwungen sind, unter gefährlichen Bedingungen zu arbeiten und zu leben, da es äußerst unwahrscheinlich ist, dass Arbeitsinspektor:innen sie „aufspüren“ oder ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse mit eigenen Augen sehen und Veränderungen angestoßen werden.
  • Wirtschaftliche Schwankungen: Wie in der Landwirtschaft und im Baugewerbe ist auch die Mode- und Bekleidungsindustrie anfällig für wirtschaftliche Schwankungen, wie sich 2020 im Zuge der COVID-19-Krise gezeigt hat. Infolgedessen müssen Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie unter Umständen für lange Zeit ohne Lohn oder Arbeit auskommen. Dies ist besonders für Wanderarbeitende problematisch, die über keinen sicheren Wohnsitz verfügen, keine Möglichkeit haben, eine andere Arbeit zu finden, oder die ihr Visum oder ihr Aufenthaltsrecht verlieren können, wenn sie nicht in der Lage sind, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
  • Arbeitsrechtsverletzungen: Bei Wanderarbeitenden in der Mode- und Bekleidungsbranche wird oft gegen ihre Lohn- und Arbeitszeitregelungen verstoßen und sie sind Sicherheits- und Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz ausgesetzt. Dies liegt an den Herausforderungen bei der Durchsetzung und Anwendung der Arbeitsgesetze, vor allem auf den unteren Ebenen der Lieferketten und in Netzwerken aus Subunternehmen; dem Mangel an konkreten Gesetzen, die den Einsatz von Zwangsarbeit unter Strafe stellen; der schwachen Kontrolle von Personalvermittlungsagenturen und Arbeitsvermittler:innen und dem zunehmenden internationalen Druck, die Produktionskosten zu senken. Weitere Faktoren sind Sprachbarrieren und kulturelle Diskriminierung.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • OECD, Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie: Dieser Leitfaden soll Mode- und Bekleidungsunternehmen dabei helfen, die in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen enthaltenen Empfehlungen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht umzusetzen, damit die möglichen negativen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten und Lieferketten auf verschiedene Menschenrechte, einschließlich den Rechten von Wanderarbeitenden, reduziert und vermieden werden.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Guide for Employers on Preventing Forced Labour in the Textile and Garment Supply Chains in Vietnam: Dieser Leitfaden dient als Referenz für Unternehmen zur Einhaltung sozialer Standards und rechtlicher Vorschriften (einschließlich in Bezug auf Wanderarbeit) in vietnamesischen Textil- und Bekleidungsunternehmen.
  • UNPRI, An Investor Briefing on the Apparel Industry: Moving the Needle on Labour Practices: Dieses Briefing bietet institutionellen Investor:innen eine Anleitung zur Identifizierung negativer Einflüsse auf die Menschenrechte in der Bekleidungsindustrie, einschließlich in Bezug auf die Rechte von Wanderarbeitenden.
  • Institute for Human Rights and Business, Migration with Dignity: A Guide to Implementing the Dhaka Principles: Dieser praxisbezogene Leitfaden enthält Informationen zur Umsetzung der Dhaka-Prinzipien für verantwortungsbewusste und gleichberechtigte Arbeit für Wanderarbeitende. Die Dhaka-Prinzipien bieten eine Roadmap, die den Weg der Wanderarbeitenden von der Anwerbung über die Beschäftigung bis hin zum Ende des Arbeitsverhältnisses beschreibt. Sie enthalten wichtige Prinzipien, die Arbeitgeber:innen und Vermittlungen von Wanderarbeitenden in jeder Phase des Einstellungsprozesses beachten sollten, um Wanderarbeit in Würde zu erreichen.
  • Clean Clothes Campaign, ‚Made in Japan‘ and the Cost to Migrant Workers: Dieser Bericht enthält Informationen über Wanderarbeitende in Japans staatlich gefördertem „Technical Internship Training Programme“ (TITP), die zahlreichen Arbeitsrechtsverletzungen ausgesetzt sind, wie z.B. Hungerlöhnen, Schuldknechtschaft, erzwungenen Überstunden und unangemessenen und beengten Lebens- und Arbeitsbedingungen.
  • Clean Clothes Campaign, Labour Without Liberty: Female Migrant Workers in Bangalore’s Garment Industry: Dieser Bericht zeigt auf, dass Migrantinnen, die in den indischen Bekleidungsfabriken, die internationale Marken beliefern, beschäftigt sind, oft mit falschen Versprechungen über Löhne und Leistungen angeworben werden und Bedingungen ausgesetzt sind, die moderner Sklaverei entsprechen.
  • Asia Wage Floor, The Emperor Has No Clothes: Garment Supply Chains in the Time of Pandemic: Dieser Bericht schildert die Situation asiatischer Arbeiter:innen in der Bekleidungsindustrie, einschließlich Wanderarbeitenden, während der COVID-19-Pandemie.


Landwirtschaft und Fischerei

In der Landwirtschaft sind nach Schätzungen der ILO von 2018 weltweit rund 1,3 Milliarden Menschen beschäftigt – das sind etwa die Hälfte aller Erwerbstätigen auf der ganzen Welt, von denen viele Wanderarbeitende sind. Die Saisonalität der landwirtschaftlichen Arbeit bedeutet, dass die meisten Landarbeiter:innen Wanderarbeitende sind, die ihren Arbeitsstandort nach den saisonalen Erntezeiten, der Fischwanderung oder den Viehzuchtzeiten ausrichten.

Zu den landwirtschafts- und fischereispezifischen Risikofaktoren zählen:

  • Subsistenzwirtschaft: Wanderarbeitende in der Landwirtschaft sind besonders von Missbrauch bedroht, da viele von ihnen nur ihren Lebensunterhalt decken können, ohne eine feste Unterkunft oder ein anderes Einkommen zu haben. Dadurch können landwirtschaftliche Betriebe ihre Beschäftigten ausnutzen und missbräuchliche Bedingungen schaffen, wie z. B. überlange Arbeitszeiten, unsichere Arbeitsbedingungen, fehlende Schutzausrüstung und die Vorenthaltung von Löhnen.
  • Unterkünfte: Aus Berichten geht hervor, dass die Unterkünfte von Wanderarbeitenden aus dem Landwirtschaftssektor während der COVID-19-Pandemie ein „Hot Spot“ für die Übertragung des Coronavirus waren.
  • Fehlende Rückverfolgbarkeit: Lange Lieferketten und die Vergabe von Unteraufträgen erschweren es Unternehmen, die Einhaltung der Arbeitsrechte für alle Beschäftigten, einschließlich der Wanderarbeitenden, zu gewährleisten. Abgelegene Standorte führen dazu, dass Arbeitsinspektionen selten sind und dass die Beschäftigten dort meistens isoliert leben und arbeiten und daher nicht in der Lage sind, Unterstützung zu erhalten oder Hilfe aufzusuchen.
  • Gefährliche Tätigkeiten: Nach Angaben der ILO zählt die Arbeit in der Landwirtschaft zu den gefährlichsten Tätigkeiten weltweit. Wanderarbeitende – insbesondere solche ohne Ausweisdokumente oder mit irregulärem Aufenthaltsstatus – haben oft keinen Anspruch auf medizinische Versorgung, sodass Verletzungen oder Krankheiten, die durch die Arbeit in der Landwirtschaft entstehen (z. B. Hitzeschlag, Verletzungen durch Überlastung oder Kontakt mit Chemikalien) unbehandelt bleiben und zu schweren Krankheiten oder Verletzungen führen können.
  • Fischerei und Walfang: Auch die Arbeit im Fisch- und Walfang ist gefährlich, da sie meist auf hoher See ausgeübt wird, wo die Beschäftigten gefährlichen Gezeiten, Stürmen und wechselhaftem Wetter ausgesetzt sind. Fischereiflotten können oft monatelang oder sogar jahrelang auf See bleiben. Dadurch sind die Beschäftigten auf den Schiffen extrem isoliert, vor allem, wenn ihnen der Zugang zum Kommunikationssystem des Schiffes verwehrt bleibt. Die Fischerei ist sehr stark von Wanderarbeitenden abhängig und schwer zu überwachen. Das bedeutet, dass missbräuchliche Arbeitspraktiken vorherrschen und die Beschäftigten häufig auf Schiffen festsitzen oder misshandelt werden.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Migrant Workers in Commercial Agriculture: Dieser Bericht enthält Informationen über die Behandlung von Wanderarbeitenden in der Landwirtschaft sowie Verbesserungsvorschläge.
  • ILO, Fishers First: Good Practices to End Labour Exploitation at Sea: Diese Umsetzungshilfe enthält Good-Practice-Beispiele und innovative Maßnahmen aus der ganzen Welt zur Beseitigung von Zwangsarbeit und anderen Formen der Arbeitsausbeutung in der Fischereiindustrie.
  • ILO, Forced Labour and Human Trafficking in Fisheries: Diese Publikation bietet Unternehmen einen Überblick darüber, wie die Fischereiindustrie von Zwangsarbeit betroffen ist, wobei Wanderarbeitende als besonders gefährdet gelten.
  • Ethical Trading Initiative, Addressing Worker Vulnerability in Agricultural and Food Supply Chains (Vulnerable Workers Toolkit): Dieses Toolkit bietet Firmen in der Agrar- und Lebensmittellieferkette spezifische Anleitungen zum Umgang mit vulnerablen Beschäftigen, einschließlich Wanderarbeitenden.
  • Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), Regulating Labour and Safety Standards in the Agriculture, Forestry and Fisheries Sectors: Diese Studie gibt Auskunft über internationale Arbeitsnormen, die für den landwirtschaftlichen Bereich gelten und Auswirkungen auf Wanderarbeitende haben. Sie enthält außerdem Informationen über die Integration internationaler Standards in nationale Gesetzgebung.
  • Fairtrade International, Guide for Smallholder Farmer Organisations – Implementing Human Rights and Environmental Due Diligence (HREDD)Dieser Leitfaden dient als Hilfestellung bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse in kleinbäuerlichen Organisationen.


Wanderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren

Dieser Abschnitt beschreibt Schritte entlang des Sorgfaltsprozesses, die Unternehmen ergreifen können, um die Rechte von Wanderarbeitenden in ihrem Geschäftsbereich und ihren Lieferketten zu schützen. Die beschriebenen Schritte orientieren sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). Weitere Informationen zu den UNGPs sind der Infobox „Wichtige Rahmenwerke zu menschenrechtlicher Sorgfalt“ oder der Einführung zu entnehmen.

Die nachstehenden Schritte geben Orientierung, wie speziell das Thema Wanderarbeit im Sorgfaltsprozess adressiert werden kann. Im Allgemeinen ist es für Unternehmen ressourcenschonender, ihre Sorgfaltsprozesse im Bereich Menschenrechte zu vereinheitlichen, indem sie gleichzeitig auch andere relevante Menschenrechtsthemen (z. B. Zwangsarbeit, Diskriminierung, Vereinigungsfreiheit) ermitteln und adressieren.

Wichtige Rahmenwerke zu menschenrechtlicher Sorgfalt

In mehreren menschenrechtlichen Rahmenwerken sind Sorgfaltsprozesse beschrieben, die Unternehmen zur Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Wanderarbeitenden, umsetzen sollten. Am wichtigsten sind hierbei die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs). Die 2011 eingeführten UNGPs bieten einen Leitfaden zur Umsetzung des Rahmenkonzepts „Schutz, Achtung und Abhilfe“ der Vereinten Nationen, in dem die jeweiligen Verantwortlichkeiten von Staaten und Unternehmen festgelegt sind.

Die UNGPs legen fest, wie Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse umsetzen sollten. Dazu gehören:

  • Eine öffentlich zugängliche Grundsatzerklärung, die die Selbstverpflichtung des Unternehmens zur Achtung der Menschenrechte zum Ausdruck bringt
  • Ermittlung und Bewertung aller tatsächlichen oder potenziellen negativen Einwirkungen auf die Menschenrechte, an denen das Unternehmen selbst oder durch seine Geschäftsbeziehungen beteiligt sein könnte
  • Integration der Erkenntnisse aus der Risikoanalyse in die relevanten internen Geschäftsbereiche und Prozesse, sowie Ergreifung wirksamer Maßnahmen, um nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen zu verhüten oder zu mindern
  • Wirksamkeitskontrolle der ergriffenen Maßnahmen
  • Kommunikation und Berichterstattung darüber, wie das Unternehmen mit seinen tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen umgeht
  • Beschwerdemechanismen und Abhilfe/Wiedergutmachung von negativen Auswirkungen, die das Unternehmen verursacht oder zu denen es beigetragen hat

Die nachfolgenden Schritte folgen dem Rahmenwerk der UNGPs und stellen einen schrittweisen Prozess dar, dem Unternehmen folgen können, wenn sie menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse einrichten.

Darüber hinaus definieren die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen die Elemente eines verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns, einschließlich der Menschen- und Arbeitsrechte.

Ein weiteres wichtiges Referenzdokument ist die Dreigliedrige Grundsatzerklärung der ILO über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik (MNU-Erklärung), die die detailliertesten Leitlinien zur Sorgfalt in Bezug auf Rechte von Beschäftigten beinhaltet.


Unternehmen können sich beim ILO Helpdesk für Unternehmen (engl.) über diese und andere Themen im Zusammenhang mit internationalen Arbeitsnormen beraten lassen. Der ILO Helpdesk unterstützt Führungskräfte und Beschäftigte, die die Richtlinien und Verfahren ihres Unternehmens an den Prinzipien der internationalen Arbeitsnormen ausrichten.

Darüber hinaus bietet der KMU Kompass Unterstützung entlang des gesamten menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesses, indem er Unternehmen durch die fünf zentralen Phasen menschenrechtlicher Sorgfalt führt. Der KMU Kompass wurde speziell für die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) entwickelt, ist jedoch frei verfügbar und kann auch von anderen Unternehmen genutzt werden. Das Tool, das auf Englisch und Deutsch verfügbar ist, ist ein Gemeinschaftsprojekt des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.

1. Entwicklung einer Grundsatzerklärung zu Wanderarbeit

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte eine menschenrechtliche Grundsatzerklärung so gestaltet sein, dass sie:

  • „auf höchster Führungsebene des Wirtschaftsunternehmens angenommen wird“
  • „sich auf einschlägiges internes und/oder externes Fachwissen stützt“
  • „menschenrechtsbezogene Erwartungen des Unternehmens an die Mitarbeiter, Geschäftspartner und sonstigen Parteien festlegt, die mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Produkten oder seinen Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind“
  • „öffentlich verfügbar ist sowie intern und extern allen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und sonstigen relevanten Parteien mitgeteilt wird“
  • „sich in den operativen Politiken und Verfahren widerspiegelt, die notwendig sind, um sie innerhalb des gesamten Wirtschaftsunternehmens zu verankern“


Aufgrund der weltweiten Verbreitung von Wanderarbeit ist es wichtig, dass Unternehmen die Rechte von Wanderarbeitenden in ihre Menschenrechtsrichtlinien aufnehmen, unabhängig von der Art der Arbeit und den Ländern oder Regionen, in denen sie tätig sind oder aus denen sie Waren oder Dienstleistungen beziehen. Die Dhaka-Prinzipien sind eine Umsetzungshilfe, die Unternehmen nutzen können, um Wanderarbeitende in allen Schritten des Sorgfaltsprozesses zu berücksichtigen. Unternehmen können dabei die Einführung von Verhaltenskodizes in Erwägung ziehen, um gleiche Arbeitsbedingungen und den Schutz vor Ausbeutung für Wanderarbeitende zu fordern. Die Richtlinien zu Wanderarbeit können verschiedene Verpflichtungen umfassen, wie z. B.:

  • Die Einhaltung nationaler Gesetze in Bezug auf Wanderarbeitende und die bestmögliche Beachtung internationaler Standards und bewährter Verfahren
  • Der Verzicht auf eine ungleiche Behandlung oder Ausnutzung von Wanderarbeitenden bei Einstellung, Entlassung, Entlohnung, Weiterbildung, Beförderung oder im Ruhestand
  • Die Vermeidung von Beschränkungen für Wanderarbeitende, einschließlich der Einbehaltung von Pässen und anderen Ausweisdokumenten
  • Die Festlegung klarer Richtlinien für Einstellungspraktiken (nach Möglichkeit auch für Zulieferbetriebe und Geschäftspartner:innen), die spezifische Empfehlungen zu Einstellungsgebühren und Verträgen enthalten

Einige Unternehmen, deren Sektoren besonders anfällig für Arbeitsrechtsverletzungen sind, veröffentlichen eigenständige Richtlinien für den Umgang mit Wanderarbeitenden, wie zum Beispiel das britische Modehaus Burberry, das schwedische Textilunternehmen H&M und das Technologieunternehmen Hewlett-Packard. Es ist jedoch häufiger der Fall, dass Unternehmen die Rechte von Wanderarbeitenden in ihre Leitlinien zu Menschenrechten, verantwortungsvoller Beschaffung oder Vielfalt integrieren, wie zum Beispiel Unilever. Wenn Unternehmen über keine menschenrechtliche Grundsatzerklärung verfügen, wird das Thema Wanderarbeit oft in anderen Dokumenten behandelt, z. B. in einem Verhaltens- oder Ethikkodex und/oder in einem Verhaltenskodex für Zulieferbetriebe.

Unternehmen können auch in Erwägung ziehen, ihre Richtlinien an einschlägigen branchenweiten oder branchenübergreifenden Verpflichtungen auszurichten, wie zum Beispiel:

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • United Nations Global Compact-OHCHR, Ein Leitfaden für Unternehmen: Menschenrechtstrategien entwickeln: Dieser Leitfaden liefert Empfehlungen für die Entwicklung einer Grundsatzerklärung und enthält Auszüge aus den Richtlinien von Unternehmen, die sich auf Wanderarbeitende beziehen.
  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDieses Online-Tool bietet Umsetzungshilfen für die Entwicklung einer Menschenrechtsstrategie und die Formulierung einer Grundsatzerklärung.
  • KMU Kompass, Grundsatzerklärung: Die Praxishilfe zur Grundsatzerklärung unterstützt Unternehmen Schritt für Schritt bei der Entwicklung einer Grundsatzerklärung und zeigt anhand von Anwendungsbeispielen wie die Anforderungen erfüllt werden können.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • Institute for Human Rights and Business, Migration with Dignity: A Guide to Implementing the Dhaka Principles: Dieser praxisbezogene Leitfaden enthält Informationen zur Umsetzung der Dhaka-Prinzipien für verantwortungsbewusste und gleichberechtigte Arbeit für Wanderarbeitende und zur Ausarbeitung entsprechender Richtlinien. Die Dhaka-Prinzipien bieten eine Roadmap, die den Weg der Wanderarbeitenden von der Anwerbung über die Beschäftigung bis hin zum Ende des Arbeitsverhältnisses beschreibt. Sie enthalten wichtige Prinzipien, die Arbeitgeber:innen und Vermittlungen von Wanderarbeitenden in jeder Phase des Einstellungsprozesses beachten sollten, um Wanderarbeit in Würde zu erreichen.
  • BSR, Migrant Worker Management Toolkit: A Global Framework: Dieses Toolkit enthält Umsetzungshilfen zur Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden in Unternehmen und globalen Lieferketten, inklusive Leitlinien für die Einstellungsverfahren für Wanderarbeitende.
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich Hinweisen zur Verbesserung von Verhaltenskodizes und Unternehmensrichtlinien.
  • Interfaith Centre on Corporate Responsibility (ICCR), Best Practice Guidance on Ethical Recruitment of Migrant Workers: Dieser Bericht umfasst Informationen über die Anwerbung von Wanderarbeitenden und Good-Practice-Beispiele (einschließlich zu Richtlinien).
  • UN Global Compact Labour Principles, Advancing Decent Work in Business Learning Plan: Dieser Lernplan, der vom UN Global Compact und der Internationalen Arbeitsorganisation entwickelt wurde, hilft Unternehmen, die einzelnen Arbeitsprinzipien und die damit verbundenen Konzepte und bewährten Vorgehensweisen zu verstehen, und zeigt praktische Schritte auf, die Unternehmen dabei helfen, Maßnahmen zu ergreifen.


2. Ermittlung der potenziellen und tatsächlichen Auswirkungen auf die Rechte von Wanderarbeitenden

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte eine Ermittlung der menschenrechtlichen Auswirkungen:

  • „je nach Größe des Wirtschaftsunternehmens, des Risikos schwerer menschenrechtlicher Auswirkungen und der Art und des Kontexts seiner Geschäftstätigkeit von unterschiedlicher Komplexität sein“
  • „sich auf die nachteiligen menschenrechtlichen Auswirkungen erstrecken, die das Wirtschaftsunternehmen durch seine eigene Tätigkeit unter Umständen verursacht oder zu denen es beiträgt oder die infolge seiner Geschäftsbeziehungen mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Produkten oder Dienstleistungen unmittelbar verbunden sind“
  • „sinnvolle Konsultationen mit potenziell betroffenen Gruppen und Anderen in Betracht kommenden Stakeholdern umfassen“, zusätzlich zu anderen Informationsquellen wie Audits
  • fortlaufend sein

Bei der Ermittlung menschenrechtlicher Auswirkungen sollten sowohl tatsächliche als auch potenzielle Auswirkungen untersucht werden, d. h. Auswirkungen, die bereits eingetreten sind oder eintreten könnten. Dies steht im Gegensatz zu einer Risikoabschätzung, bei der nur die potenziellen Auswirkungen untersucht werden und die möglicherweise nicht alle der oben genannten Kriterien erfüllt.


Bei der Ermittlung der Betriebsstätten und Lieferketten, in denen Wanderarbeitende besonders häufig beschäftigt sind, sollten Unternehmen die potenziellen und tatsächlichen Risiken für die Rechte der Wanderarbeitenden analysieren. Die Auswirkungsermittlung sollte Folgendes berücksichtigen:

  • Wanderarbeitende sind besonders anfällig für Missbrauch, da ihr Recht, in einem Land zu leben oder zu arbeiten, an eine Beschäftigung gebunden sein kann (z. B. über ein Sponsoring-System) oder sie ohne legalen Aufenthaltstitel arbeiten und nicht riskieren wollen, ihren Job zu verlieren und den Behörden gemeldet zu werden.
  • Bei der Prüfung sollten Befragungen eventuell außerhalb des Arbeitsumfeldes durchgeführt werden, da die Beschäftigten möglicherweise nicht bereit sind, vor Ort über schlechte Erfahrungen zu sprechen.
  • Es gibt außerdem einen zunehmenden Trend, die Risiken von Arbeitsrechtsverletzungen mithilfe sogenannter „Worker Voice“-Tools, wie z. B. technologiegestützten Befragungen von Beschäftigten, zu ermitteln. Diese können leicht an verschiedene Sprachen angepasst werden, um den Bedürfnissen von Wanderarbeitenden gerecht zu werden.

Risikoanalysen für Wanderarbeit werden in der Regel im Rahmen von umfassenderen menschenrechtlichen Risikoanalysen durchgeführt. Die Einbindung potenziell betroffener Interessengruppen ist dabei ein wichtiger Aspekt. Nike ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das mithilfe des „CUMULUS Forced Labor Screen -Tools“ von Verité eine Risikoanalyse durchführt, die sich speziell auf die Anwerbungspraktiken für Wanderarbeitende konzentriert.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • CSR Risiko-Check: Mit diesem Tool können Unternehmen prüfen, welchen internationalen CSR-Risiken (einschließlich Risiken für Wanderarbeitende) sie ausgesetzt sind und was zu deren Bewältigung getan werden kann. Das Tool bietet maßgeschneiderte Informationen über die länderspezifische Menschenrechtslage sowie zu verschiedenen Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen. Der CSR Risiko-Check ermöglicht Nutzer:innen eine Filterung nach Produkten, Dienstleistungen und Herkunftsländern. Das Tool wurde von MVO Nederland entwickelt; die deutsche Version wird vom Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung und UPJ finanziert und umgesetzt.
  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Dieses Tool enthält Empfehlungen, wie potenzielle und tatsächliche Risiken ermittelt, bewertet und priorisiert werden können.
  • KMU Kompass, Risikoanalyse-Tool: Das Tool hilft Unternehmen dabei, bedeutende Menschenrechts- und Umweltrisiken entlang ihrer Wertschöpfungsketten zu lokalisieren, zu bewerten und zu priorisieren.
  • KMU Kompass, Praxishilfe Lieferantenprüfung: Dieser praktische Leitfaden gibt Orientierung beim Lieferantenmanagement. Unternehmen erfahren, was bei der Überprüfung eigener Lieferanten zu beachten ist und wie sie mit Kundenanforderungen umgehen können.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • BSR, Migrant Worker Management Toolkit: A Global Framework: Dieses Toolkit enthält Umsetzungshilfen zur Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden inklusive einem Abschnitt, der erläutert, wie der länderspezifische Kontext in die Risikoanalyse einfließen kann.
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich Umsetzungshilfen zur Ermittlung des Risikos für Menschenhandel und Zwangsarbeit unter Wanderarbeitenden.
  • Ethical Trading Initiative, Managing Risks Associated with Modern Slavery: A Good Practice Note for the Private Sector: Diese Umsetzungshilfe enthält eine detaillierte Anleitung, wie Unternehmen das Risiko von moderner Sklaverei in globalen Lieferketten überprüfen können. Ein besonderes Augenmerkt gilt dabei Wanderarbeitenden.


3. Integration und Durchführung relevanter Maßnahmen

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs setzt eine wirksame Integration voraus, dass:

  • „die Verantwortung dafür, diesen [menschenrechtlichen] Auswirkungen zu begegnen, auf einer angemessenen Ebene und in einem angemessenen Aufgabenbereich innerhalb des Wirtschaftsunternehmens angesiedelt wird“ (z. B. oberste Führungsebene, Geschäftsführung und Vorstandsebene)
  • „die internen Entscheidungs-, Mittelzuweisungs- und Aufsichtsverfahren es gestatten, wirksame Gegenmaßnahmen gegen diese Auswirkungen zu treffen“


Die Maßnahmen, die ein Unternehmen ergreifen sollte, um Risiken in Bezug auf Wanderarbeitende zu managen, hängen von den Ergebnissen der Risikoanalyse ab. Unternehmen können zum Beispiel in Betracht ziehen, dem Personal, das am ehesten mit Wanderarbeitenden in Kontakt kommt, Schulungen zu den Rechten von Wanderarbeitenden anzubieten, z.B. für Beschäftigte in der Beschaffung, im Personalwesen und in den Lieferketten. Auch für Zulieferbetriebe können Schulungen zum Thema Wanderarbeit vorgeschlagen werden. Schulungen können Verweise auf die relevanten internationalen Normen und Berichtstandards enthalten und im Fall von neuen Erkenntnissen und Praktiken entsprechend angepasst werden.

Unternehmen können darüber hinaus erwägen, bestehende Schulungsprogramme für Beschäftigte so anzupassen, dass auch Wanderarbeitende einfacher daran teilnehmen können. Dazu kann zum Beispiel das Angebot von Sprachkursen gehören, die zu einer besseren Kommunikation, Produktivität und Sicherheit der Beschäftigten beitragen. Außerdem können zusätzliche Ausbildungs- und Orientierungsprogramme für Wanderarbeitende angeboten werden, um sicherzustellen, dass sie gleiche Chancen am Arbeitsplatz haben, und um ihre Integration in lokale Gemeinschaften zu unterstützen.

Ein Unternehmen kann sich außerdem dafür entscheiden, Wanderarbeitende direkt anzuwerben, anstatt Vermittlungsagenturen damit zu beauftragen. Vermittlungsagenturen sollten sorgfältig geprüft werden, damit sichergestellt ist, dass sie alle Gesetze zum Schutz von Wanderarbeitenden einhalten (siehe dazu die Informationen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zum Thema verantwortungsbewusste Personalbeschaffung). Unternehmen können außerdem Leitlinien bezüglich ihrer Erwartungen bei der Einstellung und Beschäftigung von Wanderarbeitenden gegenüber Geschäftspartner:innen und Zulieferbetrieben kommunizieren. In Lieferketten mit einem höheren Risiko für Ausbeutung könnte ein Unternehmen seine Zulieferbetriebe dazu bewegen, ihre Einstellungspraktiken zu verbessern. Dies kann z. B. dadurch erreicht werden, dass Zulieferbetriebe, die selbst Personal rekrutieren, Vorzugskonditionen erhalten.

Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) können das notwendige Fachwissen, Unterstützung und Größenvorteile bieten, um sich mit Wanderarbeit auf verantwortungsvolle, branchenspezifische Weise zu befassen. Solche MSIs können Unternehmen auch dabei helfen, von verschiedenen Stakeholdergruppen wie Unternehmens- und Regierungsvertreter:innen sowie zivilgesellschaftlichen, zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zu lernen. Ein Beispiel hierfür ist die Partnerschaft zwischen der IOM und H&M aus dem Jahr 2019, die die Zusammenarbeit bei der ethischen Anwerbung von Wanderarbeitenden in globalen Textillieferketten fördert. Weitere MSIs sind die Fair Labor Association und der Roundtable on Sustainable Palm Oil, die jeweils Kampagnen zum Thema Wanderarbeit durchführen.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDas Tool bietet Empfehlungen, wie Menschenrechte in Unternehmen verankert werden können, wie ein Aktionsplan erstellt und umgesetzt werden kann und wie eine Überprüfung von Lieferanten und der Aufbau von Kompetenzen erfolgen kann.
  • KMU Kompass, Anspruchsgruppen und Kooperationspartner identifizieren: Dieser praktische Leitfaden soll Unternehmen dabei helfen, relevante Stakeholder und Kooperationspartner zu identifizieren und zu klassifizieren.
  • KMU Kompass, Standards-Kompass: Dieses Online-Tool bietet eine Orientierung, worauf bei der Auswahl von Nachhaltigkeitsstandards oder bei der Teilnahme an Multi-Stakeholder-Initiativen zu achten ist. Es ermöglicht den Vergleich von Standards und Initiativen in Hinblick auf ihren Beitrag zu menschenrechtlichen Sorgfaltsprozessen und mögliche Grenzen.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, The Migrant Pay Gap: Understanding Wage Differences between Migrants and Nationals: Dieser Bericht enthält Informationen über das Lohngefälle zwischen Migrant:innen und Staatsangehörigen und gibt Tipps, wie dieses Problem behoben werden kann.
  • ILO, Global Guidelines on the Prevention of Forced Labour Through Lifelong Learning and Skills Development Approaches: Dieser Leitfaden bietet Unterstützung bei der Entwicklung von Schulungsmodulen für Beschäftigte und Zulieferbetriebe zum Thema Zwangsarbeit (mit Fokus auf Wanderarbeit), einschließlich gezielter Kampagnen zur Sensibilisierung für die Ermittlung von Zwangsarbeitsrisiken.
  • IOM, IRIS: Ethical Recruitment, Tools and Resources: IRIS ist die Initiative der IOM zur Förderung der verantwortungsvollen Rekrutierung von Wanderarbeitenden. Berichte, Onlinekurse und andere Hilfsmittel zum Thema verantwortungsvolle Personalbeschaffung sind dem Abschnitt „Resources“ auf ihrer Website zu entnehmen.
  • Ethical Trading Initiative: Die Initiative bietet eine Reihe von Informationen für Unternehmen zum Schutz von Wanderarbeitenden in ihren Betrieben und Lieferketten, einschließlich in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie.
  • BSR, Migrant Worker Management Toolkit: A Global Framework: Dieses Toolkit enthält Umsetzungshilfen zur Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden inklusive eines Abschnitts über den Aufbau von Kapazitäten zur Verbesserung der unternehmensinternen Kenntnisse über die Rechte von Wanderarbeitenden sowie eines Abschnitts über die Unterstützung von Wanderarbeitenden nach ihrer Ankunft durch Schulungen, kulturelle und sprachliche Unterstützung und gesundheitliche Aufklärung.
  • ILO, Fair Recruitment Toolkit: Dieses modulare Schulungshandbuch unterstützt Unternehmen bei der Ausarbeitung und Umsetzung fairer Einstellungspraktiken.
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich Vorgehensweisen zur Sensibilisierung und zum Aufbau von Kapazitäten, zur Überprüfung von Arbeitsvermittlungen und zur Einbindung verschiedener Interessengruppen.
  • Interfaith Centre on Corporate Responsibility, Best Practice Guidance on Ethical Recruitment of Migrant Workers: Dieser Bericht umfasst Informationen über die Anwerbung von Wanderarbeitenden und Good-Practice-Beispiele (einschließlich zu Lieferantenbeziehungen und -management sowie zur sektoralen Zusammenarbeit).
  • Ergon Associates und Ethical Trading Initiative, Managing Risks Associated with Modern Slavery – A Good Practice Note for the Private Sector: Diese Informationen, die mit Unterstützung von IFC, CDC Group, EBRD und DFID zusammengestellt wurden, enthalten detaillierte Anweisungen dazu, wie Unternehmen Maßnahmen ergreifen können, um Risiken der modernen Sklaverei in globalen Lieferketten zu begegnen. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf das Thema Wanderarbeit gelegt.


4. Wirksamkeitskontrolle der Maßnahmen

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte die Wirksamkeitskontrolle:

  • „von geeigneten qualitativen und quantitativen Indikatoren ausgehen“
  • „auf Rückmeldungen seitens interner wie externer Quellen zurückgreifen, einschließlich betroffener Stakeholder“ (z. B. mittels Beschwerdemechanismen)


Unternehmen sollten ihren Aktivitäten zur Wahrung der Rechte von Wanderarbeitenden regelmäßig auf die gewünschte Wirksamkeit überprüfen. Audits und soziales Monitoring sind gängige Methoden zur Wirksamkeitskontrolle auf der ersten Lieferantenebene. Solche Überprüfungen können intern vom Unternehmen selbst durchgeführt werden oder durch vom Unternehmen beauftragte Dritte erfolgen. Eigene Betriebe und Zulieferbetriebe können auditiert werden, um herauszufinden, wie Wanderarbeitende behandelt werden und welche Rechte ihnen zustehen z. B. in Bezug auf Löhne, Arbeitszeiten und Lebensbedingungen. Weiterhin kann überprüft werden, ob sie Zugang zu ihren eigenen Dokumenten (z. B. Pässen) haben und ob sie Anwerbegebühren zahlen mussten. Zu den gängigen Zuliefereraudits, die sich auf die meisten Branchen erstrecken und Indikatoren für Wanderarbeit enthalten, gehören SMETA-Audits und SA8000-akkreditierte Audits. Der amfori BSCI-Verhaltenskodex enthält außerdem einen Leitfaden zur Abschwächung negativer sozialer Auswirkungen auf Wanderarbeitende.

Ein häufiger erster Schritt ist die Verteilung von Fragebögen zur Selbstbewertung (engl.: Self Assessment Questionnaires – SAQ) an Zulieferbetriebe, in denen Informationen und Nachweise über ihre Verfahren bezüglich Wanderarbeit abgefragt werden, z. B. ob die Zulieferbetriebe Maßnahmen zur Identifizierung von vulnerablen Gruppen getroffen haben, ob Personalvermittlungsagenturen beim Anwerbungsprozess eingesetzt werden, welche Agenturen eingesetzt werden und wie sie die Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden gewährleisten. Wiederholte SAQs können Aufschluss über Verbesserungen in den Managementsystemen der Zulieferbetriebe geben und ermöglichen den Zulieferbetrieben eine Selbsteinschätzung über ihre potenziellen oder tatsächlichen negativen Auswirkungen auf die Rechte von Wanderarbeitenden. Wenn die SAQ-Ergebnisse dies rechtfertigen, können Unternehmen Zuliefereraudits vor Ort oder virtuell durchführen.

Beispiele für Fragen, die im Rahmen von Sozialaudits oder SAQs gestellt werden können, sind:

  • Haben Wanderarbeitende die Freiheit, das Arbeitsverhältnis (mit einer angemessenen Kündigungsfrist) jederzeit und ohne Sanktionen beenden zu können?
  • Haben Wanderarbeitende eine Anwerbegebühr gezahlt oder schulden sie einer Vermittlungsagentur Geld von ihrem Lohn?
  • Hat das Unternehmen wichtige Dokumente, wie z. B. Visum, Arbeitsberechtigung oder Pass, einbehalten?

Werden Mängel festgestellt, sollten in Zusammenarbeit mit dem Zulieferbetrieb Pläne zur Behebung von Problemen (engl.: Corrective Action Plans – CAP) entwickelt werden, in denen klare Ziele und Meilensteine für Verbesserungen festgelegt sind. Die Fortschritte sollten anschließend regelmäßig kontrolliert werden, um die korrekte Durchführung und den Abschluss des CAP sicherzustellen. Die Festlegung von SMART-Zielen unterstützt eine objektive Wirksamkeitskontrolle. SMART-Ziele sind solche, die spezifisch, messbar, erreichbar, angemessen und terminiert (engl.: specific, measurable, attainable, resourced and time-bound – SMART) sind. Beispiele für relevante Indikatoren sind:

  • Erfasste Beschwerden von Wanderarbeitenden (Anzahl und Art)
  • Auditergebnisse zu den Rechten von Wanderarbeiten
  • Fortschritte bei den Plänen zur Behebung von Problemen
  • Medienberichte über Missbrauchsfälle unter Wanderarbeitenden
  • Offizielle Inspektionsergebnisse

Sorgfaltsprozesse sollten regelmäßig überprüft und kontinuierlich verbessert werden, um sicherzustellen, dass die für diese Ziele gesammelten Informationen so genau wie möglich sind. Dazu gehört auch die Überprüfung der Wirksamkeit von Beschwerdemechanismen (d.h. ihre Zugänglichkeit für Wanderarbeitende), die Qualität von Audits usw. Die Verantwortung für die Datenerhebung sollte eindeutig zuständigen Stellen im Unternehmen zugewiesen werden.

Obwohl sowohl SAQs als auch Audits häufig von Unternehmen durchgeführt werden, sind beide Instrumente nur begrenzt in der Lage, versteckte Verstöße, einschließlich gegenüber Wanderarbeitenden, aufzudecken. Unangekündigte Audits können hier sinnvoll sein, aber selbst diese reichen nicht immer aus, um Verstöße aufzudecken, da ein Audit-Team in der Regel nur eine begrenzte Zeit vor Ort ist. Darüber hinaus finden Verletzungen der Rechte von Wanderarbeitenden oft weiter unten in der Lieferkette statt, während sich Audits und Kontrollen oft nur auf direkte Zulieferbetriebe (Tier 1) beziehen.

Neuere Hilfsmittel, wie technologiegestützte Befragungen von Beschäftigten, ermöglichen eine Wirksamkeitsmessung in Echtzeit und beheben teilweise die Probleme herkömmlicher Audits. Immer mehr Unternehmen ergänzen die gängigen Audits mit Mitarbeitenden-Umfragen („Worker Voice“) (z. B. Unilever und VF Corporation), die leicht an verschiedene Sprachen angepasst werden können, um den Bedürfnissen von Wanderarbeitenden gerecht zu werden und anonymisiert sind, damit Beschäftigte keine Benachteiligung befürchten müssen.

Einige Unternehmen verfolgen Ansätze, die über die gängigen Audits hinausgehen („beyond audit“). Diese beruhen auf einer proaktiven Zusammenarbeit mit den Zulieferbetrieben, anstatt diese zu überwachen. Die Zusammenarbeit mit anderen Stakeholdern wie Gewerkschaften, Strafverfolgungsbehörden, Arbeitsaufsichtsbehörden und NGOs kann ebenfalls bei der Erkennung, Vorbeugung und Wiedergutmachung von Verletzungen der Rechte von Wanderarbeitenden helfen.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-KompassDieses Tool bietet hilfreiche Empfehlungen zur Wirksamkeitsmessung von Maßnahmen.
  • KMU Kompass, Praxishilfe zu Kennzahlen im SorgfaltsprozessUnternehmen können diese Übersicht ausgewählter quantitativer Leistungsindikatoren nutzen, um die Umsetzung zu messen, intern zu steuern und/oder extern zu berichten.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Fair Recruitment Toolkit: Dieses modulare Schulungshandbuch unterstützt Unternehmen bei der Ausarbeitung und Umsetzung fairer Einstellungspraktiken.
  • ILO, Combating Forced Labour: A Handbook for Employers and Business: Dieser Leitfaden enthält Vorschläge, wie Unternehmen auf Zwangsarbeit bezogene Wirksamkeitskontrollen in ihren Betrieben und Lieferketten durchführen können (mit einem Fokus auf Wanderarbeit).
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich eines Leitfadens für Sozialaudits (z. B. Durchführung von Interviews mit Wanderarbeitenden, Arbeitsvermittler:innen und Führungskräften), zur Ergreifung von Korrekturmaßnahmen und der Entwicklung von Plänen zur Verbesserung.
  • Interfaith Centre on Corporate Responsibility (ICCR), Best Practice Guidance on Ethical Recruitment of Migrant Workers: Dieser Bericht umfasst Informationen über die Anwerbung von Wanderarbeitenden und Good-Practice-Beispiele (einschließlich Audits).
  • Ergon Associates und Ethical Trading Initiative, Managing Risks Associated with Modern Slavery – A Good Practice Note for the Private Sector: Diese Informationen, die mit Unterstützung von IFC, CDC Group, EBRD und DFID zusammengestellt wurden, bieten Unternehmen eine Orientierungshilfe, wie die Wirksamkeit der Bekämpfung von Zwangsarbeit (mit einem Schwerpunkt auf Wanderarbeitenden) kontrolliert werden kann, einschließlich Leistungskennzahlen.


5. Kommunikation und Berichterstattung

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollte die Kommunikation:

  • „in einer Form und Häufigkeit vorgelegt werden, die den menschenrechtlichen Auswirkungen des Unternehmens entspricht und für die vorgesehene Zielgruppe zugänglich ist“
  • „ausreichende Informationen enthalten, um die Angemessenheit der Gegenmaßnahmen eines Unternehmens in Bezug auf die betreffende menschenrechtliche Auswirkung bewerten zu können“
  • „weder betroffene Stakeholder oder Mitarbeiter noch legitime geschäftliche Vertraulichkeitserfordernisse Risiken aussetzen“


Von Unternehmen wird erwartet, dass sie ihre Aktivitäten zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitenden in einem formellen Bericht veröffentlichen. Dies kann auch ein eigenständiger Bericht sein, wie beispielsweise Nestlés Bericht zum verantwortungsvollen Einkauf von Meeresfrüchten. 

Oft wird die Berichterstattung über den Umgang mit Wanderarbeitenden jedoch in einen breiteren Nachhaltigkeits- oder Menschenrechtsbericht (z. B. Unilevers Menschenrechtsberichte) oder in dem jährlichen Fortschrittsbericht (engl.: Communication on Progress – CoP) zur Umsetzung der 10 Prinzipien des UN Global Compact aufgenommen. Auch andere Formen der Kommunikation wie persönliche Meetings, Online-Dialoge und Rücksprachen mit (potenziell) betroffenen Stakeholdern sind möglich.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Combating Forced Labour: A Handbook for Employers and Business: Dieser Leitfaden enthält hilfreiche Empfehlungen zur Kommunikation von Lösungsansätzen und Ergebnissen bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit (mit einem Fokus auf Wanderarbeitenden).
  • UNGP Reporting Framework: Eine kurze Reihe von Fragen („Berichtsrahmen“) und Umsetzungshinweisen für berichtende Unternehmen und Leitlinien für interne Auditor:innen und externe Prüforganisationen.
  • United Nations Global Compact, Communication on Progress (CoP): Der Fortschrittsbericht sorgt für eine weitere Stärkung der Transparenz und Rechenschaftspflicht von Unternehmen.
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich eines Leitfadens zur Berichterstattung.
  • Social Accountability International, Measure & Improve Your Labor Standards Performance: Diese Veröffentlichung enthält Maßnahmen, die Unternehmen bei der Umsetzung oder Verbesserung von Arbeitsnormen behilflich sind, einschließlich der Unterstützung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten.


6. Beschwerdemechanismen und Abhilfe

UNGP-Anforderungen

Gemäß der UNGPs sollten Beschwerdemechanismen und Abhilfemaßnahmen die folgenden Überlegungen beinhalten:

  • „Stellen Wirtschaftsunternehmen fest, dass sie nachteilige Auswirkungen verursacht oder dazu beigetragen haben, sollten sie durch rechtmäßige Verfahren für Wiedergutmachung sorgen oder dabei kooperieren.“
  • „Beschwerdemechanismen auf operativer Ebene für die von der Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens potenziell Betroffenen können ein wirksames Mittel sein, um Wiedergutmachung zu ermöglichen, sofern sie bestimmte Schlüsselkriterien erfüllen.“

Um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten, sollten Beschwerdemechanismen:

  • legitim sein: Sie ermöglichen das Vertrauen der Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, und sind rechenschaftspflichtig im Sinne einer fairen Abwicklung von Beschwerdeverfahren“
  • zugänglich sein: Sie sind allen Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, bekannt und gewähren denjenigen, die im Hinblick auf den Zugang zu ihnen unter Umständen vor besonderen Hindernissen stehen, ausreichende Unterstützung“
  • berechenbar sein: Sie bieten ein klares, bekanntes Verfahren mit einem vorhersehbaren zeitlichen Rahmen für jede Verfahrensstufe an, ebenso wie klare Aussagen zu den verfügbaren Arten von Abläufen und Ergebnissen und Mitteln zur Überwachung der Umsetzung“
  • ausgewogen sein: Sie sind bestrebt, sicherzustellen, dass die Geschädigten vertretbaren Zugang zu den Quellen für Informationen, Beratung und Fachwissen haben, die sie benötigen, um an einem Beschwerdeverfahren auf faire, informierte und respektvolle Weise teilnehmen zu können“
  • transparent sein: Sie informieren die Parteien eines Beschwerdeverfahrens laufend über dessen Fortgang und stellen genügend Informationen über die Leistung des Beschwerdemechanismus bereit, um Vertrauen in seine Wirksamkeit zu bilden und etwaigen öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen“
  • Rechte-kompatibel sein: Sie stellen sicher, dass die Ergebnisse und Abhilfen mit international anerkannten Menschenrechten in Einklang stehen“
  • eine Quelle kontinuierlichen Lernens sein: Sie greifen auf sachdienliche Maßnahmen zurück, um Lehren zur Verbesserung des Mechanismus und zur Verhütung künftiger Missstände und Schäden zu ziehen“
  • auf Austausch und Dialog aufbauen: Sie konsultieren die Stakeholdergruppen, für die sie vorgesehen sind, hinsichtlich ihrer Gestaltung und Leistung und stellen auf Dialog als Mittel ab, um Missständen zu begegnen und sie beizulegen“


Beschwerdemechanismen können eine wichtige Rolle im Umgang mit Wanderarbeitenden in Betrieben und Lieferketten spielen (siehe z.B. Hewlett-Packard). Zusätzlich zu den gängigen Beschwerdekanälen, wie z. B. über eine Hotline, ermöglicht die neue „Worker Voice“-Technologie den Beschäftigten, Beschwerden in Echtzeit über Textnachrichten und ohne Angst vor Repressalien vorzubringen.

Abhilfemaßnahmen im Fall einer Verletzung der Rechte von Wanderarbeitenden können komplex sein, da sie Auswirkungen auf das Aufenthaltsrecht der Beschäftigten in einem bestimmten Land haben könnten, weshalb eine entsprechende Rechtsberatung in Anspruch genommen werden sollte. Es muss dafür gesorgt werden, dass Abhilfemaßnahmen die Sicherheit und das Wohlergehen von Wanderarbeitenden berücksichtigen, vor allem wenn diese dem Anschein nach dem Menschenhandel zum Opfer gefallen sind oder unter der Kontrolle eines Bandenchefs oder einer anderen illegalen Gruppe stehen.

Unternehmen können die Ergebnisse der Risikoanalyse nutzen, um Abhilfemaßnahmen festzulegen, wobei die schwerwiegendsten Menschenrechtsverletzungen priorisiert werden sollten. Einige Unternehmen entscheiden möglicherweise, dass als letztes Mittel die Geschäftsbeziehung mit dem fehlbaren Zulieferbetrieb beendet wird, wenn eine Beseitigung oder Verbesserung der vorgefundenen Situation nicht möglich ist. Unternehmen sollten jedoch zunächst versuchen, die Situation gemeinsam mit dem Lieferanten zu verbessern, um zu verhindern, dass eine Kündigung zu einer Verschlechterung der Situation der Beschäftigten führt. Nike gehört z. B. zu den Unternehmen, die ein Programm zur Wiedergutmachung für Wanderarbeitende implementiert haben.

Hilfreiche Informationen

Hilfreiche Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Das Online-Tool bietet hilfreiche Empfehlungen zur Einrichtung von Beschwerdemechanismen sowie zum Umgang mit Beschwerden.
  • KMU Kompass, Praxishilfe zu effektivem BeschwerdemanagementUnternehmen können diesen Leitfaden nutzen, um ihre Beschwerdemechanismen gemäß der acht UNGP-Effektivitätskriterien wirksamer zu gestalten. Darüber hinaus enthält er praktische Beispiele für Beschwerdemechanismen anderer Unternehmen.
  • Deutsches Global Compact Netzwerk, Zuhören lohnt sich: Menschenrechtliches Beschwerdemanagement verstehen und umsetzen: Dieser Leitfaden enthält Umsetzungshilfen für Unternehmen zur Gestaltung wirksamer Beschwerdemechanismen, einschließlich praxisbezogener Ratschläge und Beispiele.

Hilfreiche Informationen auf Englisch

  • ILO, Combating Forced Labour: A Handbook for Employers and Business: Dieser Leitfaden enthält hilfreiche Empfehlungen zu Abhilfemaßnahmen, Wiedergutmachungsverfahren und Beschwerdemechanismen für Unternehmen (mit einem Fokus auf Wanderarbeit).
  • BSR, Migrant Worker Management Toolkit: A Global Framework: Dieses Toolkit enthält Umsetzungshilfen zur Achtung der Rechte von Wanderarbeitenden inklusive eines Abschnitt über Beschwerdeverfahren.
  • Verité, Fair Hiring Toolkit: Dieses Toolkit bietet Anleitungen und Ansätze zur Unterstützung der verantwortungsvollen Anwerbung und Einstellung von Wanderarbeitenden in globalen Lieferketten, einschließlich eines Leitfadens zum Aufbau wirksamer Beschwerdemechanismen und Einrichtungen für den Schutz von Whistleblowern.
  • Ethical Trading Initiative, Access to Remedy: Practical Guidance for Companies: Dieser Leitfaden erläutert die wichtigsten Bestandteile von Beschwerdemechanismen, die es Unternehmen ermöglichen, Abhilfe und Wiedergutmachung anbieten zu können.
  • Ergon Associates und Ethical Trading Initiative, Managing Risks Associated with Modern Slavery – A Good Practice Note for the Private Sector: Diese Informationen, die mit Unterstützung von IFC, CDC Group, EBRD und DFID zusammengestellt wurden, bieten detaillierte Anweisungen dazu, wie Unternehmen Beschwerdemaßnahmen entwickeln und Risiken der modernen Sklaverei in globalen Lieferketten beseitigen können. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf das Thema Wanderarbeit gelegt.


Praxisbeispiele

Weiterführende Informationen & Hilfsmittel

Weiterführende Informationen auf Deutsch

  • KMU Kompass, Sorgfalts-Kompass: Dieses Online-Tool unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt indem es schrittweise durch die fünf zentralen Phasen des Sorgfaltsprozesses führt.
  • KMU Kompass, Standards-Kompass: Dieses Online-Tool bietet eine Orientierung, worauf bei der Auswahl von Nachhaltigkeitsstandards oder bei der Teilnahme an Multi-Stakeholder-Initiativen zu achten ist. Es ermöglicht den Vergleich von Standards und Initiativen in Hinblick auf ihren Beitrag zu menschenrechtlichen Sorgfaltsprozessen und mögliche Grenzen.
  • KMU Kompass, Downloads: Auf der Website des KMU-Kompasses stehen praktische Leitfäden und Checklisten als Downloads zur Verfügung. Diese helfen dabei menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse zu verankern, das Lieferkettenmanagement zu verbessern und Beschwerdemechanismen effektiver zu gestalten.

Weiterführende Informationen auf Englisch

  • ILO, The Multilateral Framework on Labour Migration: Die Prinzipien und Leitlinien für einen Menschenrechtsansatz im Bereich Arbeitsmigration sollen Regierungen, Sozialpartner:innen und Interessengruppen bei ihren Bemühungen zur Regulierung der Arbeitsmigration und zum Schutz von Wanderarbeitenden unterstützen.
  • ILO, Fair Migration Agenda: Die ILO-Kampagne zur Gewährleistung fairer Arbeitsbedingungen für Migrant:innen bietet eine Reihe von Informationen, Umsetzungshilfen und Publikationen.
  • ILO, Global Study on Recruitment Fees and Related Costs: Diese globale Studie untersucht die Gesetze und Richtlinien von 90 Ländern sowie zahlreiche bilaterale Arbeitsabkommen und Multi-Stakeholder-Initiativen zur Regulierung oder zum Verbot von Einstellungsgebühren und Kosten für Beschäftigte.
  • ILO, General Principles and Operational Guidelines for Fair Recruitment and Definition of Recruitment Fees and Related Costs: Dieser Leitfaden enthält allgemeine Prinzipien und Richtlinien der ILO für faire Einstellungspraktiken sowie eine Definition von Vermittlungsgebühren und ähnlichen Kosten.
  • ILO, How to Facilitate the Recognition of Skills of Migrant Workers: Dieser Leitfaden für Unternehmen und Vermittlungsagenturen enthält Informationen darüber, wie die Bedürfnisse und Kompetenzen von Wanderarbeitenden ermittelt werden können und wie diese am Arbeitsplatz, insbesondere bei der Einstellung, berücksichtigt werden können.
  • ILO-IOM, Promoting Fair and Ethical Recruitment in a Digital World: Lessons and Policy Options: Dieser gemeinsame Bericht von ILO und IOM zeigt vier Beispiele für bereits vorhandene, staatlich geförderte digitale Technologieplattformen, die die Einstellung, Vermittlung und/oder das Job-Matching von Wanderarbeitenden unterstützen.
  • ILO, For Women, by Women: Guidance and Activities for Building Women Migrant Workers‘ Networks: Dieser Leitfaden beschreibt, wie Gruppen von Wanderarbeiterinnen gefördert und unterstützt werden können.
  • OHCHR and CMW, General Comments No. 1 – 5: Die allgemeinen Kommentare des CMW vermitteln einen Überblick über die Menschenrechtsverletzungen, mit denen Wanderarbeitende konfrontiert sind, und enthalten detaillierte Expertenmeinungen zu spezifischen Themen und den rechtlichen Verpflichtungen der Staaten, die Vertragsparteien der Instrumente sind. In der Allgemeinen Bemerkung Nr. 5 werden speziell die Rechte von Wanderarbeitenden auf Freiheit und Schutz vor willkürlicher Festnahme sowie die Verbindung zu anderen Menschenrechten erläutert, wobei der Schwerpunkt auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie liegt.
  • IOM, Ending Child Labour, Forced Labour and Human Trafficking in Global Supply Chains: Dieser Leitfaden hebt die Herausforderungen hervor, mit denen Wanderarbeitende konfrontiert sind, und zeigt auf, wie Unternehmen mit Regierungen zusammenarbeiten können, um Missbrauch in Zusammenhang mit Wanderarbeit zu verhindern.
  • OHCHR, ‘We wanted workers, but human beings came’: Human rights and temporary labour migration programmes: Dieser Bericht befasst sich mit den Folgen befristeter Arbeitsmigrationsprogramme für Wanderarbeitende und ihre Familien und gibt Empfehlungen für die Gestaltung und Umsetzung von Arbeitsmigration, die eine menschenrechtsbasierte Alternative zu befristeten Arbeitsmigrationsprogrammen bietet.
  • Fair Labour Association, Triple Discrimination: Woman, Pregnant and Migrant, Preventing Pregnancy Discrimination among Temporary Migrant Workers, Lessons for Malaysia, Taiwan and Thailand: Dieser Leitfaden unterstützt Unternehmen bei der Vermeidung der Diskriminierung von Wanderarbeiterinnen in den Lieferketten.
  • ILO Helpdesk for Business, Country Information Hub: Diese Seite enthält eine Sammlung an Links zu länderspezifischen Informationen, die Unternehmen im Rahmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsprozesse nutzen können.