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Definition und rechtliche Instrumente

Definition

Laut ILO bezeichnet Vereinigungsfreiheit das Recht von Beschäftigten und Arbeitgeber:innen, ungebunden und freiwillig Organisationen ihrer eigenen Wahl zu gründen und ihnen beizutreten. Vereinigungsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht, das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) steht und von großer Bedeutung ist, denn:

  • Es ist das Recht, das eine wirksame Beteiligung nichtstaatlicher Akteure an der Wirtschafts- und Sozialpolitik ermöglicht, die für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit von zentraler Bedeutung ist. Die Wahrung der Mitsprache und Vertretung von Beschäftigten und Arbeitgeber:innen ist daher nicht nur für das wirksame Funktionieren der Arbeitsmärkte, sondern auch generell für die staatlichen Strukturen eines Landes von wesentlicher Bedeutung.
  • Das Recht von Beschäftigten und Arbeitgeber:innen, Organisationen ihrer Wahl zu bilden und ihnen beizutreten, ist ein wesentlicher Bestandteil einer freien und offenen Gesellschaft. In vielen Ländern tragen diese Organisationen wesentlich zur Entwicklung der Demokratie bei.

Beschäftigte gründen Gewerkschaften, um Kollektivverhandlungen führen zu können. Die ILO definiert Kollektivverhandlungen als einen freiwilligen Prozess, bei dem Arbeitgeber:innen und Beschäftigte ihre Beziehungen, insbesondere die Arbeitsbedingungen, diskutieren und aushandeln. Daran beteiligt sind Arbeitgeber:innen selbst oder ihre Organisationen sowie Gewerkschaften oder, falls diese nicht anwesend sind, von den Beschäftigten frei benannte Vertreter:innen.

  • Die ILO betont, dass mittels Kollektivverhandlungen beide Seiten ein faires Arbeitsverhältnis aushandeln und kostspielige Arbeitsstreitigkeiten vermeiden können. Typische Verhandlungsthemen sind Arbeitslöhne, Arbeitszeiten, Ausbildung, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie Gleichbehandlung.
  • Laut ILO gibt es in Ländern mit gut koordinierten Kollektivverhandlungen tendenziell weniger Lohnungleichheit, geringere und weniger anhaltende Arbeitslosigkeit sowie weniger und kürzere Streiks als in Ländern, in denen diese Verhandlungen weniger etabliert sind.

Rechtliche Instrumente

Es gibt viele internationale Instrumente, die das Recht auf Vereinigungsfreiheit garantieren und Staaten dazu verpflichten, diese Rechte zu schützen und zu achten. Das Recht auf Vereinigungsfreiheit ist eines der fünf grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (ILO-Kernarbeitsnormen), die ILO-Mitgliedsstaaten unterstützen müssen unabhängig davon, ob sie die folgenden Übereinkommen ratifiziert haben.

  • Die Vereinigungsfreiheit wird in der Erklärung der ILO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit als ein grundlegendes Recht am Arbeitsplatz angesehen.
  • Die Vereinigungsfreiheit ist als ein Menschenrecht in der 1948 unterzeichneten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) Artikel 23 Absatz 4 der AEMR bekräftigt das Recht, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten.
  • Darüber hinaus wird die Vereinigungsfreiheit in Artikel 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt, IPbpR) und in Artikel 8 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt, IPwskR) von 1966 bekräftigt. Beide Bestimmungen besagen, dass die Vereinigungsfreiheit – als ein Menschenrecht – das Recht einschließt, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten, um die eigenen Interessen zu schützen. Einschränkungen des Rechts auf Vereinigungsfreiheit unterliegen strengen Bedingungen: Jede Einschränkung muss gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein.
  • Darüber hinaus widmet die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen Wanderarbeitenden besondere Aufmerksamkeit: Wanderarbeitende und ihre Familienangehörigen haben ausdrücklich das Recht, jeder Gewerkschaft oder Vereinigung beizutreten.

ILO-Übereinkommen

Die ILO hat zwei spezifische Übereinkommen zur Vereinigungsfreiheit verabschiedet. Es handelt sich dabei um rechtsverbindliche Instrumente, die von den meisten Ländern ratifiziert sind und als Orientierungshilfe für nationale Gesetze verwendet werden. Sie gehören zu den acht „Kernarbeitsnormen“, die sich mit grundlegenden Rechten und Prinzipien bei der Arbeit befassen. In diesen beiden Übereinkommen wird das Recht von Beschäftigten und Arbeitgeber:innen beschrieben, Organisationen ihrer Wahl zu bilden und ihnen beizutreten und ihre Tätigkeit frei sowie ohne Einschränkung oder Einmischung auszuüben.

Diese Übereinkommen wurden von den meisten ILO-Mitgliedstaaten ratifiziert. Dies bedeutet, dass in den meisten Ländern einschlägige nationale Gesetze zur Umsetzung der Bestimmungen dieser internationalen Rechtsinstrumente vorhanden sein sollten. Damit ist jedoch keineswegs garantiert, dass die Gewährleistung oder der Vollzug des Rechtsschutzes in allen Ländern gleich wirksam sind. Bei der Wahrnehmung unternehmerischer Sorgfalt ist es wichtig, den Ratifizierungsstatus bestimmter Länder als Indikator für einen möglicherweise eingeschränkten staatlichen Schutz der Vereinigungsfreiheit zu prüfen. Alle einschlägigen Arbeitsnormen zur Vereinigungsfreiheit sind hier zu finden.

Vereinigungsfreiheit ist eines der 10 Prinzipien des UN Global Compact: „Prinzip 3: Unternehmen sollen die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Kollektivverhandlungen wahren“. Die vier arbeitsrechtlichen Prinzipien des UN Global Compact beruhen auf der Erklärung der ILO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit.

Diese grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit wurden in Form von spezifischen Rechten und Pflichten in internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen bekräftigt und betreffen Themen im Zusammenhang mit Kinderarbeit, Diskriminierung am Arbeitsplatz, Zwangsarbeit sowie Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen.

ILO-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Vereinigungsfreiheit zu wahren, auch wenn sie die betreffenden Übereinkommen nicht ratifiziert haben.

Nationale und regionale Rechtsvorschriften

Unternehmen sind zunehmend zur Einrichtung von Sorgfaltsprozessen und der Angabe nichtfinanzieller Informationen verpflichtet. In einigen Ländern schreiben Gesetze eine menschenrechtsbezogene Berichterstattung, Sorgfaltsprozesse und andere rechtliche Pflichten vor, darunter der United Kingdom Modern Slavery Act 2015, der Australian Modern Slavery Act 2018, der California Transparency in Supply Chains Act, das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Frankreich, das Norwegische Transparenzgesetz (2022) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

2021 wurde im niederländischen Parlament außerdem ein Gesetzesentwurf über verantwortungsvolle und nachhaltige internationale Unternehmensführung eingebracht. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission 2021 eine Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (engl.: Corporate Sustainability Due Diligence Directive  – CSDDD) angekündigt, die voraussichtlich zwischen 2025 und 2027 in Kraft treten wird und menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprozesse für große Unternehmen vorschreibt.

Einige dieser Gesetze verlangen von Unternehmen, dass sie Sorgfaltsprozesse zur Ermittlung potenzieller und tatsächlicher nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte, einschließlich einer Einschränkung der Vereinigungsfreiheit, einrichten, die negativen Auswirkungen adressieren und öffentlich über ihre Bemühungen berichten. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen könnte für Unternehmen ein rechtliches Risiko bedeuten.

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