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Definition und rechtliche Instrumente

Definition

Laut ILO-Übereinkommen Nr. 97 über Wanderarbeiter (Neufassung), 1949, gilt eine Person als „Wanderarbeiter“, „die aus einem Land in ein anderes Land auswandert, um sich dort anders als für eigene Rechnung zu betätigen“. Die Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihren Familienangehörigen (Wanderarbeiterkonvention) enthält eine ähnliche Definition. Wanderarbeit ist die Arbeit, die von jemandem verrichtet wird, der oder die als Migrant oder Migrantin gilt.

Rechtliche Instrumente

ILO- und UN-Übereinkommen

In zwei wichtigen ILO-Übereinkommen werden die Rechte von Wanderarbeitenden umfassend definiert und die Prinzipien der Gleichbehandlung, Chancengleichheit und Nichtdiskriminierung vertreten:

  • ILO-Übereinkommen Nr. 97 über Wanderarbeiter (Neufassung) (1949): Das Übereinkommen legt fest, wie die ratifizierenden Staaten Wanderarbeitende behandeln müssen und wie sie durch Gesetze für Chancengleichheit sorgen. Es enthält Bestimmungen zur Erleichterung der internationalen Arbeitsmigration durch die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines kostenlosen Hilfs- und Informationsdienstes sowie Maßnahmen gegen irreführende Propaganda im Zusammenhang mit Aus- und Einwanderung; Bestimmungen über angemessene medizinische Versorgungsleistungen für Wanderarbeitende und den Transfer von Einkommen und Ersparnissen sowie die Anforderung, dass Staaten diese Menschen genauso behandeln müssen, wie ihre eigenen Staatsangehörigen in Bezug auf eine Reihe von Angelegenheiten, einschließlich Arbeitsbedingungen, Versammlungsfreiheit und soziale Absicherung.
  • ILO-Übereinkommen Nr. 143 über Wanderarbeiter (ergänzende Bestimmungen) (1975): Das Übereinkommen befasst sich damit, wie missbräuchliche Bedingungen bei der Migration verhindert und der Schutz der Rechte von Wanderarbeitenden gewährleistet werden können. Darin werden Maßnahmen zur Bekämpfung der informellen und illegalen Migration festgelegt, während gleichzeitig die allgemeine Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte aller Wanderarbeitenden festgeschrieben wird. Zudem enthält das Übereinkommen Bestimmungen über die kulturellen Rechte und die individuellen und kollektiven Freiheiten von Wanderarbeitenden sowie das Recht auf Familienzusammenführung der Familien von Wanderarbeitenden, die sich legal in ihrem Land aufhalten.

Die Wanderarbeiterkonvention baut auf den ILO-Übereinkommen auf und ergänzt diese. Sie gilt für alle Bereiche des Lebens von Wanderarbeitenden und ihren Familienangehörigen, einschließlich der Situation von Frauen und Kindern. Die Wanderarbeiterkonvetion formuliert das Prinzip der Gleichbehandlung von Wanderarbeitenden und einheimischen Beschäftigten hinsichtlich der Entlohnung und anderer Arbeitsbedingungen, und fordert Gleichbehandlung für Wanderarbeitende und ihre Familienangehörigen beim Zugang zu Wohnraum, Sozial- und Gesundheitsleistungen und Bildungseinrichtungen.

Zugang zu medizinischer Versorgung für Wanderarbeitende

Artikel 43 (1)(e) der Wanderarbeiterkonvention geht über das Recht auf dringende medizinische Versorgung für Wanderarbeitende mit geregelter Aufenthaltsgenehmigung hinaus. Der Ausschuss für Wanderarbeitende (engl.: Committee on Migrant WorkersCMW) hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 2 (2013) angemerkt, dass Artikel 12 des Sozialpakt das Recht auf den bestmöglichen Gesundheitsstandard für alle Menschen vorsieht. Die Vertragsstaaten sind daher verpflichtet, dafür zu sorgen, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Migrationsstatus tatsächlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu einem Mindestmaß an gesundheitlicher Versorgung haben.

Mit Verweis auf Artikel 12 legt der CMW Artikel 28 des Sozialpakts breiter aus: „Artikel 28 des Übereinkommens sieht vor, dass Wanderarbeiter […] das Recht haben, jede ärztliche Versorgung, die für die Erhaltung ihres Lebens oder die Vermeidung einer nicht wiedergutzumachenden Schädigung ihrer Gesundheit dringend erforderlich ist, auf der Grundlage der Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des betreffenden Staates zu erhalten. In Verbindung mit anderen internationalen Menschenrechtsinstrumenten kann Artikel 28 jedoch für Staaten, die Vertragsparteien beider Instrumente sind, umfassendere Verpflichtungen schaffen.“

Nur etwas mehr als 50 Länder haben das ILO-Übereinkommen Nr. 97 ratifiziert, und knapp 30 Länder haben das ILO-Übereinkommen Nr. 143 ratifiziert. Auch die Wanderarbeiterkonvetion wurde nur von einer kleinen Anzahl von Ländern ratifiziert. Die Einführung und Durchsetzung nationaler Gesetze – und damit auch das Vorkommen von Verstößen gegen die Rechte von Wanderarbeitenden – kann von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen, selbst wenn alle Konventionen in Bezug auf Wanderarbeitende ratifiziert worden sind.

Andere rechtliche Instrumente

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (engl. UN Guiding Principles on Business and Human Rights – UNGPs oder UN-Leitprinzipien) setzen den globalen Standard hinsichtlich der Verantwortung von Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Geschäftsbeziehungen. Von Staaten fordern die UN-Leitprinzipien, einen „smart mix“ aus nationalen und internationalen, verpflichtenden und freiwilligen Maßnahmen zu erwägen, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen zu fördern. Die UN-Leitprinzipien sind rechtlich nicht verbindlich, bilden aber die Grundlage vieler Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfalt und sollten von Unternehmen im eigenen Geschäftsbereich sowie ihren Lieferketten beachtet werden.

Nationale und regionale Rechtsvorschriften

Regionale rechtliche Instrumente für Wanderarbeitende wie die Europäische Sozialcharta und das Europäische Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer schützen die sozialen Rechte von Wanderarbeitenden. Die Europäische Sozialcharta ist ein Vertrag des Europarats, der soziale und wirtschaftliche Grundrechte garantiert, mit Schwerpunkt auf dem Schutz von gefährdeten Personen, einschließlich Migrant:innen, deren soziale und wirtschaftliche Rechte ohne Diskriminierung gewährleistet werden müssen. Das Europäische Übereinkommen über die Rechtsstellung der Wanderarbeitnehmer klärt die wichtigsten Aspekte der rechtlichen Situation von Wanderarbeitenden, insbesondere in Bezug auf Anwerbung, Einstellung, Arbeitserlaubnis, Arbeitsbedingungen und Entlassung.

Unternehmen sind zunehmend zur Einrichtung von Sorgfaltsprozessen und der Angabe nichtfinanzieller Informationen verpflichtet. In einigen Ländern schreiben Gesetze eine menschenrechtsbezogene Berichterstattung, Sorgfaltsprozesse und andere rechtliche Pflichten vor, darunter der United Kingdom Modern Slavery Act 2015, der Australian Modern Slavery Act 2018, der California Transparency in Supply Chains Act, das Gesetz über unternehmerische Sorgfaltspflichten in Frankreich, das Norwegische Transparenzgesetz (2022) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

2021 wurde im niederländischen Parlament außerdem ein Gesetzesentwurf über verantwortungsvolle und nachhaltige internationale Unternehmensführung eingebracht. Darüber hinaus hat die Europäische Kommission 2021 eine Richtlinie zu Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen (engl.: Corporate Sustainability Due Diligence Directive  – CSDDD) angekündigt, die voraussichtlich zwischen 2025 und 2027 in Kraft treten wird und menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprozesse für große Unternehmen vorschreibt.

Einige dieser Gesetze verlangen von Unternehmen, dass sie Sorgfaltsprozesse zur Ermittlung potenzieller und tatsächlicher nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte, einschließlich Missbrauch von Wanderarbeitenden, einrichten, die negativen Auswirkungen adressieren und öffentlich über ihre Bemühungen berichten. Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen könnte für Unternehmen ein rechtliches Risiko bedeuten.

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